Die Party Queen von Manhattan - Roman
anscheinend nie zur Ruhe kam. Ich war die letzten drei Abende nicht zu Hause gewesen, weil ich irgendwelche Events besuchen musste. Dabei war ich Kelly keine Sekunde von der Seite gewichen, während sie Beratungsgespräche mit Klienten führte, lahme Barkeeper feuerte, Promis bauchpinselte und Presseausweise ausstellte. Die Arbeitszeit war noch schlimmer als in der Bank - ein ganzer Tag im Büro gefolgt von einer ganzen Nacht auf der Piste -, aber wenigstens war ich im Büro unter lauter jungen, hübschen Leuten, und wenn man sich schon fünfzehn Stunden am Tag mit einem einzigen Thema beschäftigen musste, dann doch lieber mit DJs oder Champagnercocktails als mit diversifizierten Portfolios.
SMS!, leuchtete es auf meinem Farbdisplay auf. SMS? Ich hatte noch nie eine bekommen oder selbst geschrieben. Ich zögerte kurz, aber dann drückte ich doch auf »Lesen«.
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Huch! Was war das denn? Eine kryptische Einladung zum Dinner, so viel stand fest, aber wo und mit wem? Der einzige Hinweis, die Spur, die zum Absender führte, war eine Nummer, die ich nicht kannte. Als ich sie wählte, meldete sich sofort eine atemlose Frauenstimme.
»Hi, Bette! Alles klar? Bist du dabei?«, sagte sie. Und schon verflüchtigte sich meine leise Hoffnung, dass sich der Anrufer nur verwählt hatte.
»Äh, hi.’tschuldigung, aber wer ist da, bitte?«
»Bette! Ich bin’s, Elisa. Falls du dich erinnerst. Wir arbeiten seit einer Woche rund um die Uhr zusammen. Die ganze Mannschaft geht nachher noch feiern, dass wir die Candace-Party glücklich hinter uns haben. Die üblichen Verdächtigen. Wir sehen uns um neun?«
Eigentlich war ich mit Penelope im Black Door verabredet, weil ich sie während meines Arbeitslosenwinterschlafs kaum zu Gesicht bekommen hatte. Aber die erste Einladung meiner neuen Kollegen konnte ich auch nicht gut ausschlagen.
»Klar, sicher. Klingt klasse. Wie hieß das Restaurant noch mal?«
»Cipriano Downtown.« So wie sie sich anhörte, war sie leicht fassungslos, dass ich das nicht sofort aus ihren SMS-Kürzeln herausgelesen hatte. »Das kennst du doch bestimmt?«
»Aber ja. Ein toller Laden. Wäre es okay, wenn ich eine Freundin mitbringe? Ich hatte heute Abend nämlich schon was vor und...«
»Dann klappt es also! Bis später. Und bring sie ruhig mit!«, krähte sie und legte auf.
Ich klappte mein Handy zu und tat das, was jeder New Yorker als Erstes tut, wenn er von einem Restaurant erfährt, von dem er noch nie etwas gehört hat: Ich schlug es im Zagat nach. Einundzwanzig Punkte für das Essen, zwanzig für das Ambiente und immerhin noch satte achtzehn für den Service. Und es war auch kein Name, der nur aus einem einzigen harmlos klingenden Wörtchen bestand wie zum Beispiel Rocco, Butter oder Lotus, bei dem man fast unter Garantie einen besonders misslungenen Abend erwarten konnte. Es ließ sich also alles recht vielversprechend an.
»Sehen oder gesehen werden« - eine Alternative, die sich nicht stellt bei diesem Norditaliener in SoHo, wo sich die »Bussigesellschaft« der Eurobabes trifft, um an dem einen oder anderen Salatblättchen zu knabbern. Dabei ist die »kreative« Küche erstaunlich gut. Zwar kann man sich dort als Einheimischer wie ein »Fremder im eigenen Land« vorkommen, aber die hohe Punktezahl spricht für sich.
Okay, dann also auf zur Eurobabe-Nacht. Was auch immer das heißen mochte. Kaum war die eine Entscheidung gefallen, baute sich schon die nächste drohend vor mir auf. Was sollte ich anziehen? Elisa und der Rest der Truppe erschienen abwechselnd in schwarzen Hosen, schwarzen Röcken oder schwarzen Kleidern im Büro, ein Rezept, an das man sich wohl gefahrlos halten konnte. Ich rief Penelope in der Bank an.
»Hi, ich bin’s. Wie geht’s?«
»Frag nicht. Du kannst von Glück sagen, dass du dieser Knochenmühle entronnen bist. Braucht Kelly vielleicht noch Verstärkung?«
»Schön wär’s. Aber sag mal - was hältst du davon, wenn du heute Abend alle kennen lernst?«
»Alle?«
»Na ja, nicht alle, nur meine engsten Kollegen. Ich weiß,
dass wir schon andere Pläne hatten, aber weil wir doch immer ins Black Door gehen, dachte ich mir, es wäre vielleicht mal eine nette Abwechslung, mit ihnen essen zu gehen. Hast du Lust?«
»Klar.« Sie klang todmüde. »Avery zieht nachher noch mit ein paar alten Freunden aus der Highschool um die Häuser, da wollte ich wirklich nicht mit. Aber ein Abendessen hört sich gut an. Wo soll es denn
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