Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
aufzubrechen. Zwar konnte sie sich in Murask frei bewegen, aber jeder schien mit verschiedenen Aufgaben beschäftigt Fleisch räuchern für den bevorstehenden Winter, Lebensmittel und Korn in den Lagern verstauen, die Winterunterkünfte reinigen -, weshalb sie häufig das Gefühl hatte, im Weg zu sein. Es hatte wieder zu schneien begonnen, diesmal in Form eines Schneesturms, der kein Ende nehmen zu wollen schien. Wenn sie Sirkanas Haus verließ, nahm sie den unterirdischen Tunnel, der es mit den Gängen des Hügels verband. Maerad hatte ihre Kindheit in Gebirgsland verbracht, Schnee war ihr daher keineswegs fremd, doch sie spürte die Eigenartigkeit dieses Sturms. Kein Pilanel brauchte ihr zu sagen, dass ein solches Wetter zwei Monate vor der Wintersonnenwende ungewöhnlich und verfrüht war. Sie dachte an den Sturmhund und die Iriduguls am Gwalhain-Pass, und das Herz wurde ihr schwer. Eine kalte Wesenheit wusste um sie, brütete über ihrer Gegenwart im Norden; dessen wurde sie zunehmend sicherer. Es war wie ein Schatten über ihrem Geist, undeutlich und verschwommen, aber zweifellos da, und er verstärkte sich mit der kalten Witterung. Arkan, der Winterkönig, wusste, dass sie hier war.
Als ihr einziges Vergnügen empfand sie den Beginn einer Freundschaft mit Dharin. Sirkana hatte sich mit ihm, wie versprochen, unter vier Augen unterhalten. Am nächsten Tag kam er beim Mittagessen zu Maerad und ergriff ihre Hände. Maerad blickte hinab: Seine Hände wirkten riesig; ihre gesamte Hand bedeckte kaum seine Handfläche.
»Sirkana hat mir erzählt, dass du dich auf einer Suche befindest. Sie hat mich gefragt, ob ich dich nach Norden zu den Altweisen bringen würde«, sagte er. »Ich werde dein Führer sein; ich kenne die Erzählungen darüber, wie man dorthin gelangt. Seit meines Großvaters Lebzeiten war niemand von den südlichen Klans dort. Das wird ein großes Abenteuer!«
Er grinste, und Maerad lächelte unwillkürlich zurück.
»Mir hat sie gesagt, ab Tlon müssten wir mit Hunden reisen«, meinte Maerad. »Ich wusste gar nicht, dass man auf Hunden reiten kann.«
Darüber brach Dharin in herzhaftes Gelächter aus. »Man reitet sie nicht, kleine Base.« Maerad zuckte zusammen; also wusste er, wer sie wirklich war? Aber er verwendete doch ihren Decknamen Mara … Sirkana hatte darauf bestanden, dass ihr wahrer Name in Murask geheim blieb. »Nach dem Essen zeige ich es dir. So, wie es derzeit schneit, reisen wir vielleicht schon ab Murask mit Hunden, also solltest du sie ohnehin kennen lernen.«
Wie versprochen führte Dharin sie an jenem Nachmittag zu den Hunden. Wegen des Schneesturms gingen sie durch die unterirdischen Tunnel zu einem Teil des Hügels, den Maerad bisher noch nicht betreten hatte. Sie hatte angenommen, der Hügel sei rund, doch dem war nicht so; die Hundestallungen, wie man sie nannte, befanden sich in einem weiteren offenen Bereich, getrennt vom Gemeinschaftsplatz, wo Sirkanas Haus stand. Hohe Steinmauern unterteilten die Stallungen in große Zwinger, die deshalb abseits des Rests von Murask lagen, damit die Arbeitshunde nicht das Vieh im Hauptteil des Hügels jagten. Mindestens fünfzig Hunde befanden sich hier, zusammengesperrt in Gruppen von sechs bis über einem Dutzend Tieren.
Dass die Hunde Dharins ganzen Stolz darstellten, war unübersehbar, und Maerad, die ihre Furcht vor den Tieren nicht ganz zu überwinden vermochte, gab sich alle Mühe, ihre Unruhe zu verbergen. Sie waren größer als jede Rasse, die Maerad je gesehen hatte, deutlich größer als Gilmans Bluthunde; die Tiere ragten ihr bis über die Brust und ähnelten auf beunruhigende Weise Wölfen.
Zu Maerads Überraschung hatten sich die Hunde trotz des bitterkalten Wetters draußen zusammengerollt, wo sie mittlerweile eine dünne Schneeschicht bedeckte, statt in den für sie vorgesehenen Unterständen. Selbst ihr ungeschultes Auge bemerkte, dass Dharins Hunde ungewöhnlich prächtig wirkten: Sie besaßen ein glänzendes Fell, ausgeprägte Muskeln und eine breite, kräftige Brust. Insgesamt hatte er fünfzehn graue oder schwarze Tiere mit weißen Krausen um die wölfischen Gesichter, und ihre Augen hatten eine schaurig anmutende eisblaue Farbe.
»Das ist Fang, mein Leithund«, erklärte Dharin, als der größte Hund den Schnee abschüttelte, der sich rings um ihn angehäuft hatte, und schwanzwedelnd wie ein Welpe auf Dharin zugelaufen kam. Maerad, die es nur mit Überwindung geschafft hatte, Dharin in den Zwinger zu folgen,
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