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Die Papiermacherin

Titel: Die Papiermacherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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beten, dann würde sie das eben für ihn tun. Es konnte nicht schaden, so viel übernatürlichen Beistand wie nur irgend möglich herbeizurufen – vor allem dann, wenn man sowieso in einer hoffnungslos erscheinenden Lage war. Genau das traf auf Gao zu. Er hatte nichts zu verlieren.
    Sie durchschritt das Mittelschiff und beobachtete überall in den einzelnen Nischen Gruppen von Gläubigen oder Mönchen, die beteten. In den Nischen befanden sich tempelähnliche Aufbauten, die sie an steinerne Schreine erinnerten. Sie erreichte den Chor und gelangte in ein zweites, größeres Atrium, das von einem Säulengang umgeben war. Diesem folgte sie zu einem ebenfalls von Säulen gesäumten Rundgang, in dessen Mitte sich ein weiterer steinerner Aufbau fand. Sie sah einige Mönche davor beten und murmelte selbst ein paar Worte vor sich hin, wobei sie sich fragte, ob es nicht ziemlich vermessen war, von einem Gott Hilfe zu erwarten, zu dessen Glauben man sich gar nicht bekannte.
    Möge unser Schicksal zum Guten gewendet werden!, dachte sie inbrünstig. Vor allem das von Gao, der nichts getan hat, um diese schreckliche Krankheit zu verdienen …
    Li hörte Schritte, die sie aus ihrer kurzen Versenkung weckten. Sie wandte den Kopf und sah einen Mönch, der jetzt stehenblieb und ihren erstaunten Blick erwiderte.
    Sie hatte sich nicht getäuscht, als sie glaubte, Bruder Anastasius im Gedränge der Straße zu erkennen.
    Nun stand er da und starrte sie an, als wäre sie selbst eine überirdische Erscheinung. Er kam näher. Li bemerkte, dass er sich mit einer blau gefärbten Kordel umgürtet hatte, wie es offenbar in dieser Stadt für Christen üblich war.
    »So führt uns der Herr wieder zusammen«, sagte Bruder Anastasius.
    »Seid gegrüßt, Bruder Anastasius. Wart Ihr nicht eigentlich auf dem Weg nach Konstantinopel?«
    »Gewiss – und das bin ich noch. Aber in Syrien herrscht Krieg. Nicht etwa zwischen Christen und Muslimen, sondern unter den Muslimen selbst. Außerdem wurde ich in Bagdad Opfer von Straßenräubern, die mich in einer engen Gasse überwältigt haben und ohne eine einzige Kupfermünze zurückließen.«
    »Wie gedenkt Ihr, nach Konstantinopel zu gelangen?«, fragte Li.
    »Mit einem Schiff. Ein normannischer Händler namens Ragnar der Weitgereiste weilt zurzeit hier in Jerusalem und folgt seinen verworrenen Geschäften. Er ist ein Veteran der Warägergarde und hat Verbindungen zu höchsten Würdenträgern. Man sagt, dass er dem Kaiser selbst bei irgendeiner Gelegenheit das Leben rettete.«
    »Und er wird Euch mitnehmen, ohne etwas dafür zu verlangen?«
    Bruder Anastasius schüttelte den Kopf. »Deine Frage klingt fast, als würdest du ihn kennen und um seinen ausgeprägten Geschäftssinn wissen. Er nimmt mich mit, weil er glaubt, dass es ihm Glück bringt, einen Mann Gottes an Bord zu haben. Inzwischen mache ich mich im Muristan nützlich und pflege Kranke …«
    »Muristan – ein Irrenhaus?«, vergewisserte sich Li, die den persischen Ursprung dieses Wortes erkannte.
    Bruder Anastasius lächelte nachsichtig. »Nein, es ist ein Spital für kranke Pilger und Fremde, die sich nicht mehr selbst helfen können.«
    »Gibt es gute Ärzte dort?«
    »Ja, die gibt es, ohne dass ich behaupten möchte, das letztlich beurteilen zu können. Warum willst du das wissen?«
    Und so erzählte Li von Gao und ihrer Verzweiflung über seinen schlechten Gesundheitszustand. »Sollte es ihm eines Tages noch schlechter gehen – glaubt Ihr, dass man ihn dort aufnehmen und behandeln würde?«
    »Gewiss.«
    »Obwohl er Muslim ist?«
    »Auch dann. Allerdings sollte er das Muristan im Moment meiden. Es grassiert gerade ein schlimmes Fieber in der Stadt, das besonders unter den Pilgern wütet. Das Muristan ist völlig überbelegt. Es gibt so viele Kranke und Siechende, dass man ihnen kaum allen helfen kann. Das ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass ich dort eingesprungen bin und meine Zeit damit verbringe, Kranken beizustehen – abgesehen von meinen täglichen Gebeten, die ich nach Möglichkeit hier, am Grab Christi, verrichte.« Er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Ich werde Gao in meine Gebete einschließen.«
    »Habt Dank«, murmelte Li.
    »Der Herr sei mit dir.«
     

Vierzehntes Kapitel

Neue Wege
     
     
     
    »Man mag dich in Zukunft die Meisterin des Wasserzeichens nennen«, sagte Meister Wang, nachdem er die fertigen Blätter einzeln ins Licht gehalten hatte. Die Werkstatt war immer noch ein Provisorium. Aber immerhin

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