Die Party Queen von Manhattan - Roman
sein. Irgendwie traute ich der Sache noch immer nicht ganz. Ob Kelly wohl wirklich die schon geradezu abartig muntere Frohnatur war, als die sie daherkam? Bis jetzt hatte sie ihren gnadenlosen Optimismus jedenfalls eisern durchgehalten. Und obwohl Will ihr wahrscheinlich keine große Wahl gelassen hatte, schien sie sich doch ehrlich zu freuen, mich als Neuzugang gewonnen zu haben. Ich hatte sie nun vier volle Tage gründlichst unter die Lupe genommen, um irgendeinen verborgenen Makel oder ein geheimes Laster an ihr aufzuspüren, aber bis jetzt war es mir nicht gelungen, auch nur den allerkleinsten Charakterfehler zu finden. Sollte sie wirklich nichts weiter als eine liebe, nette, reizende und erfolgreiche Person sein? Sie hatte nur eine einzige echte Schwäche, ihre Vorliebe für lustige E-Mails, die mit Smileys übersät waren. Aber da sie das Wort Palaver noch kein einziges Mal in dem Mund genommen hatte und mir auch nicht mit blöden Sprüchen kam, sah ich mehr als gnädig darüber hinweg.
Mitten in einer angeregten Diskussion darüber, ob sich Kelly wohl im reifen Alter von vierunddreißig Jahren die Lider hatte korrigieren lassen, klingelte mein Handy. Hastig brachte ich es
zum Schweigen. Aber ich hätte mich nicht zu beeilen brauchen. Es störte nicht nur niemanden, dass ich ranging, man erwartete es sogar von mir.
»Hi, Bette. Na, was macht die Kunst?«
Es war Michael, und er klang ein wenig verwundert.
»Michael, Schatz. Wie geht es dir?« Schatz? Das musste mir irgendwie rausgerutscht sein. Der ganze Tisch, am meisten aber Penelope, spitzte die Ohren.
»Schatz?« Michael lachte. »Sag mal, bist du blau? Ich habe früher freibekommen. Wenn du mir verrätst, wo du bist, stoße ich noch dazu.«
Ich musste ebenfalls lachen. Was für ein Gedanke, dass der liebe, gute Michael seine üblichen albernen Schoten erzählte, während Davide in den höchsten Tönen von der Villa auf Sardinien schwärmte, die er für August gemietet hatte. »Ich bin gerade mit ein paar Kollegen essen, aber wir müssten in einer Stunde fertig sein. Ich melde mich, wenn ich wieder zu Hause bin.«
»Klar«, sagte er verwirrt. »Aber ruf mich auf dem Festnetzanschluss an, bei meinem Handy ist der Akku leer.«
»Okay, also bis dann.« Ich klappte das Handy zu.
»Das war doch nicht etwa unser Michael?«, fragte Penelope erstaunt.
Elisa hing vor Neugier halb über dem Tisch. »Wer war das? Ein Lover? Ein scharfer Manager aus der Bank? Unausgesprochene Gefühle, zu denen ihr euch nun endlich bekennen könnt, seit ihr nicht mehr zusammenarbeitet? Nun sag schon.«
Obwohl Michael bis über beide Ohren in seine hinreißende Freundin verliebt war und Penelope genau wusste, dass zwischen Michael und mir nicht das Geringste lief, spielte ich mit, denn ich genoss es, zum ersten Mal an diesem Abend im Mittelpunkt des Interesses zu stehen. »Hm, so etwas Ähnliches«, sagte ich und sah auf den Tisch. »Aber es ist noch nicht spruchreif.«
»Ui«, quiekte Elisa. »Wusste ich’s doch! Sag Kelly, sie soll ihn auf die LISTE setzen, dann kann er seine scharfen Bankerfreunde zu unseren Events mitbringen. Klasse! Kommt, Leute. Wir stoßen an. Auf Bette und ihren neuen Freund.«
»So würde ich das nicht unbedingt …«
»Auf Bette!«, riefen sie im Chor und erhoben die Gläser. Penelope machte zwar auch mit, aber sie mied dabei meinen Blick. Alle nippten. Ich genehmigte mir einen großen Schluck und stieß Penelope verschwörerisch in die Seite. Bis zum Nachtisch betrachtete ich die Welt nur noch durch einen weinseligen Schleier.
»Also, Leute. Ich habe mit Amy gesprochen, und sie meint, wir dürfen heute Abend im Bungalow auflaufen«, verkündete Leo und strich sich die perfekt gesträhnten Haare aus der Stirn. Er war der einzige Schwule am Tisch, auch wenn man es kaum glauben konnte, nachdem sich die Gespräche bis jetzt ausschließlich darum gedreht hatten, welche Kosmetiksalons die besten in der Stadt waren, was für schicke neue Männer-Flipflops es bei John Varvatos gab und wie ärgerlich es war, dass ihr Pilates-Training immer erst mit zehnminütiger Verspätung anfing.
»Bungalow? Meinst du Bungalow 8?«, fragte ich. Anscheinend hatte der viele Wein mein Fettnäpfchenradarsystem außer Gefecht gesetzt.
Alles verstummte. Vier perfekt gepflegte und/oder geschminkte Gesichter fuhren zu mir herum. Nach ein paar Sekunden ungläubigen Schweigens überwand sich schließlich Skye, meine Frage zu beantworten.
»Ja«, sagte sie leise, ohne mir
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