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Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 1 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Tapferkeit geprahlt, schien sie eher als belanglos abzutun und Gesang und Folklore als die höheren Künste zu betrachten.
    Sie war noch nie jemandem wie ihm begegnet, und all die Ereignisse der letzten Tage hatten ihr ursprüngliches Erstaunen nicht verdrängt. Vielleicht würde sie sich mit der Zeit an ihn gewöhnen. Mittlerweile vertraute er ihr ein wenig. Womöglich konnten sie sogar Freunde werden. Und was hatte er an jenem Morgen zu ihr gesagt: Du hast dich wacker geschlagen…
    Vor der Erinnerung an das Gefecht der vorigen Nacht schreckte ihr Geist zurück, und ihr fiel ein, dass sie eigentlich Wache halten sollte. Der Regen prasselte inzwischen so dicht herab, dass er eine graue, undurchdringliche Wand vor dem Höhleneingang bildete, die gelegentlich von Blitzen erhellt wurde. Der Wind heulte und peitschte über die Hänge, vereinzelt übertönt von gewaltigen Donnerschlägen. Maerad war heilfroh, dass sie sich nicht draußen im Gewitter befanden; im Vergleich dazu fühlte die Höhle sich sicher, ja geradezu behaglich an.
    Sie hielt weiterhin Wache, sah und hörte jedoch nichts Außergewöhnliches, und nach einigen Stunden, als die Müdigkeit sie zu überwältigen drohte, weckte sie Cadvan und rollte sich selbst so genüsslich zum Schlafen zusammen, als bettete sie sich auf Daunen.
    Schlaftrunken erwachte sie durch Cadvans Stimme. In der Höhle herrschte mittlerweile Dunkelheit. Maerad blinzelte, streckte sich und spähte durch die Schatten. Was sie sah, ließ sie sich ruckartig aufsetzen, dicht an die Wand zurückweichen und ihren Mantel umklammern.
    Cadvan stand einem riesigen Tier von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie konnte nur dessen dunkle Gestalt erkennen: einen mächtigen Schemen, der das Licht verhüllte, langsam mit einem langen Schwanz wedelte und einen beißenden, an eine Katze erinnernden Gestank verströmte. Das Geschöpf streckte Cadvan die Nase entgegen und antwortete auf seine Worte mit einem Grollen tief in der Kehle. Maerad saß so still, wie sie konnte. Cadvan deutete in Maerads Richtung, sprach dabei und warf ihr einen warnenden Blick zu. Das Tier kam herbeigetrabt und schnupperte an ihr. Sie erbleichte, ließ sich der Begutachtung jedoch widerstandslos unterziehen, obwohl die langen, gekrümmten Zähne und der Atem des Tieres - der heiße, durchdringende Atem eines Fleischfressers - ihr Herz zum Rasen brachten. Anscheinend bestand sie die Überprüfung, denn das Tier kehrte zu Cadvan zurück und knurrte abermals, was sich für Maerad anhörte, als lachte es über sie. Dann drehte es sich ein paarmal im Kreis und legte sich nieder. Cadvan wandte sich lächelnd Maerad zu.
    »Gut gemacht«, sagte er. »Es ist nicht einfach, unerwartet in Gesellschaft eines Berglöwen aufzuwachen, und wärst du in Panik geraten, hätte das übel enden können. Er hat entschieden, dass du harmlos bist, und gestattet uns, die Nacht hier zu verbringen. Er hat uns versichert, dass er uns nicht fressen wird, und gemeint, du gäbst ohnehin keine ordentliche Mahlzeit ab.«
    »Oh«, stieß Maerad atemlos hervor. »Wie nett von ihm.«
    »Außerdem hat er mir ein paar nützliche Dinge verraten, die du vielleicht, wärst du voll bei Sinnen gewesen, ebenfalls gehört hättest. Er kennt die Neuigkeiten über unser Gefecht mit den Werwesen und behauptet, es sei ihm eine Ehre, solche Krieger zu beherbergen. Er war auf der Jagd; das Land ist beunruhigt. Alle Tiere fürchten sich, und dieser Wind gefällt ihm nicht. Er sagt, es sei nicht sicher für uns, auf dem Weg zu reisen, dem wir derzeit folgen, südwärts die Ostseite des Annova-Gebirges hinab, und er bietet uns sicheres Geleit durch die Berge an. Für uns wäre das eine Abkürzung, und wir würden dadurch abschütteln, was immer uns verfolgt.«
    »Sicheres Geleit?«, wiederholte Maerad zweifelnd. »Können wir ihm denn vertrauen?«
    »Ja«, antwortete Cadvan. »So sehr, wie wir überhaupt jemandem oder etwas vertrauen können. Das ist wesentlich mehr, als ich erhofft hatte.«
    Maerad hatte keine andere Wahl, als sich auf Cadvans Urteil zu verlassen - und es stimmte, das Tier hatte sie nicht gefressen. Noch nicht. Sie erinnerte sich an Gilmans Hunde und fühlte sich ein bisschen weniger unbehaglich.
    »Was habt Ihr damit gemeint, dass ich seine Neuigkeiten ebenfalls hätte hören können?«, wollte sie nach einem kurzen Schweigen wissen.
    »Wann wachst du endlich auf?«, entgegnete Cadvan ungeduldig. »Ja, einige Dinge musst du erst lernen. Aber andere schlummern

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