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Die Patin

Titel: Die Patin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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aber ist es gar nicht. Die Strecke, die geteilt werden soll, wird als langer Schenkel eines rechtwinkligen Dreiecks aufgefasst, dessen zweiter Schenkel halb so lang ist. Faszinierend, oder?«
    Anton hatte wieder mal seine Augenbraue hochgezogen. »Ich wusste gar nicht, dass du dich für Kunst interessierst, Constanze«, sagte er.
    »Da kannst du mal sehen«, sagte ich und fing trotz der sommerlichen Temperaturen an, mit den Zähnen zu klappern. Ein langer Schenkel eines rechtwinkligen Dreiecks, dessen zweiter Schenkel halb so lang war - hä? Wer kapierte so was? Ich jedenfalls nicht.
    An manchen Tagen passierte einfach zu viel. Heute war so ein Tag. Zuerst hatte ich die halbe Nacht im Internet mit kasparow34 und E4D4 gechattet, dann die Verabschiedung meiner Kinder auf dem Flughafen, die Beerdigung von Annes Vater, unsere Begegnung mit Bernhard und Paschulke mit anschließendem Besuch in der Notaufnahme, wo sie den armen Jo zusammengeflickt hatten. (Abgesehen von der Nase war nichts gebrochen, seine inneren Organe waren noch mal davongekommen. Und das Stück Fleisch, das Henri aus seinem Oberschenkelgebissen hatte, würde vermutlich wieder nachwachsen, hatte der Arzt gesagt.) Als ich endlich wieder nach Hause gekommen war, war ich eigentlich reif fürs Bett gewesen, aber stattdessen hatten mich dort Mimi, Jasper, Trudi und Kevin erwartet, Letzterer mit Baby Samantha auf dem Arm.
    »Du weißt schon, dass Nelly in Urlaub ist?«, hatte ich ihn gefragt.
    »Natürlich«, hatte Kevin geantwortet. »Sie hat mir eine SMS aus dem Flugzeug geschickt.«
    »Oh, nicht zu fassen!«, rief ich, sofort wieder hellwach. »Weiß sie denn nicht, dass das Flugzeug abstürzen kann, wenn man das Handy an Bord nicht ausschaltet?«
    Glücklicherweise war das Flugzeug aber nicht abgestürzt, sondern sicher in Mahon gelandet. Nelly und Julius hatten vorhin schon angerufen und ganz begeistert das Haus, den Pool und die wahnsinnig tolle und supernette Familie von Paris geschildert. Nelly hatte gefragt, ob ich nicht auch fände, dass Priamos ein unheimlich cooler Name sei, und ich hatte geantwortet, doch, für einen Kampfhund, und da hatte sie aufgelegt. Deshalb nahm ich mal an, dass es sich bei Priamos definitiv nicht um einen Hund handelte. Ich hatte Lorenz eine SMS geschickt, in der ich ihn nochmals darauf hinwies, dass ich meine Kinder in jedem Fall unversehrt zurückbekommen wollte, und zwar in jeder Beziehung.
    »Die haben sogar Lego dort«, sagte ich jetzt zu Anton. »Eine ganze Kiste, extra für Julius. Meinst du, sie wollen ihn mit all diesen billigen Tricks dazu bringen, dass er für immer bei ihnen bleiben will?«
    »Nein«, sagte Anton, der meinen Gedankensprüngen mühelos zu folgen schien. »So wie ich Lorenz bisher kennen gelernt habe, wird er heilfroh sein, wenn die drei Wochen um sind.«
    »Und ich erst«, seufzte ich. »Ich wäre ja schon froh, wenn dieser Abend schon mal um wäre.«
    Anton sah mich von der Seite an.
    »Äh, womit ich natürlich nicht sagen wollte, dass ich michnicht freue«, sagte ich. »Es ist nur ... Es war ein furchtbarer Tag bis jetzt. Und meiner Erfahrung nach wird so ein Tag nicht besser. Wenn einmal der Wurm drin ist ...«
    »Jetzt atme einfach mal tief durch und entspann dich«, sagte Anton. »Es wird ein hervorragendes Abendessen geben. Meine Mutter hat wie immer beim besten Caterer der Stadt geordert, und ich wette, du hast heute kaum was gegessen.«
    »Wann auch?«, fragte ich. »Kevin war mit dem Baby da, er sagt, er braucht ab und zu mal eine normale Umgebung, weil seine Familie so verrückt sei. Der arme Junge! Überleg mal, wie verrückt eine Familie sein muss, damit man mein Irrenhaus als normal empfindet! Ich mag den Jungen ja auch. Wenn er nur nicht immer die Hunde mitbringen würde. Stell dir mal vor: Kevins armer Großvater hat mit achtzig Jahren die Frau seiner Träume gefunden, aber sie haben sie in ein Altersheim abgeschoben.«
    »Entspann dich!«, sagte Anton wieder. Wir hielten an einer roten Ampel.
    Ich wusste, dass ich wirres Zeug redete, aber es tat unheimlich gut, mir alles von der Seele zu reden, es war fast wie eine Liste machen. »Und Trudi ist aus ihrer Wohnung geflüchtet, weil Peters Kinder unerträglich waren, und Peter auch, stell dir mal vor, die kleine Garsta hat eine von Trudis Siamkatzen aus dem zweiten Stock geworfen, und Peter hat sie auch noch in Schutz genommen. Er hat gesagt, das arme Kind sei doch nur von seiner Frau aufgehetzt worden, als ob das irgendeinen

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