Die Pan-Trilogie, Band 1: Das geheime Vermächtnis des Pan (German Edition)
anfing.
»Darf ich abklatschen?« Lee stand hinter ihm.
»Nur ungern«, sagte Richard und ich fühlte, wie ich rot wurde. »Kannst du mir mal sagen, wo man solche Frauen trifft?«
»Auf dem College, alter Knabe«, sagte Lee leichthin und legte seine Arme um mich.
Wieder überkam mich dieses seltsame, unwirkliche Gefühl, als würde ich ein wenig neben mir stehen. Der leichte elektrische Impuls, der immer eintrat, sobald Lee meine Haut berührte, ging schnell in ein Kribbeln über. Ein angenehmes. Richards Hände waren warm, um nicht zu sagen, heiß gewesen. Lee dagegen fühlte sich an wie eine Frucht bei Zimmertemperatur. Aber er tanzte hervorragend. Keine wirkliche Überraschung.
»Gibt es auch etwas, das du nicht kannst?«, fragte ich ein wenig pikiert, als er mich gekonnt über das Parkett wirbelte.
Er sah mich freundlich an. »Ich kann dich nicht dazu überreden, in mir mehr zu sehen, als nur einen Freund. Das ist echt frustrierend.«
Ich atmete erleichtert auf. Dann erwartete er wohl keine extravagante Gegenleistung für diesen märchenhaften Abend.
»Tut mir leid«, sagte ich leichthin. »Aber wenn ich morgen aufwache, glaube ich eh nichts mehr hiervon.«
»Hm. Das bringt mich außerdem auf den Gedanken, dass wir gleich losmüssen. Der Pub deiner Mutter wird nicht mehr allzu lange geöffnet haben.«
Oh, Mist. An die hatte ich gar nicht mehr gedacht.
Als wir uns verabschiedeten, bat mich Richard Cosgrove um meine Telefonnummer. Ich schrieb sie auf eine Serviette.
Auf dem Heimweg in einem weiteren Taxi schwiegen wir beide.
Erst als es vor meiner Haustür hielt, sagte ich: »Danke, Lee. Ich weiß nicht, ob ich nicht alles geträumt habe, aber ich werde dir für diesen Abend ewig dankbar sein.«
Er lächelte aufrichtig. »Du hast ein wenig Spaß verdient. Und vielleicht könntest du mich Morgen auch mal ein bisschen anhimmeln, wie die anderen Mädels der Schule. Deine Gleichgültigkeit bin ich tatsächlich nicht gewohnt.«
Ich grinste. »Ab sofort bist du mein Held. Versprochen. Wie kann ich das je wieder gut machen?«
»Geh mit mir zum Königsball.«
»In den Buckingham Palace?«, quietschte ich.
Lee lachte laut und musste sich den Bauch halten. »Nein«, sagte er endlich keuchend und im gleichen Moment ging mir auf, was er meinte.
»Oh, du meinst den Schulball. Den Schneeflockenball.«
»Ach, so heißt das hier? Geh mit mir dahin, dann sind wir quitt.«
»Und Felicity?«, fragte ich neugierig.
»Die wird wirklich lästig«, gestand er düster.
Oh. Deswegen. Na dann. Aber andererseits: Ein Schulball erforderte ein weiteres Ballkleid und in dieser Jon-George-Kreation konnte ich da kaum aufkreuzen, ohne misstrauische Fragen heraufzubeschwören.
»Äh, ungern«, gestand ich schließlich. »Wie wäre es, wenn ich mal koche?«
Lee betrachtete mich, als würde er das Universum des weiblichen Gehirns soeben zu ergründen versuchen. »Warum nicht?«, wollte er wissen.
Ich stieg aus, aber ehe ich die Tür schloss, sagte ich: »Irgendwann musst du mir mal erzählen, in welchem Soccer-Team du mit Jon George gespielt hast.«
»Mit Jon habe ich nie Fußball gespielt«, sagte er überrumpelt. »Ich war sein Model. Er hat mich immer als seine Muse bezeichnet.«
Jetzt fühlte ich mich wieder klein und unbedeutend.
Als ich wach wurde, weigerte ich mich die Augen aufzuschlagen. Es war ein so schöner Traum gewesen. Ich hatte mit Richard Cosgrove getanzt und Lee hatte die gute Fee gespielt und mich vom Aschenputtel in Cinderella verwandelt. Ich hatte Jon George getroffen und er hatte mich eingekleidet. In dieses wunderschöne blaue Kleid mit dem wunderschön fallenden Rock. Oh, das Kleid hatte die gleiche Farbe wie meine Schuluniform, stellte ich fest, als ich die Augen aufschlug.
Aber ich brauchte auf dem College doch gar keine Schuluniform mehr. Ruckartig setzte ich mich auf und knallte mit meinem Kopf gegen den Balken über meinem Bett. Der Schmerz warf mich wieder zurück aufs Kissen. Sterne tanzten vor meinen Augen und obwohl ich am liebsten laut geflucht hätte, tat es einfach zu weh dafür. Benommen rappelte ich mich auf, stolperte in die Küche und kippte sämtliche Eiswürfel aus dem Gefrierfach auf ein frisches Küchentuch. Das linderte den Schmerz ein wenig. So ein Mist. Jetzt würde ich wahrscheinlich die nächsten Tage aussehen wie ein Zyklop. Ein Blick auf die Küchenuhr über dem Esstisch sagte mir, dass ich, wenn ich jetzt nicht schnell machte, auch noch zu spät zur Schule kam.
Ich
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