Die Peitschenbrüder
sich bis zu einem armdicken Spalt, hinter dem in großer Tiefe Wasser rauschte.
Einigermaßen beruhigt suchte Mythor nach einem Platz zum Übernachten. Er trat auf etwas Weiches, und im Lichtschein der Blitze sah er jetzt eine zusammengerollte Decke am Boden liegen. Und er brauchte sich nicht lange zu fragen, wie sie hierhergekommen war. In einer Felsmulde lagen die Gebeine eines Menschen. Zerfetzte Kleidung hing noch an den Knochen.
Also war die Höhle doch bewohnt, und der Herr des Hauses konnte jeden Moment zurückkehren.
Mythor war zu müde, um noch einmal nach einem Unterschlupf zu suchen. Draußen tobte der Gewittersturm mit unverminderter Stärke. In den Regen mischte sich Hagel. Der
Sturm trieb größere Körner in die Höhle. Mythor griff nach der Decke, rollte sie auf und schüttelte sie aus. Sie stank erbärmlich, aber es gab nichts anderes, was ihn wärmen konnte. Die Pelzstiefel und der Fellrock troffen vor Nässe. Mythor fand einige trockene Hölzer und schabte vom Höhleneingang Moder zusammen. Nach wenigen Minuten hatte er so viele trockene Zweige, die der Wind in die Höhle geweht hatte, beisammen, dass er ein Feuer entfachen konnte.
Der Bär, der die Höhle offensichtlich bewohnte, und andere, die draußen nach Schutz suchten, konnten von seinem Schein angelockt werden, aber Mythor hatte sein Schwert und war fest entschlossen, die Höhle für diese Nacht zu verteidigen. Als das kleine Feuer auf dem trockenen Gestein in der Mitte der Höhle brannte und knisterte, zog er sich die nasse Kleidung aus und legte sie daneben. Der Rauch zog nach oben ab. Mythor zitterte vor Kälte. Er hockte sich vor das Feuer, weitere Holzscheite griffbereit neben sich, und wickelte sich, seinen Ekel überwindend, in die verfilzte Decke, nachdem seine Haut einigermaßen trocken war.
Immer ein Auge auf den Eingang gerichtet, hockte er da und starrte in die Flammen. Erst jetzt spürte er die ganze Erschöpfung. Er kämpfte gegen die aufsteigende Müdigkeit an. Schlafen durfte er nicht.
Wo steckten die Peitschenbrüder mit Kalathee, Sadagar und Nottr? Hatten auch sie einen Unterschlupf gefunden? Waren sie doch schon in ihrem Räubernest?
Mythor konnte es sich nicht vorstellen. Sie konnten im Unwetter kaum vorankommen. Wenn nur die Gefährten sicher waren!
Jetzt, da er einigermaßen zur Ruhe gekommen und zum Warten auf den Morgen und eine Wetterbesserung verurteilt war, kamen die quälenden Gedanken wieder.
Lockwergen - welche furchtbare Waffe mochten die Caer, vielleicht Drudin selbst, gegen die Stadt und ihre Bevölkerung eingesetzt haben? Unter einer Wolke und blendend hellem Licht konnte er sich nicht viel vorstellen. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer wurde er, dass tatsächlich nur Drudin selbst für eine solche Katastrophe verantwortlich sein konnte. Der Dämonenpriester, der nach allem, was er bisher gehört und erfahren hatte, das mächtigste Werkzeug der Mächte aus der Dunkelzone war. Vielleicht ein Geschöpf aus der Dunkelzone selbst.
Drudin - wann würde er ihm begegnen und unter welchen Umständen? Es musste über kurz oder lang zu dieser Begegnung kommen, denn Drudin war die Verkörperung der dunklen Mächte, denen Mythor den Kampf angesagt hatte.
Würde er dann im Besitz weiterer Waffen sein, weiterer Hinterlassenschaften des Lichtboten?
Mythor betrachtete das Gläserne Schwert Alton, das neben dem Pergament mit dem Bildnis jener Unbekannten von überweltlicher Schönheit lag, der Göttin, die so große Ähnlichkeit mit Mythor selbst hatte.
Sieben Fixpunkte. Und der zweite, an dem der Helm der Gerechten aufbewahrt sein sollte, rückte in immer weitere Ferne. Von der Hoffnung, bald schon vor Althars Wolkenhort zu stehen, die Mythor nach Lockwergen getrieben hatte, war kaum noch etwas geblieben. Der Weg dorthin war steiniger und gefahrvoller, als Mythor erwartet hatte, obwohl er sich von Anfang an keine übertriebenen Illusionen gemacht hatte.
Und Althars Wolkenhort war erst der zweite von sieben über die Welt verstreuten Fixpunkten!
Mythors Gedanken kehrten nach Lockwergen zurück. Stand das gleiche Schicksal auch anderen Städten der Lichtwelt bevor?
So vor sich hin brütend, vergaß Mythor die Gefahren, die draußen lauerten. Das ewige Auf und Ab des Sturmes, der eintönig gegen den Fels klatschende Regen und Hagel und das Rauschen der Sturzbäche lullten ihn in einen tiefen Schlaf.
Mythor erwachte erst wieder durch ein schabendes Geräusch am Höhleneingang. Er sprang auf.
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