Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)

Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)

Titel: Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier
Vom Netzwerk:
Liebhaber gewesen sein«, sagte Lee neben mir. Er war so nah, ich roch den unverwechselbaren Lee-Duft aus Heu, Moos und Veilchen gepaart mit frischem Wasser.
    »Richard?«, fragte ich verwirrt.
    »Richard Cosgrove. Dunkelhaarig, erfolgreich, mit diesen hübschen, grauen Augen … du erinnerst dich?«
    »Wir waren kein Liebespaar in diesem Sinne«, erklärte ich knapp.
    »Ach.«
    Ich sah weiterhin hartnäckig auf die Bäume und wusste, dass Lee wieder einmal alles tat, um mich zu reizen. »Bist du endlich angezogen?«, fragte ich ihn nach ein paar Minuten.
    »Bin ich.«
    Ich drehte mich um. Zumindest die Hose hatte er an. »Glaubst du nicht, wir sollen Richard Löwenherz retten?«
    »Nein. Der ist im Ausland. Es hat etwas mit diesen Geächteten zu tun. Und nein, keiner von denen ist Robin Hood.«
    »Ich weiß. Niemand hier ist edel oder sonderlich mitfühlend«, gab ich zu.
    »Nein. Die haben uns am Leben gelassen, weil sie mich brauchen. Das wurde heute deutlich.« Jetzt wandte er sich ab.
    Ich sah seinen Wangenmuskel zucken und den Adamsapfel hüpfen. »Lee? Geht es dir gut?«
    Er zuckte mit einer Schulter. »Wieso nicht? Mein letzter Kampf ist nur schon etwas her. Ich bin nicht mehr daran gewöhnt.« Er sah mich von der Seite her an und grinste leicht.
    »Kann man sich je an Blut, Tod, Schreie und Sterbende gewöhnen?«, fragte ich leise.
    Er sah mich an. »Ich habe doch kein Wort darüber verloren. Woher weißt du das?«
    »Du hast sehr laut geschwiegen.«
    Einen Moment lang sahen wir uns in die Augen. Er würde nichts preisgeben und alles mit sich allein ausmachen. Ich seufzte. »Tut mir leid, dass du das durchmachen musstest. Dann war der Nachmittag mit dem schweigsamen Much doch die angenehmere Gesellschaft.«
    Lee bückte sich und zog sich sein Oberteil wieder an. Darunter lagen der Bogen und ein Köcher voller Pfeile.
    »Woher kannst du Bogenschießen?«, fragte ich Lee. »Du kannst doch ohne mich nicht weiter zurückspringen als bis zum Datum deiner Geburt. Und zu der Zeit waren Feuerwaffen schon lange im Gebrauch.«
    Jetzt war Lees Lächeln etwas ehrlicher. »Unter George IV. war Bogenschießen beim Landadel ein sehr beliebter Zeitvertreib.«
    Ich lehnte mich zurück und sah Lee an. »O bitte, keine schlüpfrigen Anekdoten.«
    »Keine Bange. Dafür bist du zu brav.«
    Ich nahm den Bogen in die Hand und strich über das glatte Holz. Es war so fein poliert, es fühlte sich richtig weich an.
    »Hast du schon einmal mit einem Bogen geschossen?« Lee schnallte seinen Gürtel zu und streifte ein paar Handschuhe über. Handschuhe im Sommer?
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Ich bin bestimmt grottenschlecht.«
    Er trat hinter mich. »Ich zeige dir, wie es geht. Dann kannst du ein wenig üben.« Er umfasste meine Hände, richtete meinen Ellbogen und legte einen Pfeil an.
    Er war mir schon oft nahe gewesen und trotzdem war etwas anders. Ich hörte überdeutlich seinen Herzschlag, fühlte seinen Körper, roch seinen unnachahmlichen Duft. Sein Atem streifte meine Wange, als er seinen Kopf zu mir beugte. Aus den Augenwinkeln konnte ich jede einzelne seiner Poren sehen, die leichten Bartstoppeln, die er sich hatte wachsen lassen, um nicht aufzufallen. Ein paar kleine Wassertropfen hingen noch silbrig darin.
    »Du musst dein Ziel anvisieren. Behalte die Pfeilspitze im Auge und zugleich dein Ziel.« Seine Stimme klang geschmeidig. Schmeichelnd und schnurrend. Sie vibrierte tief in seiner Brust. Er umspannte mich mit seinen Armen, legte eine behandschuhte Hand über meine an der Bogensehne und zog gemeinsam mit mir den Pfeil zum Schuss. »Jetzt hör auf deinen Herzschlag. Und dann, zwischen zwei Schlägen … lässt du los.«
    Der Pfeil traf die Mitte des Stammes in ungefähr vierzig Metern Entfernung.
    »Sehr gut.« Lee lächelte mich an, hielt mich aber noch immer umfangen.
    Unsere Blicke begegneten sich. Und blieben hängen. Seine Lider senkten sich ein wenig und ich hörte, wie sich sein Atem veränderte. Er war einen Kopf größer, aber plötzlich kam mir der Abstand gar nicht mehr so enorm vor. Ich roch blumige Veilchen. Stärker als je zuvor. Sein Gesicht kam noch näher. Die schön geschwungenen Lippen waren leicht geöffnet. Sein Blick war schwer. Ich wusste, er wollte mich küssen. Küssen und dann für immer an sich binden?
    Lees Zungenspitze strich über seine Lippen und er zog den Kopf zurück. »Versuch es mal alleine«, murmelte er mit rauer Stimme und trat einen Schritt zurück.
    Ich konnte nicht anders.

Weitere Kostenlose Bücher