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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Berufung zur Armut, sondern vermutlich eher ein unstillbarer Drang zur Gelehrsamkeit veranlasst, die drei Gelübde abzulegen.
    Südlich des großen Hippodroms, in dem zigtausend Menschen den Pferderennen zusahen und der Kaiser sich dem Volk zeigte, gab es einige Viertel mit eng beieinanderstehenden Häusern. Meist waren es Lagerhäuser von Händlern, deren Geschäften die räumliche Nähe eines weiteren Hafens und des Hippodroms zugute kam.
    »Achtet auf Taschendiebe!«, riet Fra Branaguorno, als sie sich durch die geschäftigen und für Arnulfs Empfinden völlig überfüllten Gassen zwängten, die vom Hippodrom geradewegs in Richtung des Kaiserpalastes führte.
    »Wenn Euch die Straßen dieser Gegend überfüllt vorkommen, so lasst Euch gesagt sein, dass sie im Moment beinahe noch menschenleer sind …«, meinte Fra Branaguorno lachend.
    »Was sagt Ihr da?«, entfuhr es Arnulf.
    »… verglichen mit den Tagen, an denen der Kaiser sich im Hippodrom zeigt«, vollendete der Mönch seinen Satz. »Dann ist hier wirklich der Teufel los!« Branaguorno bekreuzigte sich. »Man mag mir diese Ausdrucksweise verzeihen, und gewiss will ich damit trotz aller Gegensätze im Glauben nicht gesagt haben, dass die Stadt Konstantins je etwas mit dem Teufel zu tun hätte …«
    »Nun, wenn wahr ist, was Ihr sagt, können wir wohl nur hoffen, die Stadt bereits verlassen zu haben, wenn das nächste Mal im Hippodrom ein Spektakel stattfindet!«, sagte Arnulf.
    »Eure Hoffnung ist aussichtslos, Arnulf. Ein paar Tage länger werden wir hier in Konstantinopel schon zubringen müssen …« Mehr sagte er nicht, denn jedes weitere Wort wäre zu viel gewesen. Die Stadt hatte Hunderttausende von Ohren, und man konnte nie wissen, ob nicht zufällig jemand mithörte, der die Sprache der Fremden verstand und vielleicht auch aus bruchstückhaften Äußerungen die richtigen Schlüsse zu ziehen vermochte.
    Und der Auftrag, mit dem Arnulf von Ellingen vom westlichen Kaiser in den Osten geschickt worden war, musste unter allen Umständen geheim bleiben.
    Sie erreichten eine Nebenstraße, in der weit weniger Menschen waren. Ein paar verkrüppelte Kriegsveteranen saßen am Straßenrand auf einer Treppenstufe. Männer mit blonden oder rötlichen Haaren, die von weither kamen und in den Söldnertruppen des östlichen Kaisers gedient hatten. Einem fehlten ein Arm und ein Bein, einem anderen der rechte Arm und ein Ohr, so als hätte ein Schwerthieb beides abgetrennt. Gero starrte die Männer ein paar Augenblicke zu lang an. Auch wenn es im Reich des Sachsenkaisers sicher nicht weniger Krieg und Gewalt gab als hier, hatten weder Gero noch Arnulf Kriegskrüppel dieser Art und in größerer Zahl gesehen. Aber man erzählte sich über die Medizin des Ostens wahre Wunderdinge, und so mochte es gut sein, dass hier mancher Krieger Verletzungen überlebte, die andernorts den sicheren Tod bedeuteten.
    Vor einem Gebäude, das zwischen den umliegenden mehrstöckigen Lagerhäusern klein wirkte, zügelte Fra Branaguorno sein Pferd und stieg aus dem Sattel. Seiner schlaksigen Gestalt wegen wirkte er dabei sehr unbeholfen. Die Kapuze seiner Kutte trug er über dem Kopf, und er achtete darauf, dass sie nicht verrutschte.
    Branaguorno machte die Zügel des Pferdes an einer Querstange vor dem Gebäude fest und ging zur Tür. Dort klopfte er.
    Ein Mönch mit rundem Gesicht und roten Wangen öffnete. Arnulf schätzte ihn auf nicht älter als Mitte zwanzig.
    »Fra Branaguorno!«, entfuhr es dem rundlichen Mönch. »Wir haben Euch bereits lange erwartet!«
    »Die Reisewege sind unsicher geworden, Bruder Markus«, gab Branaguorno mit gedämpfter Stimme zurück. Er deutete auf Arnulf und Gero. »Ich darf Euch Arnulf von Ellingen und seinen Knappen Gero vorstellen. Wir brauchen Unterkunft und Verpflegung. Und außerdem habe ich ein versiegeltes Dokument für Euren Oberen.«
    »Kommt herein!«, sagte Bruder Markus, bei dem Arnulf sich fragte, woher er wohl stammte. Der dickliche Mönch hatte Latein gesprochen, das Arnulf gut verstand, auch wenn er zugeben musste, dass ihm die Sprache der Italiener näher war. Letztere hatte er während der kaiserlichen Feldzüge in Italien erlernt, an denen teilzunehmen seine Pflicht gewesen war, und er konnte sich fast fließend darin verständigen. Bei reinem Latein kamen ihm die Wörter manchmal deutlich schwerfälliger über die Lippen.
    Aber die Art und Weise, in der Bruder Markus das Lateinische aussprach, war Arnulf vertraut.
    »Ihr stammt

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