Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
Vom Netzwerk:
zufriedenstellt«, sagte Li.
    »Davon gehe ich aus«, erwiderte Petros Makarios.
    Li legte nun auch das Bündel mit der Wasserzeichenform auf den Tisch.
    »Und dies zur sicheren Verwahrung …«
    Petros Makarios nahm das Bündel und sah sich an, was es enthielt. Dann rief er zwei Diener herbei, die sowohl die Papierbogen als auch die Wasserzeichenform forttrugen. Sie verschwanden beide durch die Tür in einen Nebenraum.
    Li hatte keine Ahnung, wo die Form aufbewahrt wurde. Auch wenn sie es war, die sie geschaffen hatte, bekam sie dieses kunstvoll verbogene Stück Metall immer nur dann ausgehändigt, wenn neue Blätter mit dem erhabenen Zeichen des göttlichen Kaisers gefertigt werden sollten.
    Aber die Abstände, in denen das geschah, verkürzten sich in letzter Zeit immer mehr. Offenbar hatte man sich bei Hof an die Qualität von Lis Papierbogen gewöhnt.
    Der Logothet holte aus einem Fach, das in den Tisch eingelassen war, einen Leinenbeutel voller Münzen hervor und schob ihn zu Li. »Deine Arbeit ist gut, und es gibt bereits Stimmen, die sich wünschen, dass du noch mehr liefern könntest.«
    »Herr, ich arbeite bis zum Rand der Erschöpfung. Um mehr liefern zu können, müsste ich Lehrlinge ausbilden und sie zu ebensolchen Meistern meines Handwerks machen, wie ich es selber bin.«
    »Wer hindert dich?«
    »Das Gildengericht.«
    »Warum hast du keine höheren Instanzen angerufen? Unsere Stadt ist in der ganzen Welt berühmt für ihr ausgefeiltes Recht, das auf dem großartigen Kodex Justinians gründet und jedermann Gerechtigkeit widerfahren lassen soll, sodass es Gott ein Wohlgefallen ist.«
    »Man sagte mir, dass ein solches Ansinnen keine großen Erfolgsaussichten habe.«
    »Wer hat dir dies gesagt?«
    »Ragnar der Weitgereiste, der am Hof für seine Verdienste wohlbekannt ist, seit er dem Kaiser persönlich das Leben rettete.«
    Ein kaltes Lächeln spielte um den dünnlippigen Mund des Logotheten. »Ja, ja, davon spricht er viel. Und andere, die dabei waren und die Ereignisse in sehr verschiedener Weise schildern, ebenfalls … Wie auch immer, ich werde mich deiner Sache annehmen und sehen, ob und was ich für dich tun kann, Evangelia.«
    »Ich danke Euch, Herr.«
    Dass er sie mit ihrem Namen angesprochen hatte, konnte Li durchaus als Auszeichnung ansehen – das war ihr bewusst. Offenbar hatte sich Ragnars Überlegung als zutreffend erwiesen. Der Zeitpunkt war gekommen, dass zumindest einige am Hof die Herstellung von Papier als unverzichtbar ansahen. Gut so, dachte Li. Dann konnte der Tag nicht mehr weit sein, da ihr auch in dieser Sache endlich Gerechtigkeit widerfahren würde und sie über die engstirnigen Mitglieder des Gildengerichts triumphieren konnte.
    »Du kannst jetzt gehen«, sagte Petros Makarios, ohne Li noch einmal anzusehen. »Ich werde dich durch einen Boten wissen lassen, wann wir deine Dienste wieder brauchen.«
    »Sehr wohl, Herr.«
    Die Wächter, die Li und Christos hergeführt hatten, begleiteten sie auch wieder hinaus. Wie bedauerlich, dass du all dies nicht mehr miterleben kannst, Vater!, dachte sie, während sie mit Christos an der Seite und flankiert von den Wächtern auf einem anderen Weg aus dem Palast hinausgeführt wurde, als sie ihn betreten hatte. Oder kannst du all das vielleicht doch aus dem Reich der Toten heraus sehen?, fragte sie sich. Dass ich Papier für das Wohl eines Kaisers schöpfe?
    Alles schien sich zurzeit in eine Richtung zu entwickeln, die ihr gefiel. Sie fand durch ihr Talent und ihre Arbeit ein Auskommen und war dabei freier als je zuvor in ihrem Leben. Allerdings blieb es ihr immer Anlass zu höchster Wachsamkeit, was ihrem Vater einst in Bian, der glorreichen Hauptstadt des Himmelssohnes, widerfahren war. Das Glück, das auf dem Wohlwollen mächtiger Männer ruhte, konnte sich im Handumdrehen in sein Gegenteil verkehren, wenn der Stern dieser Männer fiel. Doch daran mochte Li im Augenblick lieber nicht denken.
    Eher dachte sie daran, dass trotz der überaus glücklichen Wendung ihres Schicksals, seit sie den Boden des Neuen Roms betreten hatte, ihr Glück noch einen entscheidenden Mangel hatte. Einen Mangel, dessen sie sich aufs Neue und stärker als je zuvor bewusst geworden war, als Arnulf von Ellingen plötzlich vor der Tür ihrer Werkstatt stand.
    Als sie den Palast verlassen hatten, gingen sie durch die erleuchteten Hauptstraßen am Hippodrom vorbei. Der gewaltige, langgezogene Bau wirkte wie eine kleine Stadt für sich. In den Gängen unter den

Weitere Kostenlose Bücher