Die Palm-Beach-Verschwoerung
sich meldete.
»Das ist kein Spiel, Ned«, erwiderte sie. »Die Leute hier halten Sie für ziemlich schuldig. Ich habe Ihnen gesagt, dass wir eine Chance hätten, Ihnen zu helfen, aber diese Chance löst sich rasch in Luft auf. Sagen Sie mir, wo Sie sind. Ich werde Sie holen. Geben Sie auf.«
»Tut mir Leid, aber meine Antwort heißt wohl Nein.« Ned seufzte.
»Wollen Sie wissen, was mir Leid tut?«, fragte Ellie schon leicht wütend. »Mir tut Leid, dass ich Ihnen nicht die Waffe abgenommen und Ihnen Handschellen angelegt habe, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Ich habe Ihnen vertraut, Ned. Ich bin auf einem dünnen Ast ziemlich weit mit Ihnen vorgerutscht. Aber Sie haben mir nicht die Wahrheit gesagt.«
»Wovon reden Sie?« Er war völlig überrascht.
»Vom Brazilian Court, Ned. Von Tess McAuliffe. Von dem Teil der Geschichte, in dem Sie den Nachmittag mit ihr verbracht haben. Oder hatten Sie das einfach nur vergessen, als Sie mir Ihre Lebensgeschichte erzählt haben?«
»Oh.« Ned räusperte sich. Danach blieb es einen Moment still in der Leitung. Wahrscheinlich überlegte er, was er sagen könnte, um sein Ratespiel noch zu retten. »Wenn ich Ihnen davon
erzählt hätte, Ellie, hätten Sie mir dann die anderen Sachen noch geglaubt?«
»Wie kommen Sie auf die Idee? Zwei verschiedene Mordschauplätze innerhalb weniger Stunden? Anstrengender Tag, was?«
»Ich habe es nicht getan, Ellie.«
»Ist das die Antwort auf alles, Ned? Oder gilt die nur für Mord und den Transport gestohlener Waren in einen anderen Bundesstaat? Ach ja, und für die sexuelle Belästigung Minderjähriger?« Das war unterhalb der Gürtellinie, dachte Ellie, sobald die Worte über ihre Lippen waren. Sie wünschte, sie könnte sie zurücknehmen. Weil sie wusste, dass sie nicht stimmten.
»Wahrscheinlich habe ich das jetzt nicht anders verdient«, sagte Ned. »Aber ich denke, Sie haben das mit Stoughton schon überprüft. Dann wissen Sie, dass ich die Wahrheit sage. Zeichnen Sie das hier auf, Ellie?«
»Nein«, antwortete sie rasch, obwohl sie wusste, dass sie sich eher anhörte wie: Natürlich zeichne ist das hier auf, du Dumpfbacke - ich bin beim FBI.
»Prima.« Ned stieß übertrieben die Luft aus. »Ich denke mal, es gibt nicht mehr viel, was ich noch zu verlieren habe. Also gut, ich war bei ihr, Ellie. Aber ich habe sie nicht getötet. Sie verstehen nicht …«
»Es gibt eine Sache, die verstehe ich ganz genau, Ned. Sie sagen, Sie sind unschuldig - dann beweisen Sie es. Stellen Sie sich! Ich gebe Ihnen mein Wort: Ich sorge dafür, dass jeder Teil Ihrer Geschichte von vorne bis hinten überprüft wird. Sie haben mich gestern kein einziges Mal bedroht. Das war gut. Das spricht für Sie. Aber, bitte, ich versuche, Ihnen zu helfen, Ned. Das ist die einzige Möglichkeit.«
Es entstand eine lange Pause. Einen Moment lang war sich Ellie nicht sicher, ob er aufgelegt hatte. Doch schließlich seufzte er. »Ich glaube, ich sollte Schluss machen.«
»Was haben Sie vor?« Ellie hörte, dass ihre Stimme voller Emotionen war. »Sich umzubringen?«
Er zögerte einen Moment. »Haben Sie Gachet gefunden?«
Ellie blickte auf ihre Uhr. Sie war sicher, dass die Zeit gereicht hatte, um herauszufinden, wo er steckte. Wahrscheinlich in irgendeiner Telefonzelle, aus der er gleich wieder verschwinden würde. »Nein«, antwortete sie. »Wir haben ihn noch nicht gefunden.«
»Dann suchen Sie bitte weiter, Ellie. Aber Sie haben Unrecht. Mit Tess. Ich hätte sie niemals töten können.«
»Waren Sie mit ihr auch schon Ihr Leben lang befreundet?«, fragte sie mit beißender Ironie.
»Nein«, antwortete er leise. »Nichts in der Art. Waren Sie jemals verliebt, Ellie?«
39
Dennis Stratton kochte vor Wut.
Vor ihm auf dem Schreibtisch lagen die USA Today und der Boston Globe.
Diese total bescheuerte Amateurin vermasselte alles. Alles!
Als Stratton über die verpfuschte Verhaftung oben in Boston las, zog sich sein Magen zusammen. Er hatte doch verlangt, dass Profis die Sache übernehmen, und wen hatten sie geschickt? Diese Kuh von der Abteilung Kunstraub von hier aus Florida. Sie hatten es versaut. Dieser Ned Kelly konnte überall untergetaucht sein.
Und dieses Schwein hatte etwas sehr Wertvolles, das ihm gehörte.
Das FBI beschäftigte nur Stümper. Verdammt, er hatte sie gewarnt. Jetzt konnte er nichts mehr riskieren. Kelly musste gefunden werden. Stratton war es egal, was mit dem Typen passierte. Von ihm aus hätte Kelly mit den anderen zusammen
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