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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Ankils Geschichte über das Geteilte Lied denken. War dies, war ihr Zukunftstraum bedeuten sollte, als die Stimme darin sagte: Schau nach Norden ? »Können sie mir etwas über das Baumlied erzählen?«, wollte sie wissen. »Sie hüten das Baumlied«, erwiderte die Greisin.
    Mit angehaltenem Atem wartete Maerad, doch Mirka fügte nichts hinzu; immer noch starrte sie ins Leere, als wäre Maerad gar nicht da. Maerad beugte sich vor und berührte sie an der Schulter. Die alte Frau blinzelte und schaute auf, als wäre sie eben aus einem Traum erwacht. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse des Schmerzes, und sie umklammerte ihren Kopf.
    »Geht es dir gut?«, fragte Maerad.
    »Na, na, Kind, ich habe nur Kopfweh. Das kommt vor, wenn man alt ist. Dir blüht das eines Tages auch …« Mirka begann, etwas zu murmeln, das Maerad nicht verstehen konnte. Zerknirscht dachte Maerad über das nach, was die Greisin gesagt hatte.
    »Fällt dir sonst noch irgendetwas über die Altweisen ein?«, hakte sie nach. »Die Altweisen?«, entgegnete Mirka scharf. »Wovon redest du, Kind? Die Altweisen sind Gestalten aus Kindergeschichten, sonst nichts. Warum fragst du?«
    »Aber du hast doch gemeint…« , setzte Maerad an, ehe sie es aufgab. Vermutlich erinnerte Mirka sich wirklich nicht daran, was sie gesagt hatte; aber ob dem so war oder nicht, fest stand, dass sie Maerad nicht mehr darüber erzählen würde.

Fünfzehntes Kapitel
     
Allein
    Zwei Nächte später träumte Maerad von Hem. Die schauerliche Klarheit eines Zukunftstraums fehlte dabei, dennoch hoffte Maerad, dass es sich um einen wahren Traum handelte. Sie saß irgendwo in hellem Sonnenschein neben ihrem Bruder. Auf Hems Schulter hockte ein großer weißer Vogel, er selbst lehnte an einem Baum mit dunklen Blättern. Er sah älter aus, als sie ihn in Erinnerung hatte, größer und langgliedriger, auch seine Haut wirkte dunkler; aber er blickte sie mit denselben blauen Augen an. In der Hand hielt er eine glatte Orange, die er mit einem kleinen Messer mit Holzgriff aufschnitt. Beide lachten, obwohl Maerad sich nicht entsinnen konnte, weshalb.
    Der Traum ging in andere Träume über, die Maerad nicht im Gedächtnis blieben, doch als sie erwachte, war die kalte Verzweiflung, die sie gelähmt hatte, seit sie in Mirkas Haus angekommen war, ein wenig geschwunden. Hem lebte noch, und er dachte an sie, davon war sie überzeugt. Also war sie nicht ganz allein auf der Welt. Und es war an der Zeit für sie, aufzubrechen. Zu Mirka brauchte sie davon nichts zu sagen. Die alte Frau sah sie nur an und nickte.
    »Du bist jetzt wieder gesund«, sagte sie. »Und du möchtest gehen.« »Ja«, bestätigte Maerad.
    Bis nach dem Frühstück sprachen sie nicht weiter darüber, und danach half Maerad der Greisin bei ihren morgendlichen Aufgaben. Anschließend holte Maerad ihr Bündel und ging es durch. Sie hatte immer noch einen Vorrat an Reisezwieback, der für zwei Wochen reichte, außerdem getrocknete Früchte und Nüsse. Das Kochgeschirr war mit Cadvan und Darsor verschwunden, somit würde es keine warmen Mahlzeiten geben. Aber es war Herbst, und es gab wilde Beeren, Nüsse und andere Dinge, die sie unterwegs sammeln konnte. Ihre Flasche mit Medhyl war noch fast voll. Die Wasserflasche füllte sie am Bach, danach verstaute sie wieder alles im Bündel.
    Versuchsweise schwang sie es sich auf den Rücken. Es fühlte sich nicht so schwer an, wie sie nach der langen Krankheit befürchtet hatte. Maerad stellte es wieder ab und spähte abermals hinein. Sie zog die kleine Holzkatze heraus, die sie seitdem längst vergangenen Tag bei sich trug, an dem sie und Cadvan auf Hem gestoßen waren, dann schulterte sie das Bündel wieder und ging nach draußen, um nach Mirka zu suchen.
    Die alte Frau saß nicht weit entfernt auf ihrer Lieblingsangelkuppe; Inka schnarchte zu ihren Füßen. Im Korb neben ihr lagen bereits zwei Forellen, in deren schillernden Schuppen sich das Sonnenlicht bracht. Mirka fing so viele wie möglich, um sie für die frostigen Wintermonate zu räuchern. Maerad setzte sich neben sie. Mirka grunzte zur Begrüßung, ließ den Blick jedoch auf die im Wasser zitternde Angelleine gerichtet.
    »Ich habe nicht viel, was ich dir für das geben kann, was du für mich getan hast«, sagte Maerad. »Du hast mir das Leben gerettet.«
    Mirka wandte sich ihr zu. Ihre blauen Augen leuchteten und wirkten gewärtig. »Ich brauche nichts«, gab sie zurück. »Du warst ein Geschenk aus den Bergen.«

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