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Die Päpstin

Titel: Die Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Handgriff aus Holz. Johanna inspizierte die Türangeln.
     Es waren vollkommen normale Angeln aus Eisen. Es war zum Haareraufen! Ihr wollte beim besten Willen keine Erklärung einfallen,
     weshalb die Tür sich bewegt hatte.
    Nun war die Tür wieder fest verschlossen. Es war ein Rätsel.
    »Nun?« Gerolds tiefblaue Augen strahlten vor Erheiterung.
    Johanna zögerte. Sie wollte das Spiel Gerolds wegen nicht beenden. Doch was sollte sie anderes tun?
    Gerade als sie ihre Niederlage eingestehen wollte, hörte sie einen leisen, beständigen, andauernden Laut, der von irgendwo
     über ihr kam. Zuerst konnte sie das Geräusch nicht einordnen; es war zwar vertraut, aber seltsam fehl am Platze.
    Dann erkannte sie es. Wasser. Es war das Geräusch von tröpfelndem Wasser.
    »Die hydraulische Vorrichtung!« stieß Johanna aufgeregt hervor. »Die auf der alten Handschrift vom Jahrmarkt in Saint Denis!
     Du hast diese Apparatur nachgebaut!«
    Gerold lachte. »Ich habe sie umgebaut, genauer gesagt. Denn die Vorrichtung sollte zum Pumpen von Wasser dienen, nicht dazu,
     Türen zu öffnen und zu schließen.«
    »Wie funktioniert sie?«
    Gerold zeigte ihr den Mechanismus, der sich gleich unter dem verfallenen Dach des Hauses befand, gut zehn Fuß von der Tür
     entfernt. Deshalb war die Vorrichtung nicht zu sehen gewesen. Dann demonstrierte er Johanna das komplizierte System aus Hebeln
     und Rollen, Flaschenzügen und Gegengewichten, das an der Innenseite der Tür an zwei eisernen Stangen befestigt war – auf eine
     so geschickte Art und Weise, daß es kaum zu sehen war. Gerold hatte die Vorrichtung in Betrieb gesetzt, als er um die Hütte
     herumgegangen war und dabei an einem Seil gezogen hatte.
    »Erstaunlich!« sagte Johanna, nachdem Gerold es ihr erklärt hatte. »Zeig es mir bitte noch mal.« Nun, da sie verstand, wie
     die Vorrichtung funktionierte, wollte Johanna sie noch einmal in Betrieb sehen.
    |183| »Das geht nicht«, sagte Gerold. »Da müßte ich zuvor neues Wasser herbeischaffen.«
    »Dann laß es uns holen«, erwiderte Johanna. »Wo stehen die Eimer?«
    Gerold lachte. »Du bist unverbesserlich!« Er zog sie an sich und umarmte sie liebevoll. Seine Brust war fest und breit, seine
     Arme stark. Johanna hatte das Gefühl, ihr Innerstes würde vor Wonne zerfließen.
    Abrupt ließ er sie los. »Also gut, dann komm«, sagte er heiser. »Die Eimer stehen da drüben.«
    Sie gingen mit den leeren Eimern zu einem kleinen Fluß, der eine Viertelmeile entfernt war, füllten sie, schleppten sie zurück
     zur Hütte und leerten sie in einen Behälter; dann gingen sie wieder zum Fluß, um noch mehr Wasser zu holen. Dreimal unternahmen
     sie diesen Fußmarsch. Beim drittenmal war beiden ein bißchen schwindelig. Die Sonne schien warm; die Luft war voller Frühlingsversprechen,
     und die beiden waren wie verzaubert – voller gespannter Erwartung, was ihr Vorhaben betraf und voller Glück, in Gesellschaft
     des anderen zu sein.
    »Gerold!« rief Johanna, die bis zu den Knien im kalten Wasser des Flusses stand. »Sieh doch!« Als er sich zu ihr umdrehte,
     schwang sie übermütig den Eimer, bespritzte Gerold und durchnäßte die Vorderseite seiner Tunika.
    »Du kleine Hexe!« rief er grollend.
    Er füllte seinen Eimer randvoll und übergoß Johanna, was sie ihm prompt heimzahlte und er wiederum ihr. So standen sie eine
     Zeitlang im Fluß, umgeben von funkelnder Gischt und benommen von Glück und Übermut. Dann wurde Johanna von einem Schwall Wasser
     aus Gerolds Eimer getroffen, als sie sich gerade niederbeugte, um den ihren zu füllen. Aus dem Gleichgewicht gebracht, rutschte
     sie aus und stürzte. Das kalte Wasser des Flusses schlug über ihr zusammen, umströmte sie, und für einen winzigen Augenblick
     wurde sie von Entsetzen gepackt; denn sie konnte auf dem schlüpfrigen, steinigen Flußbett mit den Füßen keinen Halt finden.
    Dann spürte sie Gerolds Arme um ihren Körper, spürte, wie sie hochgehoben und auf die Füße gestellt wurde.
    »Ich habe dich, Johanna. Ich habe dich schon.« Seine Stimme, ganz dicht an ihrem Ohr, war sanft und beruhigend. Johanna spürte,
     wie ihr ganzer Körper im Takt und Tonfall dieser |184| Stimme mitschwang. Sie umarmte Gerold ganz fest. Die nasse Kleidung der beiden klebte aneinander und verschmolz ihre Leiber
     in scheinbar eindeutiger Intimität.
    »Ich liebe dich«, sagte sie schlicht. »Ich liebe dich.«
    »Oh, mein wunderbares, liebstes Mädchen«, murmelte Gerold, und dann lagen seine

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