Die Palm-Beach-Verschwoerung
geldverschwenderische Zeit um, Agent Shurtleff.« Er erhob sich. »Wir bereiten das Haus für einen kleinen Empfang am Samstagabend vor. Der Bund für Uferschutz, eine wunderbare Sache. Wir haben gerade das Geld von der Versicherung bekommen. An den Wänden werden alle möglichen neuen Werke hängen. Ich würde gerne Ihre Meinung hören.«
»Gern«, meinte Ellie. »Sie haben zu viel bezahlt.«
Stratton blickte sie mit einem blasierten Lächeln an. Er schob seine Hand in die Hosentasche, zog ein Bündel Geldscheine,
Kreditkarten und etwas Wechselgeld heraus und legte alles auf den Schreibtisch. »Damit wir uns richtig verstehen, Agent Shurtleff: Eine meiner Aufgaben besteht darin, meine Familie vor Leuten zu schützen, die uns Dinge vorwerfen, die allein unsere Privatangelegenheiten betreffen.«
Ellie schnappte sich die Beweismitteltüte und wollte sie in den Umschlag zurückstecken, hielt aber mitten in der Bewegung inne.
»Sie sind Golfspieler, Mr. Stratton?«
»So nebenbei, Agent Shurtleff.« Stratton lächelte. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …«
Zusammen mit dem Bündel Geldscheine und dem Kleingeld hatte Stratton ein schwarzes Golftee auf den Schreibtisch gelegt.
47
Nachdem ich Phillys Haus verlassen hatte, stieg ich in Daves Subaru. Ich dachte, dass mir ein bisschen Zeit bliebe - höchstens ein Tag -, bis man die Leichen entdecken würde, und bis dahin musste ich viele Kilometer hinter mich gebracht haben. Aber viele Kilometer wohin?
Ich fuhr schnell, immer wieder das schreckliche Bild meines Bruders vor Augen, der aussah wie ein ausgeweidetes Tier. Den ich in die Geschichte hineingezogen hatte. Dessen Sachen überall im Wagen herumlagen - Bücher, ein paar ramponierte Nikes, CDs. Daves Berieselungsmusik.
In irgendeinem Nest in Nord-Carolina ließ ich den Wagen stehen und fand einen Verkäufer, der mir einen zwölf Jahre alten Impala für 350 Dollar verkaufte, ohne Fragen zu stellen. In einer Gaststätte an der Straße ging ich auf die Toilette, färbte mein Haar und schnitt es mir ziemlich kurz ab.
Als ich in den Spiegel blickte, war ich ein anderer Mensch. Mein dichtes, blondes Haar war fort. Ebenso wie viele andere Dinge.
Ich überlegte, auf dieser Fahrt mein Leben zu beenden. Irgendwo an einer entlegenen Stelle des Highways abzubiegen und mich mit dieser Klapperkiste eine Klippe hinunterzustürzen. Falls ich eine Klippe fand. Oder eine Waffe. Das brachte mich sogar zum Lachen. Da saß ich nun, wurde wegen siebenfachen Mordes gesucht und hatte nicht mal eine Waffe!
Und beinahe hätte ich es getan - mein Leben auf dieser Fahrt beendet. Aber dann würde jeder denken, ich wäre schuldig und hätte die Menschen umgebracht, die ich liebte. Und wer würde dann nach ihrem Mörder suchen? Also hielt ich es für das Beste, einfach nach Florida zurückzufahren, wo alles angefangen hatte.
Irgendwie machte das ja auch Sinn. Ich würde es ihnen zeigen. Den Polizisten, dem FBI, der ganzen Welt. Ich habe es nicht getan, habe niemanden umgebracht - na ja, außer diesen Mörder oben im Norden.
Etwa einen Tag später rumpelte ich mit meiner Kiste über die Okeechobee Bridge nach Palm Beach hinein und parkte gegenüber vom Brazilian Court. Dort blieb ich sitzen und beobachtete das gelbe Gebäude, sog den Duft aus den Gärten ein. Und mir wurde klar, dass hier das Ende meiner Reise erreicht war - genau hier, wo alles angefangen hatte.
Ich schloss die Augen in der Hoffnung, dass mir eine schicksalhafte Eingebung sagen würde, was ich als Nächstes tun sollte.
Und als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich mein Zeichen.
Ellie Shurtleff verließ gerade das Hotel.
48
Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Sache anzugehen, dachte Ellie.
Das, was sie herausgefunden hatte, an Moretti übergeben und ihn weitermachen lassen. Schließlich war der Mord an Tess McAuliffe nicht ihr Fall. Oder ihre Erkenntnisse der Kripo von Palm Beach in den Schoß werfen. Doch Ellie hatte bereits gesehen, welchen Promi-Status Stratton bei denen genoss.
Oder sie konnte das tun, wonach jede Zelle ihres Körpers schrie.
Noch einen Schritt weitergehen. Nur einen oder zwei Schritte … was konnte das schon schaden?
Sie ließ die Assistentin, die sie im Büro mit anderen teilte, ein Foto von Stratton aus dem Internet ausdrucken, das sie in ihre Handtasche stopfte. Sie ließ Moretti ausrichten, dass sie die nächsten Stunden nicht da sei. Dann stieg sie in ihren Crown Vic und fuhr über den Highway zurück nach Palm
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