Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
dann sah ich uns beide in Fays Grotte, als Lee mich auf die Nasenspitze küsste, und im Flur der Schule, als ich ihm um den Hals gefallen und ihn geküsst hatte. Es waren Lees Gedanken, die ich mit einem Mal lesen konnte. Seine Gedanken galten uns. Ich liebe dich , dachte ich. Seine blauen Augen lächelten leicht, ehe er sie schloss.
Oberon holte mit dem Dolch zum tödlichen Schlag aus.
Doch der erfolgte nicht.
So schnell, dass es meine menschlichen Augen kaum wahrnehmen konnten, steckte ein Schwert in seinem Rücken. Oberons Körper erschlaffte, er wandte sich noch einmal mühevoll um. Das Erstaunen war ihm ins Gesicht geschrieben. Er sah Eamon an, der noch immer mit gesenktem Schwert vor mir stand, dann sah er auf Fynn. Neben Fynn stand der Schatten. Es schien, als starre der Schatten Oberon entschlossen in die Augen. Fynns Wurfarm war noch immer halb erhoben.
Ich wartete darauf, dass die Elfenmagie zu wirken begann, das Schwert aus Oberons Rücken herausfiel und er weiterkämpfte. Stattdessen tropfte ein Rinnsal Blut aus seinem erstaunt geöffneten Mund. Seine Knie knickten ein und er fiel wie ein Sack vornüber zu Boden. Oberon war tot.
Jetzt erst sah ich das Schwert in seinem Rücken genauer. Fafnirs Auge blinkte mir entgegen.
DAS ENDE
Wir alle blickten gleichermaßen erstarrt auf den Leichnam vor uns. Lee war es, der sich schließlich bewegte und Oberons Pulsschlag zu erspüren versuchte. Er schüttelte den Kopf, als er nichts fühlte.
»Wie hast du das gemacht?«, fragte ich Fynn. Meine Stimme war ganz leise. Trotzdem klang sie laut in dieser Stille.
»Jemand hat mir das Schwert in die Hand gedrückt«, sagte er nur und eilte zu Liam. Der lag röchelnd am Boden. Er war aschfahl im Gesicht und es war deutlich zu erkennen, dass Oberons Schlag vielleicht sein Ende bedeutete.
Ich gab Eamon einen Schubs. »Hilf ihm!«
Er bewegte sich wie ein Roboter in großem Bogen an seinem toten Vater vorbei und zog das Schwert seines Vaters aus Liams Wunde heraus. Der Minz-Melisse Duft strömte bis zu mir, als er ihn anhauchte. Ich sah auf Lee, dessen Arm bereits verheilte, und dann auf den Schatten. Ihm fehlte das Schwert am Gürtel.
Lee kniete sich vor mir nieder. Er musterte mich besorgt. Ich strich sanft über den Schnitt an seinem Arm, der schon verkrustet war. Dann drängte ich mich in seine Arme. Er drückte mich an sich und ich beschwerte mich auch dann nicht darüber, als es fast zu fest wurde und es in meinem Rücken leicht knackte. Allerdings hörte Lee das Knacken und löste sich von mir. Dann küsste er mich auf die Stirn und half mir auf die Beine. Wir überzeugten uns, dass Liam außer Lebensgefahr war, erst jetzt wandten wir uns zu Eamon, der neben der Leiche seines Vaters kniete.
Eamon schluckte hart. Dann sah er Lee an. »Es tut mir leid.«
Lee kniete sich ihm gegenüber hin. »Dir muss nichts leidtun.«
»Doch. Ich hätte dir helfen sollen.«
»Du konntest nicht gegen deinen eigenen Vater kämpfen«, sagte Lee. »Das verstehe ich.«
Mit einem Mal wirkte Eamon sehr verletzlich. »Ich habe ihn immer bewundert. Er regierte streng, aber gerecht. Ich wollte genauso sein. Dabei strebte er nur nach immer mehr Macht.«
Ich fasste nach Eamons Hand, es zuckte leicht, aber ich ließ nicht los. Eamon umschloss meine Finger, als müsse er sich an ihnen festhalten. »Dann mach es fortan besser«, sagte ich eindringlich. »Du hast jetzt die Gelegenheit dazu.«
Er sah mich an. Ganz lange. Wieder einmal wünschte ich mir, ich könne Gedanken lesen. Richtig Gedanken lesen und nicht immer nur sporadisch.
Lee aber konnte Eamons Gedanken lesen und ich sah aus den Augenwinkeln, wie sein Adamsapfel zu hüpfen begann. Er zog sein Hemd aus und reichte es Eamon, der ja seines für meinen Verband geopfert hatte. Dann nahm Lee meine andere Hand, richtete sich auf und zog mich mit sich. »Lasst uns die Schlacht beenden.«
Eamon atmete ein paarmal tief ein und aus, erhob sich, ließ meine Hand schließlich los und streifte das Hemd über. Sobald er stand und der letzte Knopf geschlossen war, kam der Prinz in ihm wieder hervor. Beziehungsweise jetzt der König. »Ja. Lasst uns den Krieg beenden. Ein für alle Mal.« Ohne sich noch einmal umzudrehen schritt er den Gang entlang, hinaus zum Schlachtfeld.
Liam und Fynn sahen uns an.
»Geht mit ihm«, sagte Lee und wandte sich an Liam, der wieder eine bessere Gesichtsfarbe hatte, wenn er auch noch blass war. »Du wirst der nächste Merlin sein. Er braucht dich als seinen
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