Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
zu Boden, als müsse er überlegen, was er jetzt sagen sollte. Erst nach einer langen Sekunde sah er mich wieder an. »Ich kann es dir nicht sagen.«
Ich lächelte nachsichtig. »Weil du doch in eine von ihnen verliebt bist und es jetzt nicht zugeben magst? Mach dir keine Gedanken, ich verstehe das.« Ich verstand wirklich. Die drei Grazien Ava, Cynthia und Felicity waren umwerfend schön und zu einem so gut aussehenden Kerl wie Lee charmant und bezaubernd. Zumal er die Aufmerksamkeit von Frauen auch zu genießen schien.
Lee zog einen Mundwinkel hoch. Es wirkte gequält. »Gar nichts verstehst du, Felicity.«
Ich starrte ihn groß an. Ich hatte ihn gehört, seine Stimme, den Tonfall, aber seine Lippen hatten sich nicht bewegt. Ähnlich wie im Französischtest. Mich schauderte. Ich löste meinen Arm aus seinem Griff. Zu meiner Genugtuung sah ich, dass er genauso aufgelöst aussah.
Ich floh ins Haus.
Am nächsten Tag kam Lee wieder nicht zur Schule. Und den Tag darauf auch nicht. Eine ganze weitere Woche lang erschien er nicht. Ich sah Felicitys langes Gesicht. Natürlich würde sie mich nicht fragen, wo er war. Das wäre unter ihrer Würde. Dafür löcherten mich meine Freunde. Aber was konnte ich ihnen sagen? Nichts. Schließlich war ich genauso ratlos wie sie. Na ja, beinahe. Ich hatte ihnen auch nichts von seinem Besuch im Pub erzählt. Im Grunde bezweifelte ich, dass er noch einmal auftauchte. Oder hoffte ich genau das?
Trotzdem ertappte ich mich dabei, wie ich in der Cafeteria andauernd zur Tür sah. An unserem Tisch herrschte eine bedrückte Stimmung. Ein Blick zum Tisch des Star Clubs besagte, dort war es das Gleiche. Lee hatte sich in unser Leben gedrängt. Zu sehr für meinen Geschmack.
»Was unternehmen wir Samstagabend?«, fragte ich munter. Egal was, ich würde ein wenig von meinem College-Geld abzwacken. Glücklicherweise sprangen alle drauf an.
»Im Koko in Camden ist eine Vamp-Fete«, sagte Nicole.
O Gott, bloß das nicht.
»Wie wäre es mal wieder mit einer Karaoke-Party?«, fragte Phyllis.
Jetzt verzog Jayden das Gesicht
»Gibt es weitere Vorschläge? Ruby? Ruby!« Corey wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht, bis sie ihn ansah. Sie war gedanklich wieder einmal weit weg gewesen. »Hast du Samstagabend Zeit? Wir wollen gemeinsam etwas unternehmen.«
Rubys Augen begannen zu leuchten. »O ja! Glaubst du, Lee möchte auch mit?«
Alle starrten wir sie betroffen an.
»Äh, Lee kommt schon seit Tagen nicht mehr zur Schule«, sagte Phyllis vorsichtig.
Ruby machte eine abwehrende Geste. »Ach, er hat nur was zu erledigen. Übermorgen ist er wieder da.«
Phyllis und ich wechselten einen erstaunten Blick.
»Woher willst du das wissen?«, fragte Nicole barsch.
»Er hat mir gesimst«, antwortete sie, als wäre es das Normalste von der Welt.
»Wann?«, fragte Nicole betroffen. »Und wieso dir?«
»Weil ich ihm zuerst gesimst habe.« Sie sah uns an, als wären wir schwer von Begriff. »Würdest du nicht Corey anrufen oder ansimsen, wenn er einfach so fehlt?«, fragte sie Nicole.
Nicole wurde rot und jedem von uns klar, sie hatte sich nicht getraut Lee zu kontaktieren. Schlagartig besserte sich die Stimmung und Corey und Nicole schmiedeten bereits Pläne für den kommenden Mittwoch.
Ich stocherte in meinem Essen. Er würde wiederkommen. Wie sollte ich ihm dann gegenübertreten? »Autsch!«, rief ich unvermittelt.
Alle starrten mich erschrocken an.
»Was ist?«, fragte Corey.
Ich hielt meine Wange. »Mein Zahn. Ich glaube, da ist was rausgebrochen.« Beim Biss auf eine Pommes pochte urplötzlich mein rechter Backenzahn, als würde mir jemand eine glühende Nadel ins Zahnfleisch rammen.
»Lass mal sehen.« Corey beugte sich eifrig zu mir rüber.
»Nein!«, entgegnete ich bestimmt. »Auf keinen Fall hier.«
»Geh zum Zahnarzt«, sagte Phyllis. »Dr. Narayan ist hervorragend. Bei ihm merkt man nicht mal den Einstich der Spritze.«
Das Glühen im Zahnfleisch sank zu einem Glimmen, aber es verschwand nicht. Ich schob den Teller von mir weg. »Ja, aber erst muss ich den Test in Erdkunde hinter mich bringen«, sagte ich. Ich bemerkte Phyllis’ missbilligenden Blick, aber ich ignorierte sie. Ich konnte nicht zum Zahnarzt. Oder besser gesagt: Ich wollte nicht zum Zahnarzt. In vier Wochen hatte ich einen Termin wegen der Zahnspange. Bei extra Terminen mussten zugezahlt werden und dafür fehlte Mum das Geld. Wenigstens hatte ich noch Schmerztabletten zu Hause. Die mussten reichen.
KINO
Aber sie
Weitere Kostenlose Bücher