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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Stadt verlassen, um sich nicht anzustecken, und auf den Friedhöfen von Juden, Christen und Muslimen fanden jetzt täglich Beisetzungen entsprechend den jeweiligen Gepflogenheiten statt. Da Gao Muslim geworden war, wurde er zusammen mit ein paar anderen niederen Bediensteten und Sklaven in einer kurzen Zeremonie beerdigt. In Tücher gehüllt – wozu einige der Lumpen aus dem Vorrat für die Papierherstellung herhalten mussten – wurde er unter die Erde gebracht.
    Li stand etwas abseits und sah dabei zu. Meister Wang war zu schwach gewesen, um dabei sein zu können.
    »Wer weiß, wie lange man überhaupt noch jemanden bestatten kann, wenn das Fieber erst einmal die Totengräber dahingerafft hat!«, sagte Meister Wang später, als Li ihm von der Zeremonie berichtete.
    Es hieß, dass alle Hospitäler Jerusalems hoffnungslos überfüllt seien und sich bereits ein großer Teil der Pfleger selbst angesteckt habe. Die Symptome waren immer dieselben. Zuerst ein paar Tage Mattigkeit, dann starke Fieberschübe, Leibschmerzen und Verstopfung.
    Auch das Haus von Abu Khalil blieb nicht verschont. Der zwölfjährige Ahmad erkrankte an dem Fieber ebenso wie Fadia. Als Li zum Muristan ging, wie sie es ihrem Vater versprochen hatte, wies man sie gleich an der Tür ab.
    »Dein Leid mag so groß sein, wie es will«, sagte zu ihr einer der Mönche, die hier versuchten, die Versorgung der Kranken aufrechtzuerhalten. »Wir können niemandem mehr helfen – wahrscheinlich nicht einmal uns selbst.«
    Auch die Nächstenliebe der Christen fand offenbar ihre natürlichen Grenzen.
    Die Tage gingen dahin, und auch Li spürte eine lähmende Mattigkeit in sich – wie viele, die selbst nicht von der Krankheit ergriffen, aber anscheinend von ihrem üblen Hauch ebenfalls eines Teils ihrer Kräfte beraubt wurden.
    In der Papiermacherwerkstatt stand die Arbeit jetzt ebenso still wie in den Schmieden und bei den Zimmerleuten und Fassmachern. Der Großteil der Gäste, die in Abu Khalils Herberge bewirtet worden waren, hatte mitsamt Tieren und Waren die Stadt verlassen. Wer nicht aus irgendeinem Grund zum Bleiben gezwungen war, machte sich schnellstens auf den Weg. Andere verließen ihre Häuser nicht mehr oder sammelten sich in den Moscheen, Kirchen und Synagogen der Stadt, um jenen Gott, um dessen richtige Verehrung immer wieder so heftig gestritten wurde, um Hilfe zu bitten. Ragnar der Weitgereiste und seine Männer bereiteten offenbar ihre Abreise vor, denn sie hatten Vorräte eingekauft.
    Firuz ließ sie zu sich rufen. Li hatte ihn seit Tagen nicht gesehen. Er wirkte hohlwangig und blass. Allerdings glaubte Li nicht, dass er vom Fieber befallen war. Eher sah er aus wie jemand, der seit Tagen nicht geschlafen hatte.
    Zögernd betrat Li den Raum – schon deshalb, weil sie ungern mit ihm allein war.
    »Du brauchst keine Angst zu haben, ich werde dich nicht anrühren«, versprach er. »Nicht eine Dschinn-Frau!«
    »Was?«
    »Ich glaube nicht an Dschinns, solange mir keiner leibhaftig begegnet ist. Aber die frommen Korangelehrten in der Stadt streiten darüber, ob das nicht der Grund für die Seuche sein könnte!«
    »Aber – das ist doch …«
    »Dies ist der Grund dafür!«, sagte Firuz. Er hielt ein Blatt in ihre Richtung, das unschwer als eines der Papiere aus ihrer Werkstatt zu erkennen war. Sie ging ohne Furcht auf ihn zu. Dabei vermied sie es – ganz entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit –, den Blick zu senken, sondern sah ihn die ganze Zeit über an. Er sollte sie nicht für schwach halten oder ihre anerzogene Höflichkeit als ein Zeichen dafür missdeuten, dass sie bereit war, sich ihm auch als Frau zu unterwerfen.
    »Sieh es dir an!«, forderte er. »Halte es ins Licht. Vielleicht fällt dir etwas auf!«
    Sie nahm das Blatt, hob es ins Licht und sah das Wasserzeichen. Es bestand aus einem Koranvers. Li hatte ihn nachgeformt, so gut und kunstfertig sie vermochte.
    »Was ist falsch daran?«, fragte sie. Sie kannte zwar die Buchstaben, aber aufgrund ihrer geringen Kenntnisse in der Sprache des Propheten wusste sie nicht einmal um die genaue Bedeutung dieser Zeile.
    »Komm, ich will es dir zeigen«, sagte Firuz und führte sie zu einem Tisch, auf dem ein Koran lag – aufgeschlagen an jener Stelle, wo der betreffende Vers zu finden war. »Siehst du die roten Alifs?«, fragte Firuz.
    »Ich habe sie ausgelassen, weil die roten Alifs nur Lesehilfen sind. Sie gehören nicht zum heiligen Text, den Mohammed empfing!«
    »Von wem hast du

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