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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gestaltlosen, stofflosen und unbestimmten Schrecken des Jenseits;
     Menschen, die nicht zögern würden, eine Lüge als Wahrheit zu beeiden.
Wenn ich’s recht bedenke, würde auch ich es tun,
dachte Gerold,
falls der Preis hoch genug ist.
Wenn es zum Beispiel darum ginge, die Menschen zu schützen, die er liebte, würde Gerold auf eine ganze Wagenladung Reliquien
     schwören, daß eine Lüge der Wahrheit entsprach.
    Johanna.
Wieder entstand ihr Bild vor seinem geistigen Auge, und er mußte alle Willenskraft aufbieten, um es zu verdrängen. Wenn die
     Arbeit dieses Tages getan war, hatte er genug Zeit für private Gedanken.
    »Edler Herr«, sagte Frambert Gerold leise ins Ohr, »ich kann mich für Hunald verbürgen. Er ist ein braver Mann, ein großzügiger
     Mann, und die Klage, die gegen ihn erhoben wird, ist falsch.«
    Unter der Tischplatte, wo niemand in der Menge es sehen konnte, befingerte Frambert einen prächtigen Ring: ein wunderschöner
     Amethyst, in Silber gefaßt. Frambert drehte den Ring so auffällig unauffällig um den Mittelfinger, daß Gerold ihn im Sonnenlicht
     funkeln sah.
    »O ja, er ist ein
sehr
großzügiger Mann.« Frambert streifte den Ring vom Finger. »Hunald hat mich gebeten, Euch auszurichten, daß dieser Ring Euch
     gehört. Als kleine Geste der |222| Dankbarkeit für Eure Unterstützung.« Ein kaum merkliches, zögerndes Lächeln umspielte Framberts Mundwinkel.
    Gerold nahm den Ring. Es war eine herrliche Arbeit – die schönste, die er je gesehen hatte. Er betastete den Stein, die glatte
     Oberfläche des Silbers; er staunte über das Gewicht und bewunderte die Kunstfertigkeit des Goldschmieds. »Danke, Frambert«,
     sagte er mit Nachdruck. »Das wird mir die Urteilsfindung erleichtern.«
    Aus Framberts Lächeln wurde ein breites, verschwörerisches Grinsen.
    Gerold wandte sich an Hunald. »Ihr wollt Euch dem Urteil Gottes unterwerfen?«
    »O ja, Herr«, erwiderte Hunald voller Zuversicht; denn er hatte den Austausch des Ringes zwischen Frambert und Gerold beobachtet.
     Der Knecht mit den Reliquienkästchen trat vor, doch Gerold winkte ihn zurück und erklärte:
    »Dann werden wir Gottes Urteil durch das
judicium aquae ferventis
ermitteln.«
    Hunald und Abo blickten fragend drein; wie alle anderen im Versammlungssaal waren auch sie der lateinischen Sprache nicht
     mächtig.
    »Kesselfang«, übersetzte Gerold.
    »Kesselfang?« Hunald erbleichte. Daran hätte er im Traum nicht gedacht. Eine Leidensprobe durch kochendes Wasser war eine
     wohlbekannte Methode zur Wahrheitsfindung; doch in diesem Teil des Kaiserreiches war sie seit Jahren nicht mehr angewendet
     worden.
    »Bringt den Topf«, befahl Gerold.
    Für einen Augenblick herrschte verdutztes Schweigen; dann erhob sich chaotisches Stimmengewirr im Versammlungssaal, und hektische
     Aktivität brach aus. Mehrere
scabini
stürmten nach draußen, um in den Häusern in der Nähe nach Töpfen zu suchen, in denen dann Wasser aufgekocht wurde. Einige
     Minuten darauf kamen die Männer mit einem großen, gußeisernen Kessel zurück, der ungefähr hüfthoch war und in dem sich bereits
     brühheißes Wasser befand. Der Kessel wurde auf den Herd in der Mitte des Versammlungssaales gestellt; das Feuer hatte man
     bereits entfacht, und das Wasser sprudelte und dampfte.
    Gerold nickte zufrieden. Angesichts Hunalds Talent zur Bestechung, hätte es allerdings auch ein kleinerer Topf getan.
    Hunald machte ein düsteres Gesicht. »Ich protestiere, Graf |223| Gerold!« Zorn und Angst hatten ihn offenbar gleichgültig gemacht, was Frömmigkeit betraf; denn er fügte hinzu: »Was ist mit
     dem Ring, verdammt noch mal?«
    »Genau daran habe ich gedacht, Hunald.« Gerold hielt den Ring in die Höhe, daß alle ihn sehen konnten; dann warf er ihn in
     den großen Kessel. »Auf Vorschlag des Beklagten soll dieser Ring das Instrument sein, das uns Gottes Urteilsspruch kundtut.«
    Hunald schluckte schwer. Der Ring war klein und glatt; es würde höllisch schwer sein, ihn schnell genug aus dem kochenden
     Wasser zu nehmen, ohne sich schlimme Verbrühungen zuzuziehen. Doch Hunald konnte dieser Wahrheitsprobe nun nicht mehr entgehen,
     ohne seine Schuld zu gestehen und Abo seine Kühe zurückzugeben – und die waren mehr als siebzig
solidi
wert.
    Hunald verfluchte den fremden Markgrafen, der auf so unerklärliche Weise immun gegen den Austausch kleiner Gefälligkeiten
     war, was Hunalds bisherige Erfahrungen mit den kaiserlichen
missi
vollkommen über den

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