Die Päpstin
geeinigt, was die Mitgift angeht. Der Junge ist jetzt bereit, die Wünsche des Vaters zu erfüllen. Allerdings ist er noch sehr
jung und wankelmütig, so daß die Möglichkeit besteht, daß er seine Meinung ändert. Insofern wäre eine möglichst baldige Hochzeit
anzuraten.«
»Trotzdem …«
»Ich möchte Euch daran erinnern, Eminenz, daß ich die Herrin von Villaris bin und daß dieses Mädchen in meine Obhut gegeben
wurde. Ich bin durchaus imstande, diese Entscheidung auch während der Abwesenheit meines Gatten zu fällen. Um freiheraus zu
sprechen – Gerolds … Zuneigung zu Johanna trübt sein Urteilsvermögen, sobald es um dieses Mädchen geht.«
»Ich verstehe«, murmelte Fulgentius – und diesmal verstand er wirklich nur zu gut.
Rasch sagte Richild: »Mein Anliegen gründet sich ausschließlich auf finanziellen Erwägungen, damit Ihr mich recht versteht!
Gerold hat ein kleines Vermögen ausgegeben, um Bücher für das Mädchen zu erwerben – eine unnütze Ausgabe, ja, eine Verschwendung.
Denn das Mädchen hat ja keine Aussichten, eine Gelehrte zu werden. Aber irgend jemand muß sich um ihre Zukunft kümmern, und
das habe ich getan. Ihr seid doch auch der Meinung, daß ich eine gute Partie für sie gefunden habe, nicht wahr?«
»Ja«, gab Fulgentius zu.
»Gut. Dann seid Ihr also bereit, das Mädchen von der Domschule zu entlassen?«
|189| »Ich bitte um Vergebung, edle Richild, aber diese Entscheidung muß ich bis zur Rückkehr des Herrn Markgrafen aufschieben.
Doch ich versichere Euch, daß ich die Angelegenheit gründlich mit Eurem Gemahl besprechen werde. Wie auch mit dem Mädchen.
Obwohl Ihr eine gute Partie für Johanna gefunden habt, wie Ihr es ausdrückt, mißfällt mir der Gedanke, daß sie diese Ehe möglicherweise
gegen ihren Willen eingeht. Doch falls die geplante Ehe sich für alle Beteiligten als günstig erweist, werden wir rasch handeln,
sobald Euer Gemahl zurück ist.«
Richild setzte zu einer Erwiderung an, doch Fulgentius kam ihr zuvor. »Ich weiß, daß Ihr der Meinung seid, die Ehe sollte
schnellstmöglich vereinbart, wenn nicht gar geschlossen werden. Aber vergebt mir, edle Richild, wenn ich dem nicht zustimmen
kann. Einen Monat zu warten, oder auch zwei, dürfte wohl keine Rolle spielen.«
Erneut versuchte Richild zu widersprechen, doch wieder schnitt Fulgentius ihr das Wort ab. »Meine Entscheidung ist unumstößlich.
Weitere Diskussionen in dieser Angelegenheit sind zwecklos.«
Richilds Wangen brannten angesichts dieser Zurechtweisung.
Dieser überhebliche Narr!
dachte sie wütend.
Für wen hält er sich, mir Befehle zu erteilen? Meine Familie hat schon in Königspalästen gewohnt, als seine Ahnen noch die
Äcker bestellt haben!
Sie betrachtete ihn von oben bis unten. »Also gut, Eminenz. Wenn dies Eure Entscheidung ist, muß ich mich ihr beugen.« Sie
streifte ihre Reithandschuhe über, als würde sie sich für den Heimritt bereit machen.
»Übrigens«, ihre Stimme klang noch immer beiläufig, »habe ich vor kurzem einen Brief von meinem Vetter Sigismund bekommen,
dem Bischof von Utrecht.«
Auf Fulgentius’ Gesicht zeigten sich Achtung und Respekt, wie Richild zufrieden feststellte. »Ein bedeutender Mann. Ein sehr
bedeutender Mann.«
»Ihr wißt bestimmt schon, daß er die Synode leiten wird, die in diesem Sommer in Aachen zusammenkommt?«
»Ich hab’ davon gehört, ja.«
Nun, da Richild ihn nicht mehr bedrängte, war Fulgentius’ Gehaben von gewohnter Herzlichkeit.
»Dann habt Ihr vielleicht auch davon gehört, welches der wichtigste Gegenstand der Gespräche auf dieser Synode sein wird?«
|190| »Nein, aber ich würde es sehr gern erfahren«, erwiderte Fulgentius lächelnd. Offensichtlich ahnte er nicht, worauf sie hinauswollte.
»Es geht um bestimmte … Unregelmäßigkeiten« – behutsam stellte Richild die Falle auf – »in der Führung des Bischofsamtes.«
»Unregelmäßigkeiten?«
Fulgentius verstand nicht, was sie meinte. Da mußte sie sich schon deutlicher ausdrücken.
»Mein Vetter hat die Absicht, die Frage aufzuwerfen, inwieweit die Bischöfe ihre Gelübde einhalten. Insbesondere …«, sie blickte
ihm fest in die Augen, »… das Keuschheitsgelübde.«
Fulgentius wich alle Farbe aus dem Gesicht. »Wirklich?«
»Offenbar möchte mein Vetter dieser Synode einen wichtigen und richtungweisenden Charakter verleihen. Er hat umfassende Informationen
über die fränkischen Bischöfe gesammelt –
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