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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Arkans, des Winterkönigs, und sie war von Angst erfüllt gewesen. Hier jedoch fühlte sie nur Frieden und Licht.
    Abermals sah sie sich in dem Raum um: Er musste verhext sein, wenngleich sie rings um sich keinerlei Magie spürte. Der Raum war wunderschön, stand einigen jener, die sie in Annar gesehen hatte, um nichts nach, wirkte lediglich seltsamer. Obwohl ein sanftes Licht vorherrschte, enthielt er keine Lampen und keine Möbel außer dem Bett, das wenig mehr als eine Matratze auf dem Boden darstellte, und einem sonderbar geformten schwarzen Stuhl. An jenem Stuhl lehnten ihr Bündel und ihre Leier in deren Lederhülle. Maerad starrte darauf; dass diese Gegenstände sich hier befanden, erstaunte sie fast mehr als alles andere. Was taten sie hier? Jemand musste sie hergebracht haben, als wäre sie ein Gast in einem Bardenhaus.
    Maerad suchte in sich selbst, hielt Ausschau nach ihren magischen Kräften, fand jedoch nichts. Einst war ich die mächtigste Bardin in Edil-Amarandh, dachte sie bei sich; jetzt bin ich nichts mehr. Was ist mit mir geschehen ? Wohin ist meine Gabe verschwunden ? Doch weder Selbstmitleid noch Verzweiflung regten sich bei diesen Gedanken; alles, was sie empfand, war eine Art teilnahmslose Verwunderung.
    Ich muss tot sein, ging es ihr abermals durch den Kopf. Andererseits fühle ich mich nicht tot. Es sei denn, Tote können erschöpft sein … und warum auch nicht? Sie holte die linke Hand unter der Decke hervor und betrachtete sie erneut. Die Verletzung sah aus, als wäre sie mehrere Jahre alt. Wo ihre Finger gewesen waren, befand sich glatte weiße Haut. Sie verspürte plötzlich Bedauern ob ihrer verstümmelten Hand und streichelte über die Narbe; die Stelle fühlte sich ein wenig empfindlich an, doch das war alles. Dann verbarg sie die Hand wieder, legte sich hin und schloss die Augen.
    Wenn ich nicht tot bin, dachte sie, dann muss ich leben. Aber wenn ich lebe, wo bin ich ? Die Fragen kreisten durch ihren Kopf wie ziellose Fliegen, die ineinanderprallten und kein Ziel erreichten, bis die Erschöpfung sie wieder ereilte und sie zurück in tiefen Schlaf sank. Als Maerad das nächste Mal die Augen aufschlug, befand sie sich nach wie vor in demselben warmen Bett, und auch ihre Finger fehlten immer noch. Was sie weckte, war Durst; ihr Mund fühlte sich staubtrocken an. Sie setzte sich auf und überlegte, wo sie Wasser finden könnte. Dabei stellte sie fest, dass neben dem Bett nun ein Tisch stand, gefertigt in derselben Art wie der Stuhl, und darauf erblickte sie einen Kristallkrug und einen Becher. Linkisch, durch ihre verstümmelte Hand behindert, schenkte sie sich ein Glas ein und trank gierig. Sie schwang die Beine aus dem Bett und stellte die Füße auf den Teppich, der sich als dick und warm erwies. Unwillkürlich wackelte sie mit den Zehen. Behaglichkeit, Wärme, Sauberkeit, das Gefühl ihres Körpers, der vor Erleichterung seufzte - dies waren Verlockungen, denen nach den Beschwernissen und Unbilden der letzten Zeit schwer zu widerstehen war. Dennoch blieb ihr Geist wachsam und argwöhnisch. Zweifellos handelte es sich um ungemein mächtige Zauberei, und sie spürte, dass sie sich ihr widersetzen sollte. Aber nicht sofort. Nicht in diesem Augenblick.
    Auf schwachen Beinen, weil sie seit vielen Wochen kaum mehr gelaufen war, ging sie zu ihrem Bündel hinüber. Der vertraute Geruch des abgenutzten Leders wirkte beruhigend. Maerad leerte den Inhalt auf das Bett. Es war noch alles da und anscheinend unangetastet: ihre Ersatzkleider, ihr blauer Mantel, das in Öltuch eingeschlagene Buch mit Dernhils Gedichten, ihre fast leere Flasche mit Medhyl, die Flöte, die Ardina ihr geschenkt hatte, der aus Elfenbein geschnitzte Fisch von den Altweisen und, zu ihrer Überraschung, sogar der Schwarzstein. Ihre Kampfausrüstung - ihr Schwert Irigan und der Helm - fehlten, aber das Kettenhemd lag dort zusammengefaltet im Bündel, wo sie es hinterlassen hatte. Auch der kleine Dolch, den sie seit dem Aufbruch aus Gilmans Feste bei sich getragen hatte, war nicht mehr da. Langsam packte sie alles wieder ein, liebkoste dabei jeden Gegenstand und lehnte das Bündel wieder gegen den Stuhl. Dann ergriff sie ihre Leier und hielt sie in der Armbeuge, wenngleich sie das Instrument nicht aus der Lederhülle holte.
    Es schien eine Ewigkeit her, dass sie ihre Habseligkeiten zuletzt richtig betrachtet hatte. Sie erzählten die Geschichte ihres Lebens. Seit Dharins Tod war sie immer wieder in ein Zwielicht der Seele

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