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Die Peitschenbrüder

Die Peitschenbrüder

Titel: Die Peitschenbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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seinen Rausch ausschlafen und vergessen, alles vergessen.
    Er fand jedoch keine Ruhe. Im Gegenteil, der Wein trieb ihn noch weiter in seine Raserei hinein. Erst jetzt erkannte er in vollem Ausmaß, was er angerichtet hatte und wie töricht er sich benommen hatte. Vielleicht suchte Mythor nach ihm. Mythor würde ihn verstehen können, denn er fühlte ja selbst diese unstillbare Sehnsucht in seiner Brust nach jener Unbekannten von überweltlicher Schönheit. Er hatte ihn und die anderen im Stich gelassen, allein in der Geisterstadt, die durch den Einfluss des Weines ihre Schrecken für Nottr verloren hatte.
    So hatte er den Palast verlassen, nachdem er an Waffen an sich genommen hatte, was er gerade mit sich schleppen konnte, Speere, einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen. Nottr wollte zurück zum Quartier, um die anderen wenigstens aus der Ferne beobachten zu können.
    Auf halbem Weg hörte er das Schreien und Gejohle der Plünderer, die in nördlicher Richtung aus der Stadt flohen. Neugierig geworden und eine Chance witternd, seinen Zorn an ihnen abreagieren zu können, hatte er sich auf ihre Fersen geheftet, bis er den Zug der Banditen von einem Versteck aus sehen konnte, und was er sah, brachte ihn fast um den Verstand: Kalathee und Sadagar, von kräftigen Kerlen gehalten und immer wieder vorangestoßen, wenn sie sich sträubten. Von Mythor war nichts zu sehen.
    Nottrs erster Impuls war, sich brüllend auf die Banditen zu stürzen und Kalathee aus ihren Händen zu befreien. Doch mit dem letzten Rest klaren Verstandes, der ihm geblieben war, musste er erkennen, dass er gegen diese peitschenschwingende Übermacht keine Chance hatte und nur Kalathees Leben aufs Spiel setzen würde, wenn er jetzt angriff. So folgte er den Banditen aus der Stadt hinaus. Als er sah, dass sie einen Bauernhof angriffen und sich Reittiere besorgten, wusste er, was er zu tun hatte.
    Er schlich um die Bande herum und legte sich hinter einem umgestürzten Baum auf die Lauer. Es gab nur einen Weg, den die Plünderer nehmen konnten, wenn sie weiter nach Norden zogen, und der führte zwischen zwei Hügeln hindurch. Nottr musste mit aller Gewalt gegen den Drang ankämpfen, den Bauersleuten zu Hilfe zu kommen und so viele der Mörder in den Tod zu schicken wie möglich, bevor er selbst starb. Es hatte keinen Sinn. Den Überfallenen war nicht mehr zu helfen.
    Die Bande belud einige Ponys mit dem, was sie in der Stadt und auf ihrem Weg nach Lockwergen erbeutet hatte, schwere Säcke, die sie bis jetzt mühsam mit sich geschleppt hatten, und bestieg die übrigen Tiere. Kalathee und Sadagar wurden auf ihre Reittiere gefesselt.
    Nottr wartete, bis die Plünderer an ihm vorbeigezogen waren. Dann stürmte er aus seinem Versteck und sprang einen Banditen an, der etwas zurückhängend hinter den anderen herritt, und betäubte ihn. Die vor ihm Reitenden merkten nichts und verschwanden hinter einem Hügel. Nottr sprang auf das Pony und folgte den Banditen in sicherem Abstand.
    Er musste warten, bis sich ihm eine wirklich erfolgversprechende Gelegenheit zur Befreiung Kalathees und Sadagars bot. Und immer wieder dachte er an Mythor, daran, dass der Kampfgefährte jetzt vielleicht tot irgendwo in Lockwergen lag und er die Katastrophe hätte verhindern können, wenn er bei ihm gewesen wäre.
    Er konnte keinen Triumph darüber empfinden, dass mit Mythors Tod der einzige Nebenbuhler um Kalathees Gunst aus dem Weg geräumt war. Vielleicht hätte er gegen ihn gekämpft, um Kalathee zu bekommen, aber Mythors Tod hätte niemals der Preis für sie sein können!
    Es wurde Nachmittag, bis sich die erhoffte Gelegenheit endlich bot. Das Gelände war unwegsamer geworden. Immer wieder hatte er aus sicherer Entfernung beobachten können, wie die Plünderer von ihren Tieren steigen mussten, um einen felsigen Grat zu überwinden oder im Gänsemarsch schmale Schluchten zu durchqueren.
    Nottr sah die nächste Schlucht und wusste, dass die Banditen hindurchmussten. Er schlug die Fersen hart in die Flanken seines Ponys und erreichte die Schlucht trotz eines Umwegs von der anderen Seite aus vor der Bande. Nottr hatte Zeit, sich einen geeigneten Platz für einen Überraschungsschlag aus dem Hinterhalt zu suchen.
    Dann waren sie heran. Diesmal blieben sie auf ihren Ponys, doch Nottr war das recht. Von dieser Stelle der Schlucht aus führte ein schmaler, zwischen hohem und dichtem Nadelgehölz versteckter Hohlweg in einen Wald, in dem Nottr gute Chancen hatte, mit Kalathee und Sadagar

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