Die Palm-Beach-Verschwoerung
tief über dem Horizont. Es war kurz vor sechs.
Ich fasste Ellie an der Hand. »Schön hier, hm? Irgendwie vermisse ich meine alten Tage als Rettungsschwimmer. Wusste gar nicht, wie gut ich es damals hatte.«
Ich hielt sie an der Schulter und strich eine Strähne aus ihren Augen. »Du vertraust mir doch, Ellie, oder?«
»Meinst du nicht, dass es ein bisschen spät ist, mich das zu fragen, Ned? Ich habe dich nicht verhaftet, als ich die Möglichkeit dazu hatte. Wir haben einen Wagen gestohlen, Informationen zurückgehalten, eine wichtige Zeugin entführt … In meinem Lehrbuch läuft das unter Vertrauen.«
Ich lächelte. »Du hättest aus dem Wagen steigen sollen, als ich es dir gesagt habe. Dann wäre alles ganz anders gelaufen.«
»Ja, du säßest vielleicht im Gefängnis oder wärst tot. Und ich hätte immer noch einen sicheren Job. Aber so weit ich mich erinnere, hatte ich damals keine große Wahl. Du hattest eine Waffe.«
»Und so weit ich mich erinnere, war sie nicht entsichert.«
Als ich sie zu mir heranzog, spürte ich, wie ihr Herz kräftig gegen meine Brust schlug. Keiner von uns wusste, was an diesem Abend passieren würde. Und hinterher würde sich die ganze Welt verändert haben. Auf mich warteten ein paar Anklagen.
Ich würde eine Zeit lang sitzen müssen. Hinterher würde ich vorbestraft und sie immer noch beim FBI sein.
»Aber ich bitte dich, mir weiterhin zu vertrauen. Nur noch ein bisschen länger.«
Sie schob mich von sich fort und versuchte, in meinen Augen zu lesen. »Du machst mir Angst, Ned. Wir können ihn schnappen. Diese ganze Sache wird ein Ende haben. Bitte, nur dieses eine Mal: Halte dich an die Regeln.«
Ich lächelte. »Du wirst für mich da sein, Ellie?«
»Das habe ich doch gesagt.« Sie blickte mich entschlossen an. »Ich werde gleich draußen warten. Ich würde dich nicht alleine dort hineingehen lassen.«
Das wusste ich doch. Ich zog sie wieder an mich und blickte an ihr vorbei auf die untergehende Sonne.
Ich hatte nicht den Mut, ihr zu sagen, dass ich »hinterher« meinte.
101
Schon wenn man in die lange Auffahrt zum Breakers Hotel einbog, wurde man in eine völlig andere Welt versetzt.
Die majestätischen, in grelles Licht getauchten Zwillingstürme waren vielleicht der bekannteste Blick auf Palm Beach. Die imposante, von Säulen gestützte Loggia, von der man in die Eingangshalle gelangte, die Reihen mit den von Lampen angestrahlten Palmen. Einst wurden hier die Flaglers, Mellons und Rockefellers in ihren privaten Eisenbahnwaggons vorgefahren. Heute verkehrten hier Menschen, die sich gerne wie sie gaben.
An diesem Abend würde ich die Party ein bisschen aufmischen.
Ich stellte mich mit Ellies Crown Vic hinter einen Mercedes SL 500 und einen Rolls Royce auf den mit roten Ziegeln gepflasterten, runden Platz, der vor dem Eingang lag. Männer in Smoking, am Arm mit Juwelen behängte Frauen in eleganten Kleidern, kamen heraus.
Ich trug Jeans, darüber ein grünes Lacoste-Hemd. Selbst die Parkplatzwächter warfen mir Blicke zu, als gehörte ich nicht hierher.
Ich hatte von diesen Veranstaltungen gehört und am Anfang meiner Zeit in Florida sogar ein paar Mal dort gekellnert. Sie bildeten hier im Süden so etwas wie das Zentrum des sozialen Lebens der alten Garde. Für sie und zu Wohltätigkeitszwecken fand die Veranstaltung statt, wie auf der Einladung stand. Wichtiger war noch, dass ein paar Matronen ihren Schmuck zeigen und in schicken Kleidern herumlaufen, Kaviar essen und Champagner schlürfen konnten. Wer weiß, wie viele tatsächlich wegen des eigentlichen »Anlasses« herkamen? Ich erinnerte mich an eine Geschichte, dass eine Frau ihren Mann,
der plötzlich gestorben war, wochenlang auf Eis gelegt hatte, um sich die Party-Saison nicht entgehen zu lassen.
Ich klemmte mir das große Paket, das die FBIler mir gegeben hatten, unter den Arm und betrat die Eingangshalle. Eine Menge Leute liefen hier herum, die einen in Abendkleidung, die anderen in den roten Jacken des Hotelpersonals, einige in Freizeitkleidung. Jeder von ihnen konnte einer von Strattons Männern sein, der mich beobachtete. Oder einer vom FBI.
Das FBI drehte wahrscheinlich schon durch und fragte sich, was zum Teufel ich hier trieb.
Ich blickte auf meine Uhr - 8.40 Uhr. Ich war zwanzig Minuten zu früh.
Ich ging direkt zur Rezeption. Eine attraktive Angestellte mit Namen Jennifer begrüßte mich. »Ich glaube, für mich wurde eine Nachricht hinterlegt«, meinte ich. »Unter Stratton.«
»Mr.
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