Die Party Queen von Manhattan - Roman
organisierst du schon selbstständig einen ganzen Event. Dafür habe ich fast ein ganzes Jahr gebraucht.«
»Dafür? Wofür?«, fragte ich.
»Für beides«, sagte sie.
Wir lachten. Obwohl sie mir in dieser Sekunde tatsächlich wie eine Freundin vorkam, machte ich lieber Schluss, bevor ihr womöglich noch einfiel, mich zu einer weiteren Party zu zitieren.
Ich zog mich schnell um, verpasste Millington zum Abschied ein paar Krauleinheiten, warf noch einen letzten bösen Blick auf die Blumen und düste nach unten, um mir ein Taxi zu nehmen. Simon und Will kabbelten sich, als ich ankam. Nachdem ich die Wohnungstür aufgeschlossen hatte, wartete ich erst mal in ihrer ultramodernen Diele, bis der Sturm vorüber war. Ich nahm unter dem knallbunten Warhol Platz, der über der Granitbank an der Wand hing. Wir hatten das Bild im Kunstunterricht durchgenommen, aber ich konnte mich an nichts mehr erinnern, was man mir damals vielleicht darüber beibringen wollte.
»Ich begreife einfach nicht, wie du diesen Menschen zu uns nach Hause einladen kannst«, hörte ich Simons Stimme aus der Bibliothek.
»Was ist denn daran so schwer zu verstehen? Er ist mein Freund, er ist in der Stadt, und es wäre unhöflich, ihn nicht einzuladen«, antwortete Will unerschütterlich.
»Will, der Mann hasst Schwule. Er verdient seinen Lebensunterhalt damit, dass er Schwule hasst. Er wird dafür bezahlt , dass er Schwule hasst. Wir sind schwul. Ist das wirklich zu hoch für dich?«
»Firlefanz, Darling. Firlefanz. Manches von dem, was man in der öffentlichen Arena von sich gibt, dient nur dem Zweck, eine Kontroverse anzuheizen. Das ist gut für die Karriere. Deshalb muss man es noch lange nicht ernst meinen. Denk doch nur einmal an meine Kolumne von letzter Woche. Wie ich mich in einem Augenblick der Schwäche zu der Aussage habe hinreißen lassen, dass Rap eine eigenständige Kunstform sei. Meinst du vielleicht, meine Leser würden mir einen solchen Unfug abnehmen? Bei Rush ist es ähnlich. Sein Juden-Schwulen-Schwarzen-Hass ist nur für die Einschaltquoten. Persönlich denkt er völlig anders.«
»Du bist ja so naiv, Will. So unendlich naiv. Für mich ist das Thema damit erledigt.« Eine Tür knallte, ein langer Seufzer
ertönte, Eiswürfel klirrten in ein Glas. Zeit für meinen Auftritt.
»Bette! Darling! Ich habe dich gar nicht kommen hören. Hast du unseren kleinen Streit belauscht?«
Ich gab ihm ein Küsschen und hockte mich auf die limonengrüne Chaiselongue. »Und ob. Du willst dir tatsächlich den erzreaktionären Kotzbrocken Rush Limbaugh ins Haus holen?«, fragte ich, obwohl es mich im Grunde kaum überraschte. Bei Onkel Will musste man immer auf alles gefasst sein.
»Jawohl. Er hat mich im Lauf der Jahre sicher schon ein halbes Dutzend Mal eingeladen. Und ich habe ihn immer als reizenden Gastgeber erlebt. Natürlich wusste ich damals nicht, wie stark er an diesen Abenden jeweils unter Medikamenten stand, aber das macht ihn mir irgendwie noch sympathischer.« Er holte tief Luft. »Genug davon. Was gibt es Neues in deinem glamourösen Leben?«
Ich fand es schon immer erstaunlich, dass sich dieser Mann durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen ließ. Ich weiß noch, wie meine Mutter mir, als ich zehn Jahre alt war, erklärt hatte, dass Onkel Will schwul war und Simon sein Partner. Solange zwei Leute miteinander glücklich seien, spielten Dinge wie Geschlecht, Hautfarbe oder Religion keine Rolle (was natürlich nicht für mich galt. Dass mein Zukünftiger aus einem jüdischen Elternhaus zu stammen hatte, verstand sich von selbst. Aber wenn es nicht gerade um ihr eigenes Kind ging, waren meine Eltern die liberalsten und tolerantesten Menschen der Welt.). Ein paar Wochen später kamen Will und Simon zum Essen. Während wir vor Bergen von Rosenkohl und einem vegetarischen Linsengericht saßen, fragte ich mit meiner niedlichen Kleinmädchenstimme: »Onkel Will, wie ist das, wenn man schwul ist?«
Er hob die Augenbrauen, warf meinen Eltern und Simon einen Blick zu und sah mir in die Augen. »Sehr angenehm, Schätzchen, glaub mir. Ich war auch schon mit Frauen zusammen,
aber manche Männer können eben mit Frauen und andere nicht. Wenn du verstehst, was ich meine.« Ich verstand nur Bahnhof, aber ich genoss die gequälten Mienen meiner Eltern.
»Schläfst du mit Simon in einem Bett, so wie Mommy und Daddy?«, hakte ich nach und setzte vorsichtshalber mein engelsgleiches Unschuldsgesicht auf.
»Ja, Darling. Wir sind genau wie
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