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Die Peitschenbrüder

Die Peitschenbrüder

Titel: Die Peitschenbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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schienen die Welt erbeben zu lassen. Einer Eingebung folgend, brachte Mythor das Pony, das er nur mit Mühe unter Kontrolle halten konnte, zum Stehen und drehte sich um.
    Ein gutes Stück hinter ihm, dort, wo der Titanenpfad verlief, schien der Wald zu brennen. Es gab aber keine Flammen. Wo der Blitz die Bäume in Brand setzte, erloschen sie in den vom Himmel kommenden Wassermassen innerhalb von Sekunden. Es war ein anderes, unheimliches Feuer, das wie eine Wand aus kaltem Licht von links, hinter einem Berg hervorkommend, quer über das Tal verlief und sich schnell nach rechts fortpflanzte.
    Mythor hielt den Atem an, als ihm klar wurde, was er da sah. Das kalte Feuer lief den Titanenpfad entlang, sprang von einem der mächtigen Steinquader auf den nächsten über, immer weiter, bis eine einzige Lichtwand im Tal stand, hoch über den Bäumen.
    Ein riesiger Regenbogen stand am Himmel und verlor sich in der Unendlichkeit. Und wieder hörte Mythor die Stimme des Sturmes, die jetzt wie das Ächzen erwachender Riesen klang.
    Ein Blitz fuhr wenige Meter neben Mythor in die Erde. Das Pony scheute und warf seinen Reiter ab, der nur Augen für das gewaltige Schauspiel gehabt hatte. Bevor Mythor auf die Beine kam, war es hinter einer Wegbiegung verschwunden. Mythor vergaß die Feuerwand und den Titanenpfad und rannte hinter dem Pony her.
    Das Tier blieb verschwunden, gerade so, als habe sich die Erde aufgetan und es verschlungen.
    Verzweifelt sah Mythor sich um. Hier stand er in einer unbekannten Wildnis, dem Unwetter schutzlos ausgeliefert, nur das Gläserne Schwert in der Hand, das bei jedem Regentropfen, der auf die Klinge klatschte, kurz aufblitzte.
    Überall hatten sich tiefe Pfützen gebildet. Mythor watete durch kleine Tümpel, deren Wasser ihm bis zu den Knien reichte. Er musste die Peitschenbrüder vorerst vergessen und zusehen, dass er so schnell wie möglich einen Unterschlupf fand. Hier würde es kaum noch Gehöfte oder kleine Siedlungen geben. Mythor kletterte, immer wieder abrutschend, den nächsten Hang hinauf. Nach einer Viertelstunde sah er weiter oben eine Höhle.
    Den Griff des Schwertes fest umklammert, arbeitete er sich die Felsen hinauf. Die mit Moos bewachsenen Steine waren schlüpfrig, und der Sturm zerrte an Mythors Körper, als wolle er ihn mit sich nehmen. Auf allen vieren erreichte Mythor die kleine Felsplattform neben dem Höhleneingang. Er richtete sich auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen den glitschigen Fels und atmete tief durch. Immer noch stand die Lichtwand über dem Titanenpfad.
    Mythor erschauerte. Jetzt erst konnte er erkennen, dass die Blitze von den Steinquadern wie magisch angezogen wurden. Er befand sich hoch über den Tannen und Fichten und konnte die Bresche sehen, die die Blitze entlang dem Titanenpfad in die Bäume geschlagen hatten. Es war geradeso, als arbeiteten die Naturgewalten, von einer geheimnisvollen Macht gelenkt, in ihrem Wüten zusammen. Die Blitze schlugen in die Stämme der Bäume, und der Sturm riss sie um. An einigen Stellen schien der Waldboden zu glühen, und Mythor wusste, dass es die Steinquader waren, die die tobenden Kräfte in sich aufsogen .
    Dies war eine Nacht, in der die Toten aus ihren Gräbern stiegen, dachte Mythor. Er spürte, wie sein Herzschlag ihm das Blut in die Schläfen trieb, wo es dumpf hämmerte.
    Dies war eine Nacht, in der die Vergangenheit lebendig wurde, Titanen wieder über die Welt zogen.
    Mythor kämpfte gegen die unerträgliche Angst an, die ihn erfasst hatte. Er redete sich ein, dass er Gespenster sah, dass seine überreizte Phantasie ihm böse Streiche spiele. Er musste sich von dem, was er sah und hörte, losreißen, wenn er nicht ebenso wahnsinnig werden wollte wie jene, die jetzt irgendwo in der Wildnis Schutz suchten, den sie nicht finden konnten. Mythor dachte kurz an die beiden Frauen aus Lockwergen. Sie hatten kaum Chancen, das Unwetter zu überleben.
    Die Höhle!
    Mythor besann sich im letzten Augenblick darauf, dass vor ihm schon andere in ihr Schutz gesucht haben könnten. Er schob vorsichtig seinen Kopf an den Felsen des Eingangs vorbei und spähte hinein, als die Blitze die Dunkelheit wieder zerrissen. Er konnte nur einen Teil der Höhle übersehen.
    Es half nichts, er musste hinein.
    Alton zum Stoß ausgestreckt, drang er ein. Es war feucht, und die Luft stank nach Verfaultem. Mythor bückte sich nach einem Stein und warf ihn weiter in die Höhle hinein. Nichts rührte sich. Langsam ging er weiter. Die Höhle verengte

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