Die Palm-Beach-Verschwoerung
Schulter zu werfen. Ich bekam keine Luft. Stöhnend drückte er noch fester zu, bog mich nach hinten. Gleich würde er mir das Kreuz brechen.
Ich bekam Panik. Wenn ich mich nicht rasch aus der Umklammerung wand, würde er mich umbringen.
»Wer hat ihn gekriegt?«, zischte er plötzlich in mein Ohr.
»Wer hat was gekriegt?« Ich musste bereits würgen.
Er bog mich noch stärker nach hinten. »Doug Fluties Jahrhundert-Pass. Im Orange-Bowl-Stadion. 1984.«
Ich wollte meine Hüfte als Hebel nutzen und ihn mit aller Kraft nach vorne werfen, aber er drückte nur noch fester zu. Ich hatte das Gefühl, als würden meine Lungen zersägt werden.
»Gerard … Phelan«, keuchte ich schließlich.
Plötzlich löste sich der Schraubstock um meinen Hals. Nach Luft schnappend, fiel ich auf ein Knie.
Und blickte hinauf in das blöd grinsende Gesicht meines jüngeren Bruders Dave.
»Du hast Glück«, sagte er und streckte mir eine Hand entgegen, um mir aufzuhelfen. »Ich wollte eigentlich fragen, wer Fluties letzten College-Pass abgefangen hat.«
27
Wir umarmten uns. Dann standen Dave und ich einfach da und machten eine Bestandsaufnahme, was sich alles an uns verändert hatte. Er war viel größer, sah jetzt aus wie ein richtiger Mann, nicht mehr wie ein Junge. Wir klopften uns gegenseitig auf die Schultern. Fast vier Jahre hatte ich meinen kleinen Bruder nicht gesehen.
»Total schön, dich wiederzusehen«, sagte ich und schloss ihn neuerlich in die Arme.
»Ja«, meinte er grinsend. »Jetzt finde ich das auch.«
Wir lachten wie damals, als wir fast noch Kinder waren, und verschränkten die Hände wie die Kumpels einer Gang. Dann wechselte sein Gesichtsausdruck. Mir war klar, dass er von der Sache gehört hatte. Mit Sicherheit wusste mittlerweile jeder davon.
Dave schüttelte irgendwie hilflos den Kopf. »Oh, Neddie, was war da unten nur los?«
Ich ging mit ihm in den Park. Wir setzten uns auf einen Stein, und ich erzählte ihm, wie ich in das Haus nach Lake Worth gefahren war und gesehen hatte, wie Mickey und unsere anderen Freunde in Leichensäcken herausgerollt worden waren.
»Oh, Gott, Neddie.« Wieder schüttelte Dave den Kopf. Seine Augen wurden feucht, und er barg das Gesicht in seinen Händen.
Ich legte meinen Arm um seine Schulter. Es tat weh, Dave weinen zu sehen. Seltsam - er war fünf Jahre jünger als ich, aber er hatte immer so stabil und in sich ruhend gewirkt, selbst als unser älterer Bruder gestorben war. Ich war immer ziemlich durch den Wind gewesen, aber jetzt hatte ich den Eindruck, dass die Rollen vertauscht waren. Dave studierte im zweiten
Jahr Jura am Boston College. Der aufstrebende Stern der Familie.
»Es kommt noch schlimmer.« Ich drückte seine Schulter. »Ich glaube, ich werde gesucht.«
»Gesucht?« Er neigte den Kopf zur Seite. »Du? Wegen was gesucht?«
»Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht wegen Mordes.« Ich erzählte ihm die ganze Geschichte. Auch die über Tess.
»Was redest du da?« Dave starrte mich an. »Dass du hierher geflüchtet bist? Dass du in die Sache verwickelt bist? Du warst an dieser Wahnsinnstat beteiligt, Ned?«
»Mickey hatte es organisiert«, erklärte ich. »Aber er kannte da unten niemanden, der so eine Sache durchzieht. Es musste von hier oben aus gelenkt werden. Wer auch immer dahinter steckt, Dave, ist der Mensch, der unsere Freunde auf dem Gewissen hat. Solange ich das nicht beweise, wird man immer glauben, ich hätte es getan. Aber ich glaube, wir beide wissen« - ich blickte in seine Augen, die eigentlich meine eigenen waren - »mit wem Mickey hier oben zusammengearbeitet hat.«
»Pop? Du glaubst, Pop hat was damit zu tun?« Er sah mich an, als wäre ich verrückt. »Ganz sicher nicht. Wir reden hier von Mickey, Bobby und Dee. Von Franks eigenem Fleisch und Blut. Abgesehen davon, weißt du nicht, dass er krank ist, Ned. Er braucht eine neue Niere. Der Kerl ist viel zu fertig, um noch Ganove zu spielen.«
Ich denke, es war zu diesem Zeitpunkt unserer Unterhaltung, dass Dave die Augen zusammenkniff. Mir gefiel sein Blick nicht. »Neddie, ich weiß, dass du da unten nicht gerade vom Glück verfolgt warst …«
»Hör zu« - ich packte ihn an den Schultern - »schau mir in die Augen. Was auch immer dir zu Ohren kommt, Dave, was auch immer die Beweise sagen werden, ich habe damit nichts zu tun. Ich habe unsere Freunde genauso geliebt wie du. Ich habe die Alarmanlagen ausgelöst, mehr nicht. Das war dumm,
ich weiß. Und ich werde dafür bezahlen müssen.
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