Die Palm-Beach-Verschwoerung
Bademantel und trat auf den Balkon, warf aber noch einen Blick zurück auf Liz. Er dachte, er hätte gehört, dass sie sich in ihrem schwarz lackierten chinesischen Bett bewegt hätte.
»So etwas wie ›noch etwas Zeit‹ ist nicht drin. Sie haben gesagt, wir hätten ihn. Sie haben mir versichert, dass wir mit Profis arbeiten.«
»Tun wir auch«, entgegnete der Anrufer. »Es ist nur so, dass …«
»Was ist nur so?«, schnauzte Stratton. Er stand im Bademantel auf dem Balkon und blickte aufs Meer hinaus. Der Wind strich die wenigen Haare auf seiner stärker werdenden Glatze nach hinten. Er war an Ergebnisse gewöhnt. Nicht an Entschuldigungen. Deswegen bezahlte er seine Leute.
»Es gab eine Panne.«
Vierter Teil
Dagegenhalten!
45
In ihrem Büro in Florida überflog Ellie den Bericht aus Boston zu den Morden an David Kelly und einem anderen Mann, die zwei Tage zuvor in Brockton verübt worden waren. Sie fühlte sich richtig elend - vielleicht war sie schuld an den Morden.
Es war ein blutiger, professioneller Auftrag gewesen. Eine Stichwunde unter der fünften linken Rippe, dann war das Messer auf brutale Weise nach oben zum Herz gezogen worden. Wer auch immer das getan hatte, wollte das Opfer leiden lassen. Und der andere Typ, derjenige mit der Schlittschuhkufe im Rücken, war ein erfolgreicher Krimineller namens Earl Anson mit Wurzeln in Boston und Südflorida gewesen.
Aber was Ellie am meisten verwirrte: Überall am Tatort waren Neds Fingerabdrücke.
Konnte sie ihn völlig falsch eingeschätzt haben? Entweder war er der kaltblütigste Mörder, von dem sie je gehört hatte, oder ein unglaublich kaltblütiger Mörder war hinter ihm her. Jemand, der wusste, mit wem er in Boston Kontakt aufnehmen konnte. Jemand, der etwas wollte, was Ned hatte.
Die gestohlenen Bilder, zum Beispiel.
Ned stand bereits mit sieben Morden in Verbindung. Er war mehr als der Hauptverdächtige. Sein Gesicht war durch die Faxgeräte aller Polizeidienststellen gerattert. Er war Gegenstand der größten Menschenjagd in Boston seit - ja, seit wann? - seit dem Würger von Boston.
Nein, dachte Ellie, als sie die Akte zuschlug und sich die Szene vorstellte. So konnte es sich auf keinen Fall abgespielt haben. Nicht nach dem, wie Ned über seinen Bruder geredet hatte. Sie konnte sich ihn nicht vorstellen, wie er Dave umbrachte. Nein! Unmöglich! Sie zog ihre handschriftlichen Notizen
hervor, die sie sich nach ihrer Entführung gemacht hatte:
Jura am Boston College. Jetzt die Hoffnung der Familie …
Die Polizei hatte am Tatort einen Kunstband gefunden, bei dem eine Seite herausgerissen war. Van Goghs berühmtes Porträt. Dann wusste Ned jetzt also auch Bescheid.
Suchen Sie weiter, hatte Ned sie gebeten. Suchen Sie Gachet. Dann war da noch die Sache mit Tess. In welcher Verbindung stand sie zu all dem? Es musste eine Verbindung geben. Die Polizeiberichte über sie waren sehr dürftig. Eigentlich gleich Null. Ihre Papiere führten nirgendwohin. Ihre Hotelrechnungen waren immer bar bezahlt worden.
Ein seltsamer Gedanke schoss ihr durch den Kopf: Waren Sie jemals verliebt, Ellie?
Jetzt bleib aber mal auf dem Teppich, ermahnte sie sich. Sei vernünftig! Der Kerl hatte sie entführt und acht Stunden lang die Waffe auf sie gerichtet. Er war in sieben Morde verwickelt. Es suchten genauso viele Ermittler nach ihm wie nach bin Laden. Konnte sie tatsächlich eifersüchtig sein?
Und wieso glaubte sie entgegen aller Beweise, dass er unschuldig war?
Halte dich an deine Kunst, sagte sich Ellie. Der Schlüssel lag in der Beute. Dieses Gefühl hatte sie von Anfang an gehabt.
Das Kabel war durchgeschnitten gewesen - die Einbrecher hatten den Alarmcode gekannt. Könnte es sein, dass die Person hinter dem Einbruch Panik bekommen hatte, dass die Polizei zwei und zwei zusammenzählen würde, wenn sie merkte, dass die Einbrecher den Alarmcode verwendet hatten? Und den Draht durchgeschnitten hatten in der Hoffnung, verheimlichen zu können, dass der Code verraten worden war? Wenn Neds Kumpel die Bilder nicht gestohlen hatten, war es jemand anderes gewesen. Aber wer?
Die gleichen zwei Worte fielen ihr ein: inszenierter Einbruch.
46
Geduldig wartete Ellie, während das champagnerfarbene Bentley-Kabrio durch das sich öffnende Tor fuhr und ihr knirschend über die lange, mit weißem Kies aufgeschüttete Auffahrt entgegenkam.
»Agent Shurtleff?« Stratton brachte den Wagen zum Stehen und spielte den Überraschten. Er trug Golfkleidung, und der Ausdruck
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