Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
Schwefelgestank war direkt über mir. »Wie sollte ich euch helfen können?«
»Du bist aus der Zukunft?«, fragte die Anführerin. »Wie viele Drachenkinder gibt es noch in deiner Zeit?«
»Keine Ahnung«, antwortete ich ehrlich. »Ich bin bis jetzt nur zweien begegnet.«
Mir wurde schlecht. Der Schmerz, der Schwefelgeruch, die Fahrt hierher oder was immer es gewesen war, alles forderte so langsam seinen Tribut. Ich wünschte, Lee würde mich finden. Nicht nur, weil er mit einem Hauch meine Schmerzen vertreiben konnte, sondern auch, weil ich in seiner Gesellschaft nicht so viel Angst hatte.
»Es tut mir leid, dass du Schmerzen hast, Felicity Morgan. Aber du musst uns jetzt anhören. Wir brauchen deine Hilfe. Du musst uns sagen, wo wir die Insignien Pans finden.«
»Was?« Ich hatte ja mit fast allem gerechnet. Aber damit nicht.
»Nur du weißt, wo sie sind. Du musst sie uns übergeben. Ansonsten werden die Elfen auch den letzten unserer Art ausrotten. Egal, in welchem Jahrhundert. Nur mit Hilfe der Insignien können wir uns wehren, haben wir eine Chance uns wieder in unserem normalen Umfeld bewegen zu können.«
Ich starrte in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Wie sollen die Insignien euch dabei helfen können?«
»Sie besitzen große Macht. Sie verleihen dem Träger bestimmte Kräfte. Mithilfe dieser Kräfte wäre es uns möglich gegen die Elfen anzukämpfen und unseren Platz in der Welt zurückzuerobern.«
Wenn die Drachen im Dunkeln sehen konnten, sahen sie jetzt mein zweifelndes Gesicht. »Ihr seid Drachen. Seid ihr keine Gefahr für die Menschen? Wieso sollte ich euch helfen, wenn ihr uns bedroht?«
»Ich leg sie einfach um«, sagte die Stimme meines Entführers.
»Wir würden dir schwören nie ein menschliches Wesen anzugreifen.« Die Stimme von Myra klang aufrichtig. So aufrichtig jemand in einer pechfinsteren Höhle klingen konnte. »Wir töten keine Menschen aus reiner Willkür. Wir töten nur, um uns zu verteidigen. Aber wir Drachenmenschen wurden von Oberon beinahe vollkommen ausgerottet. Die wenigen von unseren Vorfahren, die überlebten, mussten ihr Dasein geheim halten. Das ist nicht so einfach, wenn man bedenkt, wie groß wir in Drachengestalt werden können. Es ist auch nichts, was wir verhindern können. Mit sechzehn beginnt das Drachen-Gen in uns zu wirken und verwandelt uns. Wir sind in dieser Hinsicht machtlos. Trotzdem werden wir verfolgt und weiterhin getötet. Das muss ein Ende haben. Und du, Felicity Morgan, sollst laut der Prophezeiung die entscheidende Wende bringen. Die Insignien sind mit dir eng verwoben.«
»Aber ich habe sie nicht!«, widersprach ich stöhnend. Das war ja furchtbar. Ich? Ich sollte der entscheidende Pol sein, um eine Wende zwischen Elfen und Drachen zu bringen? Das fand ich mehr als zweifelhaft.
»Doch du kannst sie besorgen. Sie gehören zu dir. Du besitzt ihre Aura.«
Ich erstarrte.
»Ja, Felicity, ich spüre die Insignien in dir. Wenn du sie jetzt noch nicht besitzt, kannst du sie rufen. Du musst uns nur eines versprechen: Übergib sie nicht den Elfen. Wir vertrauen auf dich. Du bist unsere Hoffnung, unsere Chance.«
Mit einem Mal roch es noch heftiger nach Schwefel. Dann blitzte es grellweiß, es donnerte und wieder wurde alles schwarz.
WALISISCHER UNTERGRUND
Ich spürte Schmerzen. Mein Arm brannte, und als ich meine Hand bewegen wollte, wurde es noch schlimmer. Ich stöhnte.
»Lee«, rief ich und erschrak. Meine Stimme krächzte nur. Ich blinzelte und diesmal konnte ich sogar etwas erkennen. Ein kleines Feuer brannte neben mir. Es spendete Licht und genügend Wärme, dass ich nicht fror. Ich sah, dass ich mich in einer Höhle befand. Wieder einmal. Wie weit reichte unsere Verbindung? Ich musste sehr weit vom Sherwood Forest entfernt sein.
»LEE!«, schrie ich, so laut ich konnte. Mein Schrei hallte wider. Beängstigend lange.
Keine Antwort darauf. Nichts. Natürlich nicht.
Egal, wie groß meine Schmerzen waren – tatsächlich fühlte es sich bei der kleinsten Bewegung an, als steche jemand ein Messer in meine linke Schulter –, ich konnte nicht hier liegenbleiben. Irgendwann wäre das Feuer ausgebrannt und dann?
Der Schwefelgestank hatte sich verflüchtigt. Es roch nur noch moderig und feucht. Ich biss die Zähne zusammen und rappelte mich auf. Jede Bewegung verlangte übermenschliche Anstrengung. Ich war empfindlich. Am liebsten wäre ich wieder zusammengebrochen und hätte geheult.
Aber das Feuer würde nicht mehr lange brennen.
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