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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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heidnischen Sockel erschien Johanna wie ein vollkommenes
     Abbild ihrer selbst: Obwohl christlicher Priester, träumte sie noch immer von den heidnischen Göttern ihrer Mutter; in den
     Augen der Welt ein Mann, mußte sie ihr Frausein und ihre weiblichen Gefühle vor eben dieser Welt verbergen; auf der Suche
     nach dem wahren Glauben, wurde sie hin und her gerissen zwischen dem Verlangen, Gott zu schauen und der Angst, er könne nicht
     existieren.
    Herz und Verstand, Glaube und Zweifel, Wille und Verlangen: Würden diese schmerzlichen Widersprüche ihrer Natur sich niemals
     miteinander vereinen lassen?
    Sie liebte Gerold. Aber könnte sie ihm jemals eine Frau sein? Könnte sie so spät im Leben noch damit beginnen, als Frau zu
     leben, wo sie es nie getan hatte?
    »Hilf mir, Herr«, betete Johanna und hob den Blick zu dem silbernen Kruzifix über dem Altar. »Zeig mir den rechten Weg. Sag
     mir, was ich tun soll. Heb mich empor in dein helles Licht.«
    |482| Doch sie empfand nur Unsicherheit, Unschlüssigkeit, Ratlosigkeit …
    Hinter ihr öffnete sich knarrend eine Tür. Von ihrem Platz vor dem Altar schaute Johanna über die Schulter. Sie sah, wie jemand
     den Kopf in die Eingangstür steckte und ihn dann hastig wieder zurückzog.
    »Er ist dort drinnen!« rief eine Stimme. »Ich habe ihn gefunden!«
    Vor Angst schlug Johanna das Herz bis zum Hals. War es möglich, daß Anastasius so schnell zum Schlag gegen sie ausgeholt hatte?
     Johanna erhob sich.
    Die Türen schwangen auf, und sieben
proceres
kamen feierlich in die Kirche; Akoluthen trugen die Banner mit den Insignien ihrer Ämter. Ihnen folgten Bischöfe und Kardinäle,
     dann die sieben
optimates
der Stadt. Doch erst als Johanna Gerold sah, wußte sie, daß man sie nicht festnehmen würde.
    In langsamer, würdevoller Prozession kam die Abordnung den Mittelgang hinunter und blieb vor Johanna stehen.
    »Johannes Anglicus«, sprach Paschal, der
primicerius,
sie in förmlichem Tonfall an. »Durch den Willen des allmächtigen Gottes und des römischen Volkes seid Ihr zum neuen Papst
     und Bischof von Rom erwählt.«
    Dann warf er sich vor ihr auf den Boden und küßte ihr die Füße.
    Johanna blickte fassungslos auf ihn hinunter. War das eine Art unbedachter Scherz? Oder eine Falle, um sie dazu zu verleiten,
     ihrer Illoyalität gegenüber dem neuen Papst Ausdruck zu verleihen? Sie schaute Gerold an. Sein Gesicht war angespannt und
     von tiefem Ernst erfüllt, als er sich vor ihr auf die Knie fallen ließ.
     
    Der Ausgang der Wahl überraschte ganz Rom. Die kaiserliche Partei, die von Arsenius geführt wurde, hatte sich standhaft für
     Anastasius eingesetzt. Die päpstliche Partei hatte darauf reagiert, indem sie Hadrian als Kandidaten aufstellte, Priester
     an der Kirche Sankt Calixtus. Doch Hadrian gehörte nicht zu jenen Kirchenmännern, die über Charisma verfügten. Sein Gesicht
     war von Pockennarben verunstaltet, und er war klein und dick, mit hängenden Schultern, so, als würde das Gewicht der Verantwortungen,
     die man ihm auferlegt hatte, zu schwer darauf lasten. Zwar war Hadrian ein frommer Mann |483| und ein guter Priester, doch nur wenige hätten ihn zum geistlichen Führer der ganzen Welt gewählt.
    Offenbar stimmte Hadrian mit der öffentlichen Meinung überein, denn er zog unerwartet seine Kandidatur zurück und erklärte
     seinen Befürwortern, er habe nach vielen Gebeten und eingehender Gewissensprüfung beschlossen, die große Ehre zurückzuweisen,
     die sie ihm auferlegen wollten.
    Diese Erklärung erregte unter den Mitgliedern der päpstlichen Partei, die über Hadrians Entschluß im voraus nicht in Kenntnis
     gesetzt worden waren, einen ziemlichen Aufruhr. Von den Anhängern des Kaisers dagegen wurde Hadrians Schritt mit Jubel aufgenommen.
     Jetzt schien Anastasius’ Sieg nichts mehr im Wege zu stehen.
    Dann aber erhob sich Lärm in den hinteren Reihen der Versammlung, dort, wo die niederen Ränge der Laien standen. »Johannes
     Anglicus!« riefen sie. »Johannes Anglicus!« Paschal, der
primicerius,
hatte Gardisten losgeschickt, um die Rufer zum Schweigen zu bringen, doch es erwies sich als unmöglich. Die Leute kannten
     ihre Rechte und wußten, daß die Verfassung aus dem Jahre 824 allen Römern, ob Laie oder Kleriker, ob hohen oder niederen Ranges,
     bei einer Papstwahl das Stimmrecht gewährte.
    Arsenius versuchte, dieses unerwartete Problem dadurch zu lösen, daß er den maßgeblichen Leuten offen das Angebot machte,
     ihre

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