Die Pan-Trilogie, Band 3: Die verborgenen Insignien des Pan (German Edition)
wäre.
Obwohl ich nicht ganz sicher war, ob das Mädchen mich nicht einfach nur beseitigen wollte. Sie hatte angefangen, mich über meinen »Verlobten« auszuquetschen. Als ich nicht darauf einging, hatte sie die Schnüre vor meiner Brust noch einmal nachgezogen.
»Alles umsonst.« Lee stand in der Tür und musterte mich wohlwollend von oben bis unten und zurück. »Die Gräfin fühlt sich nicht wohl. Sie hat ihren momentanen Leibarzt zu sich gerufen. Schickes Outfit«, fügte er mit Blick auf mein großzügiges Dekolleté hinzu.
»Wir können die Strümpfe tauschen, wenn du magst«, sagte ich mit Blick auf seine weißen Seidenstrümpfe unter blauen Kniebundhosen.
»Nur wenn ich sie dir ausziehen darf.« Er grinste frech. »Hast du Lust, die Stadt zu besichtigen?«
Es war höchstens sechs Uhr und die Sonne schien noch immer warm und einladend. Durch das geöffnete Fenster drang hie und da der Gesang von vorbeifahrenden Flößern herauf. Ich hatte große Lust mir eine Stadt im achtzehnten Jahrhundert anzusehen. Vor allem eine, die so bunt aussah. Also folgte ich Lee durch die Flure. Er hielt noch immer Abstand und mir fiel auf, dass er nicht einmal versuchte meine Hand zu nehmen, als wir aus dem Schlosshof traten.
Mein erster Eindruck von gestern Abend bestätigte sich. Es war ein sehr feudales und riesiges Schloss. Es gab mehrere Höfe und teilweise war die Fassade aufwendig bemalt. Als wir über eine Brücke in den letzten Hof traten, sah ich den Turm.
»Wenn du hier herunterschaust, siehst du unsere Verfolger von letzter Nacht«, erklärte Lee.
Ich ging zur Brüstung. Tatsächlich. Da unten saßen zwei Bären und wirkten extrem gelangweilt in dem kahlen Gehege. Große, kuschelige Teddybären die sich gestern Nacht in riesige Grizzlys verwandelt hatten. Mich schauderte, wenn ich an das aufgerissene Maul dachte.
»Komm, Fay, hier gibt es eines dieser neuen Kaffee-Häuser, hat mir deine Zofe erklärt.«
»Kaffee?« Sofort war ich wieder an seiner Seite.
»Ach, damit kann man dich rumkriegen? Warum hast du nicht früher gesagt, wie billig du zu haben bist? Dann hätte ich mir den ganzen Schnickschnack mit Drachenentführung und Picknickkörben sparen können.«
»Oder die überfüllte Ritterhalle im achten Jahrhundert mit all den blähenden Menschen. Du weißt wirklich, wie man Frauen rumkriegt.«
Er warf mir einen Blick aus halbgeschlossenen Augen zu. »Angst überwunden?«
Ich wollte tief einatmen, um Zeit zu schinden, aber das verflixte Mieder ließ es nicht zu. Ich röchelte ein wenig.
»Komm mal mit.« Lee packte meinen Arm und zog mich in die nächstbeste Gasse. An deren Ende befand sich ein Tor. Er führte mich durch den offenen Flügel außer Sichtweite der zahlreichen Menschen, die auf der Hauptstraße hoch- und runtereilten. Ich wurde von ihm gegen die Mauer gedrückt, und ohne zu fragen, begann er an meinem Mieder zu nesteln.
Ein paar Sekunden später konnte ich atmen, ohne das Gefühl zu haben, im nächsten Moment zu ersticken. Ich schloss erleichtert für einen Moment die Augen und holte ein paar Mal tief Luft. Als ich die Augen wieder aufschlug, stand Lee noch immer vor mir. Sehr dicht. Ich sah in seine blauen Augen mit der markanten Iris. Ich konnte die kleinen Fältchen über seiner Nase erkennen und wie sie sich wieder vertieften. Sein Blick war schwer und sehnsüchtig.
»Ach, Fay«, seufzte er und dann senkte er den Kopf und küsste mich.
Es war kein vorsichtiger Kuss. Er war verlangend und gierig. Ich fühlte seine Lippen, ich roch seinen Veilchenduft, der stärker wurde, wie immer, wenn ich in der Nähe war. Seine Hand legte sich in meinen Nacken, die andere um meine Taille, um mich noch fester an ihn zu schmiegen.
Er drückte mich an die Mauer, ich fühlte, wie meine Füße den Boden verloren, weil er mich etwas hochhob, um sich der Länge nach an meinen Körper pressen zu können. Sein Mund wanderte von meinen Lippen die Linie meines Kiefers entlang zu meinem Hals und wieder zurück. Er küsste mich mit verzweifeltem Hunger und ich spürte, wie der Hunger sich zu etwas anderem veränderte.
»Hört sofort auf! Unzucht auf geweihtem Boden!«
Lee hatte gerade an meinem Hals gesaugt und ließ mit einem lauten Schmatzen ab und mich auf den Boden.
Über einen kiesgestreuten Weg kam eine Nonne auf uns zu. Die sah sehr wütend aus und schwenkte einen Besen.
Lee nahm meine Hand und zog mich durch das Tor zurück zur Hauptstraße. Wir hörten die Nonne noch ein paar Verwünschungen
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