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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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erwachte, wusste sie, dass sie geträumt hatte, konnte sich jedoch nicht daran erinnern, was. Wieder fühlte ihre Seele sich etwas erleichtert, als hätte der Schlaf ihr ein wenig Erholung verschafft. Sie schlug die Augen auf und stellte fest, dass die Wände die Felsmauern eines Verlieses waren. Maerad rieb sich die Augen; das Verlies verschwamm und verblasste. Kurz darauf war ihre behagliche Kammer zurückgekehrt.
    Vielleicht - vielleicht war das ein Ausweg.
    Ihr wurde klar, dass sie keine Ahnung hatte, wie lange sie bereits in Arkan-da verweilte. In ihrer Kammer gab es kein Fenster, und das Licht hatte stets denselben sanften Schimmer, wohin sie auch ging. Es schien stets Nacht zu herrschen, und ihr Körper hatte sein Gespür für Zeit verloren. Sie aß, wenn ihr etwas gebracht wurde, sie stand auf, wenn sie erwachte, sie schlief, wenn sie sich müde fühlte, ohne zu wissen, ob es Morgen, Mittag oder Abend war. Es war beunruhigend. Außerdem fiel ihr auf, dass Gima zwar behauptet hatte, in Arkanda lebten hunderte Menschen, Maerad bislang jedoch außer Gima und dem Winterkönig niemanden gesehen hatte. Nicht einmal Wachen standen an der Tür zu seinem Thronsaal.
    Ihre Frage hatte sich während des Schlafes von selbst beantwortet. Sie würde die Leier zum Winterkönig bringen. Natürlich würde sie auf der Hut sein und darauf achten müssen, nicht preiszugeben, dass sie den Trugbann seiner Festung zu durchschauen vermochte. Aber es schien ihr die beste Möglichkeit, die sie hatte, um die Runen zu lesen. Es bestand allerdings die Gefahr, dass er ihr, selbst wenn er sie entziffern konnte, nicht mitteilen würde, was sie bedeuteten. Andererseits konnte er ihr dieses Wissen zweifellos nicht vorenthalten, wenn er wollte, dass sie das Lied spielte.
    An jenem Tag führte Gima sie in ein Badezimmer, in dem sie sich waschen konnte. Dampfend heißes Wasser ergoss sich in einem steten Fall aus einem zu einem Fischmaul geformten Rohr und landete in einem tiefen, schmalen Steinbad. Um darin zu sitzen, musste sie die Knie an die Brust ziehen. Das Wasser reichte ihr bis an die Schultern. Bedauernd stellte sie fest, dass es weder Seife noch Lavendelöl gab, dafür reichlich heißes Wasser. Während es ihren Hals umspülte, fragte sie sich, ob es wirklich war oder nicht. Vielleicht kauerte sie in Wahrheit in einem bitterkalten Becken, oder vielleicht gab es überhaupt kein Wasser. Maerad gelangte zu dem Schluss, dass sie es gar nicht wissen wollte. Sie würde das Bad so oder so genießen.
    Schließlich stieg sie mit rosiger, dampfender Haut hinaus und zog die sauberen Kleider an, die Gima für sie vorbereitet hatte. Sie erwiesen sich als äußerst warm, zumal sie aus fein gesponnener Wollunterwäsche und mehreren Schichten Wollgewändern bestanden, über die sie noch mit Pelz ausgekleidete Roben anlegte. Wenn es sich bei den Kleidern um das handelte, was sie zu sein schienen, konnten sie ihr noch nützlich sein; mit ihnen würde sie vielleicht nicht erfrieren, wenn sie flüchtete. Nachdem sie in ihre Kammer zurückgekehrt war, spielte sie ein paar Akkorde auf der Leier. Überrascht stellte sie fest, dass die Gewänder unverändert blieben, wenngleich die Farben etwas weniger satt wirkten.
    Wahrscheinlich will er nicht, dass ich in meinem Kerker erfriere, dachte sie. Ihre Entdeckung munterte sie auf, und sie überprüfte abermals ihr Bündel. Ihr Mantel lag zusammengefaltet darin, und ihre Ersatzkleider waren gewaschen worden. Allerdings wusste sie nicht, wo der warme Übermantel geblieben war, den Dharin ihr gegeben hatte; den würde sie brauchen. Wenn sie sich tatsächlich frei im Palast bewegen durfte, würde sie ihn vielleicht irgendwo finden oder zumindest einen ähnlichen Mantel, der warm genug war, um sie vor dem Wetter zu schützen.
    Sie kramte Dernhils Gedichtband hervor und wickelte ihn behutsam aus dem Öltuch. Es war ein kleines Buch, kaum größer als ihre Hand, mit geprägtem Kalbsledereinband, und jede Seite zierten erlesene Ausmalungen in bunter Tinte und Blattgold. Das Buch klappte bei einem Gedicht ohne Titel auf. Auf der gegenüberliegenden Seite prangte ein an Einzelheiten reiches Bild einer Landschaft mit einem Fluss, der sich silbrig durch grüne Felder auf Berge zuschlängelte, die ob der Ferne gespenstisch anmuteten. Im Vordergrund saß ein junger Mann, der Flöte spielte, das Haupt andächtig geneigt. Das Bild erinnerte stark an das Tal von Inneil, aus dem es wahrscheinlich stammte, und Maerad verspürte

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