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Die Peitschenbrüder

Die Peitschenbrüder

Titel: Die Peitschenbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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wirkten scheu, was bedeuten konnte, dass die Peitschenbrüderbande hier vorbeigekommen war und versuchte hatte, sich zusätzliche Lasttiere einzufangen. Noch immer war es windstill und der Himmel so klar wie seit der Ankunft in Lockwergen. Mythor machte an einem Ende seines Seiles eine Schlinge.
    Eines der Tiere, ein weißes, struppiges Pony, befand sich etwas abseits der Herde. Als Mythor bis auf knapp fünfzig Meter heran war, hob es witternd den Kopf. Mythor sprang auf und stürmte los. Das kleine Pferd wieherte und alarmierte die anderen. Doch Mythor war schon heran, als es davongaloppieren wollte. Er warf die Schlinge um den Hals des Ponys und riss es zu Boden, hielt es von hinten gepackt und ließ es strampeln, bis ihm die Puste ausging. Die Hufe traten ins Leere. Mythor redete beruhigend auf das Tier ein, bis es endlich aufgab. Mythor ließ es sich aufrichten und schwang sich auf seinen Rücken. Die anderen Ponys waren längst hinter dem nächsten Hügel verschwunden.
    Nach kurzer Zeit hatte Mythor das Pony völlig unter seiner Kontrolle. Leichtfüßig galoppierte es mit ihm nach Norden. Es galt nun, die Spur der Banditen wiederzufinden. Auch wenn diese durch ihre mitgeführte Beute und womöglich durch Widerstand, den Sadagar und Kalathee leisteten, langsamer vorwärts kamen als nun er, musste ihr Vorsprung doch mehrere Stunden betragen. Es war Mittag, und Mythor hoffte, die Peitschenbrüder vor Anbruch der Dunkelheit eingeholt zu haben.
    Mythor gönnte sich und dem Pony keine Rast. Er ritt ununterbrochen nach Norden. Einmal fand er die Spur der Bande und konnte ihr bis zu einer felsigen Hügelkette folgen. Er sah, dass Goltans Leute mehrere Male abgesessen waren und gerastet hatten. Wieder fand er kleine blaue Stofffetzen. Doch auf den Felsen verlor sich die Spur wieder. Dass die Banditen nicht auf geradem Weg weitergeritten waren, zeigte, dass sie mit einer Verfolgung rechneten.
    Und da war noch etwas, das Mythor einiges Kopfzerbrechen bereitete. Die Spur eines einzelnen Reiters, der der Bande einige Kilometer weit gefolgt war, um dann nach links auszubrechen. Gab es noch einen weiteren Verfolger?
    Das Gelände wurde immer unwirtlicher. Nun kam leichter Wind auf, und bald zeigten sich erste dunkle Wolken am Himmel, die der Wind vom Meer herübertrieb. Ein Unwetter war jetzt das letzte, was Mythor brauchen konnte.
    Er suchte vergeblich nach weiteren Spuren, bis er weit vor sich Kampfgeschrei hörte.
    Sein erster Gedanke war, dass die Bande wieder einen Bauernhof oder ein Dorf überfallen hatte. Aber er sah keinen Rauch, und es schien zu den Gewohnheiten der Plünderer zu gehören, überall, wo sie auftauchten, nur brennende und verkohlte Ruinen zu hinterlassen.
    Es war jetzt Nachmittag. Mythor schätzte, dass ihm noch etwa drei Stunden bis zur Dämmerung blieben. Er trieb das Pony an, auf eine felsige Anhöhe hinauf. Als das Kampfgeschrei ganz nah war, stieg er ab und band das Tier an einen Baum. Vorsichtig schlich er weiter, jeden unnötigen Laut vermeidend, bis er den Rand der Anhöhe erreichte. Unter ihm befand sich eine Schlucht, und was er sah, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
    *
    Nottr war ruhelos durch Lockwergen gezogen, nachdem er in seiner maßlosen Enttäuschung und in wildem Schmerz davongerannt war wie ein Kind, das nicht gleich das bekam, was es sich wünschte. Verzweifelt und sich selbst für seine Unbeherrschtheit verfluchend, hatte er die dunklen Straßen durchquert, nur von dem Gedanken besessen, so weit wie möglich von Mythor, Sadagar und Kalathee fortzukommen. Nie wieder wollte er ihnen unter die Augen treten, nie mehr die Seelenqualen erdulden und der furchtbaren innerlichen Zerreißprobe ausgeliefert sein, einerseits Seite an Seite mit Mythor zu kämpfen, ihn aber andererseits dafür zu hassen, dass ihm die Liebe der Frau gehörte, die er selbst so sehr begehrte.
    Er hatte sich benommen wie ein Schwachkopf. Der Gram und das Wissen, die einzigen Freunde verloren zu haben, die er besaß, trieben ihn in die Raserei. Er wollte vergessen, sich sinnlos betrinken und dann nach einer Möglichkeit suchen, in seine Heimat, die Wildländer des Ostens, zurückzukehren.
    Schließlich hatte er den Königspalast vor sich gesehen, still und verlassen wie alle anderen Gebäude Lockwergens. Er drang ein, tobte sich aus, zerschlug Tische und Stühle und fand endlich das, wonach er gesucht hatte. Nottr betrank sich, bis er kaum noch auf den Beinen stehen konnte. Er wollte sich irgendwo hinlegen,

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