Die Party Queen von Manhattan - Roman
steigen?«
»Cipriani Downtown. Warst du da schon mal?«
»Nein, aber meine Mutter redet von nichts anderem mehr. Sie liegt mir ständig in den Ohren, dass ich es mal ausprobieren soll.«
»Langsam krieg ich die Krise: Deine Mutter und mein Onkel kennen jeden angesagten Laden in der Stadt, und wir zwei Hübschen? Null Ahnung von nix.«
»Wem sagst du das?«, seufzte sie. »Avery ist genauso - er kennt alles und jeden. Mich interessiert das alles nicht. Ich finde es schon anstrengend genug, einfach nur zu funktionieren. Aber heute Abend hätte ich Lust. Ich würde gern Leute kennen lernen, die davon leben, dass sie Partys organisieren. Und das Essen soll echt spitze sein.«
»Na, damit werden sie meine Leutchen nicht vom Hocker reißen. Ich war diese Woche vierzig Stunden lang mit Elisa zusammen, aber ich habe sie nie einen Bissen essen sehen. Anscheinend ernährt sie sich ausschließlich von Zigaretten und Cola Light.«
»Die Diät der Powerfrauen, hm? Toll. So viel Engagement für den Job kann man nur bewundern«, seufzte Penelope. »Ich mache in ein paar Minuten Feierabend. Sollen wir uns nachher ein Taxi teilen?«
»Klasse Idee. Ich hol dich kurz vor neun an der Ecke 14. und Fifth ab. Wenn ich ins Taxi steige, gebe ich dir kurz Bescheid«, sagte ich.
»Super. Ich warte dann unten. Bis gleich.«
Ich pirschte mich an den Kleiderschrank heran. Nach ein paar An- und Ausziehübungen entschied ich mich für eine enge schwarze Hose und ein schlichtes schwarzes Top. Ich grub ein paar halbwegs anständige Stöckelschuhe aus, die ich bei einem Einkaufsbummel in SoHo erstanden hatte, und nahm mir noch die Zeit, meinen schwarzen Mopp glatt zu föhnen. Ich hatte ihn von meiner Mutter geerbt, eine Mähne, wie sie sich jeder wünscht, bis er merkt, wie viel Arbeit man damit hat: Man kann sie nicht zum Pferdeschwanz bändigen, und wenn man weggehen will, kostet sie einen jedes Mal eine halbe Stunde. Zum krönenden Abschluss schminkte ich mich sogar, was so selten vorkam, dass das Bürstchen für die Wimperntusche verklumpt und ein paar Lippenstifte in ihren Hülsen festgeklebt waren. Egal! Ich hatte »The Living Years« von Mike & the Mechanics aufgelegt und trällerte lauthals mit, während ich mein Gesicht verschönerte. Kaum zu glauben, aber es machte richtig Spaß. Der Aufwand lohnte sich. Dank der dahingeschmolzenen Pfunde quollen mir keine Speckröllchen mehr über den Hosenbund, obwohl mir an den entscheidenden Stellen die entscheidenden Rundungen erhalten geblieben waren. Bei meiner ziemlich stümperhaften Pinselei mit dem Maskara waren perfekt getuschte Wimpern herausgekommen, und meine sonst so langweiligen grauen Augen wirkten auf einmal sexy und temperamentvoll.
Penelope erwartete mich, wie vereinbart, an der Ecke, und um Punkt neun stiegen wir an unserem Fahrtziel aus dem Taxi. Die ganze Welt schien sich am West Broadway an kleinen Tischchen unter freiem Himmel versammelt zu haben, geschniegelt und gebügelt und unverschämt happy. Wir fanden das Restaurant nicht gleich, weil man leider auf die Anbringung eines Schilds verzichtet hatte. Vielleicht ist das nur praktisch gedacht: Weil die meisten New Yorker In-Lokale nach spätestens sechs Monaten sowieso sang- und klanglos wieder eingehen, hat man beim Auszug eine Sache weniger, um die
man sich kümmern muss. Aber zum Glück hatte ich mir aus dem Zagat die Hausnummer gemerkt. Wir sahen es schon von weitem. Die Bar wurde dicht von spärlich, aber teuer bekleideten Frauen belagert, deren ältere männliche Begleiter dafür sorgten, dass ihre Cocktailgläser niemals leer wurden.
»Bette! Hi, hier drüben!«, rief Elisa. Sie lehnte, ein Champagnerglas in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand, an einem der Stühle, so verführerisch posierend, dass man Angst haben musste, ihre dürren Glieder würden jeden Augenblick mitten durchbrechen. »Die anderen sind alle schon drin. Schön, dass du es geschafft hast!«
»Mein Gott, ist die mager«, flüsterte Penelope, während wir hinübergingen.
»Hi«, sagte ich und drückte Elisa das obligatorische Begrü ßungsküsschen auf die Wange. Als ich ihr Penelope vorstellen wollte, reckte sie mir mit geschlossenen Augen noch immer das Gesicht entgegen. Sie rechnete wohl mit einem Doppelbussi. Nachdem ich erst kürzlich in der Cosmopolitan gelesen hatte, dass der traditionelle europäische Zweifachschmatzer eine alberne, affektierte Angewohnheit war, beschloss ich, von heute an hart zu bleiben. Von mir würde es
Weitere Kostenlose Bücher