Die Patin
Abendessen ausrichten kann, ein Gräuel und ein Armutszeugnis für den Hausherrn. Wenn er heute Abend hier nichts Anständiges zu essen serviert bekommt, platzt der Deal.«
»Jetzt übertreibst du aber, Mama«, sagte Anton. »Die Verträge sind doch so gut wie unterschrieben.«
»Aber nur so gut wie«, sagte Antons Mutter. »Körner hat auch ein Übernahmeangebot von Pharma-Decker, und wenn wir ihn nicht davon überzeugen, dass unsere Familie dieselben Werte schätzt wie seine, dann unterschreibt er bei Decker.«
»Weil Deckers Frau besser kocht als du?«, fragte Anton spöttisch.
»Ja«, rief Antons Mutter. »Und weil sie nicht so blöd ist, einen Caterer zu engagieren. Ich blöde Kuh dachte, ich sei besonders raffiniert, wenn ich das Kochen Emile überlasse und mich nur auf die Dekoration konzentriere. Ich dachte, es könnte nichts schief gehen. Aber hätte ich das gewusst, hätte ich lieber selber gekocht!«
»Noch ist es doch dafür nicht zu spät«, sagte ich. »Wenn wir jetzt anfangen, könnten wir doch noch etwas Leckeres kochen.« Polly stierte mich wütend an. »Und was bitte schön?«, belltesie. »Ich habe zufälligerweise gerade kein abgehangenes Rinderfilet für zehn Personen im Haus. Und auch die Trüffel und der Kaviar sind dummerweise gerade ausgegangen.«
»Was haben Sie denn im Haus?«, fragte ich.
»Constanze, das ist jetzt wirklich nicht auch noch dein Problem«, sagte Anton.
»Mal sehen«, Polly machte den Kühlschrank auf »Pfifferlinge und Blaubeeren vom Markt, Lachs für morgen, Milch, Aufschnitt, Joghurt.«
»Und in der Tiefkühltruhe?«
»Bohnen, Putenschnitzel und Brötchen.«
»Das hört sich doch schon mal gut an«, sagte ich. »Und Sie haben sicher Mehl, Butter und Eier vorrätig? Zwiebeln, Knoblauch, Essig, Ol. Und vielleicht noch Sahne?«
»Ja, natürlich«, sagte Polly und goss sich noch einen doppelstöckigen Whiskey ein. »Aber die Pfifferlinge und der Lachs waren für zwei Personen gedacht, nicht für zehn.«
»Ach, das ist alles eine Frage der Zubereitung«, sagte ich. »Haben Sie vielleicht einen Gemüsegarten?«
»Ja, schon«, sagte Polly und leerte ihr Glas wieder mit wenigen Schlucken. »Aber im Brokkoli sitzt der Kohlweißling. Im Augenblick kann man nur Zucchini ernten und Pflücksalat.« Noch während sie sprach, hellte sich ihr Gesicht plötzlich auf. »Und Rauke. Ah, allmählich begreife ich, worauf Sie hinauswollen.«
»Ich auch«, stöhnte Anton.
»Sehen Sie!«, sagte ich. »Wir könnten selbst gemachte Spätzle mit einer Soße von Pfifferlingen und Putengeschnetzeltem servieren, dazu einen frischen Gartensalat.«
»Und zur Vorspeise Carpaccio vom Lachs mit einem Raukepesto«, sagte Polly und klatschte in die Hände. »Wenn ich noch irgendwo Pinienkerne hätte.«
»Sonst kann man auch gesalzene Cashewkerne nehmen«, sagte ich. »Oder ganz normale Haselnüsse.«
»Gesalzene Cashewkerne habe ich!« Pollys rote Fleckenschienen blasser geworden zu sein. »Und einen guten Parmesan. Das könnte klappen. Wir machen einfach winzig kleine Portionen von dem Lachs.«
»Und zum Nachtisch gibt es kleine Blaubeer-Pfannküchlein«, sagte ich.
»Mit Vanilleeis«, ergänzte Polly. »Das habe ich immer im Haus.« Jetzt sah sie hinüber zur Uhr. »Oh Gott, nur noch eine knappe Stunde, das schaffen wir nicht mehr. Ich habe auch noch nie Spätzle selbst gemacht. Kennen Sie sich damit aus?«
»Ja, ja«, sagte ich. »Das ist ganz einfach.« Ich sah hinüber zu dem Aga -Herd. »Ich würde sagen, wir teilen die Aufgaben unter uns auf Anton geht hinaus in den Gemüsegarten und erntet Salat, Rauke und Kräuter. Du kannst auch ein paar Zucchiniblüten mitbringen, Anton. Polly, Sie kümmern sich um das Raukepesto und den Lachs, und ich mache das Putengeschnetzelte, die Pfifferlinge und die Spätzle. Haben Sie eine Mikrowelle?«
»Da vorne«, sagte Polly. Sie sah ein wenig überrumpelt aus, aber wir hatten nun wirklich keine Zeit zu verlieren.
»Sehr gut, da können wir die Putenschnitzel auftauen. Also, an die Arbeit. Und vielleicht ziehen Sie sich vorher doch noch den anderen Schuh an, Polly, ja, ich darf Sie doch Polly nennen, oder?«
»Natürlich darfst du das«, sagte Anton.
Pollys Mutter guckte nur überrascht auf ihre Füße. »Huch«, sagte sie.
*
Ich will wirklich nicht angeben, aber das Abendessen war großartig. Angefangen beim Lachscarpaccio mit Raukepesto und frittierten Zucchiniblüten, über die handgeschabten Spätzle mit Geschnetzeltem in sahniger
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