Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
Schwert so schnell fallen, als hätte er heißen Kaffee über die Hand gekippt bekommen.
UNERWARTETE HILFE
»DU!?« Oberon war sichtlich aus der Fassung. »Du kannst sie nicht retten. Du bist ein Geist. Weniger als ein Geist. Du kannst nur im Licht existieren. Und du kannst ihr nicht helfen.«
Der Schatten nahm seinen Umhang ab und schwenkte ihn.
Oberon sah ihn verständnislos an.
Der Schatten legte den Umhang nieder und fasste an seinen Hals, dann hielt er uns den Halsreif so hin, dass man ihn gut erkennen konnte. Zum Schluss nahm er die Krone vom Kopf, wie ein Mann seinen Hut lüften würde, um jemanden zu grüßen.
Oberon starrte wie gebannt auf das Schattenspiel. Dann wandte er sich langsam zu mir um. Er hatte verstanden.
»Toll!«, sagte ich zu dem Schatten. »Hättest du das nicht etwas subtiler machen können?« Jetzt bekam ich richtig Angst.
»Du hast Arthur die Insignien gegeben?« Oberons Ton war leise. Zu leise. Jede Silbe war überdeutlich artikuliert.
Arthur? Der Schatten war König Arthur? Mein Bruder?
»Nein, du hättest sie ihm natürlich nicht geben können.« Oberon klang, als spräche er zu sich selbst. »Du hast sie zerstört.«
Ich wich einen Schritt zurück. Ich wusste, ich hatte keine Chance, ihm zu entkommen, aber ich würde trotzdem nicht kampflos aufgeben. Und vor allem nicht, ehe ich ihm gesagt hatte, was mir auf der Seele lag. Danach konnte ich ruhig sterben. Dann würde ich mich besser fühlen. Auch, wenn es nutzlos war. »Ja, ich habe sie zerstört. Monatelang habe ich Fafnirs Auge aufbewahrt. Wie viele sind wegen dieser Insignien gestorben oder getötet worden! Ein Königreich, das auf Blut gegründet wird, ist kein gutes Königreich. Ich habe den Umhang ins Feuer geworfen. Den Bernstein, den Halsreif und die Krone habe ich eingeschmolzen. Der Schatten hat sie aufgenommen. Er hat sie ins Schattenreich mitgenommen und somit sind sie unwiderruflich verloren für die reale Welt. Und nach allem, was du mir vorhin eröffnet hast, war es der richtige Weg. Die Insignien sind wieder in den Händen dessen, dem sie gehören. Und weißt du was? Das Buch der Prophezeiung hatte Recht: Ich bin die Auserwählte. Ich habe tatsächlich das Elfenreich gerettet. Vor einem Diktator und Herrscher, der mit Intrigen und Gewalt ein Imperium aufbauen wollte. Und soll ich dir noch was sagen? Ich bin stolz darauf, es verhindert zu haben. Du wirst nie über so ein Reich regieren, wie du es dir erträumt hast.«
Jetzt hob Oberon sein Schwert wieder auf und meine triumphale Ansprache blieb mir im Hals stecken.
Auch der Schatten zog sein Schwert. Aber wie wollte der mir helfen?
Hinter Oberon erschien wieder Pan wie aus dem Nichts. Er zwinkerte.
Oberon stieß zu. Ich sprang zur Seite, konnte aber nicht verhindern, dass mich das Schwert am Oberschenkel traf. Es brannte und meine Jeans tränkten sich augenblicklich mit Blut. Verdammt. Oberon hob erneut sein Schwert und ich rollte mich zu Boden und schloss angstvoll die Augen. Doch der erwartete Hieb blieb aus. Ich hörte Schwerter klirren.
Oberon kämpfte, aber nicht mit dem Schatten – das wäre auch nicht gegangen –, er kämpfte mit Liam!
Wo kam der auf einmal her? Liam war über einen Kopf größer als der Elfenkönig, hatte aber keine Kampferfahrung. Er schlug ungelenk und voller Kraft zu, während Oberon flink und geschickt parierte. Wenn Liam wieder hier war, wo war dann Fynn? In diesem Augenblick stürmten Lee und Eamon durch die Bibliothek in den Gang.
»Fay!«, schrie Lee entsetzt, als er mein blutendes Bein sah.
»Helft Liam! Oberon ist der Verräter. Er will die Insignien für sich und uns alle töten«, schrie ich den beiden zu.
Eamon stand wie erstarrt vor den beiden kämpfenden Männern. Lee zögerte nur kurz, nicht, weil er den Kampf scheute, sondern weil er Angst um mich hatte. Ich sah es in seinen Augen. Dann sprang er Liam zu Hilfe.
»Du stellst dich gegen deinen König?«, fauchte Oberon Lee an. Er klang nicht einmal sonderlich außer Puste. »Du stellst dich damit auch gegen deinen Vater und gegen alles, was ich dich gelehrt habe.«
»Hör nicht auf ihn«, rief ich wieder. »Er hat seinen eigenen Vater getötet, um den Thron zu besteigen. Er hat auch Ciarans Vater getötet, alles nur, um sein Reich zu vergrößern.«
Eamon stand mit unruhig flackernden Augen neben mir. Er verfolgte jede Bewegung, jeden Hieb, aber er schien sich nicht dazu durchringen zu können seine eigene Waffe zu heben. Ich sah, dass Liam ermüdete. Dann
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