Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
begann Nerili. »Ich habe beschlossen, selbst herzukommen, weil ich mit Cadvan und Maerad reden wollte, bevor sie aufbrechen.«
»Aufbrechen?«, stieß Maerad unwillkürlich hervor. Cadvans Gesicht lag in Schatten, sodass sie seine Miene nicht erkennen konnte.
»Ja, es ist an der Zeit, dass ihr diese Insel verlasst.« Nerili setzte ab und räusperte sich. »Ich habe für eure Überfahrt von Thorold nach Gant mit Owan d’Aroki gesorgt.« Bei der Erwähnung von Owans Namen hellten Maerads Züge sich auf, allerdings nur kurz, denn dann verdüsterten sie sich wieder, als ihr einfiel, wie seekrank sie auf dem Meer wurde. »Er ist bereit, euch zu befördern, und ihr wisst, dass er tapfer und vertrauenswürdig ist. In vier Tagen holt er euch im Hafen von Nisa ab.«
»Das ist hervorragend, Neri«, meldete Cadvan sich zu Wort. »Ich danke dir für deine Hilfe. Aber ich vermute, du hast noch andere Neuigkeiten. Sind die Gesandten aus den Sieben Königreichen zurückgekehrt?«
»Das sind sie. Und es ist ziemlich so, wie wir vermutet haben: Alle Schulen der Sieben Königreiche haben denselben Erlass von Norloch erhalten. Und keine davon ist glücklich darüber. So wie wir haben sie beschlossen, der Herausforderung auszuweichen und abzuwarten, ob Norloch tatsächlich zur Gewalt greift. Jedenfalls bin ich nun sicher, dass sie sich als Verbündete erweisen werden, sollte der schlimmste Fall eintreten. Ich habe jedoch nicht gewagt, ähnliche Gesandte nach Annar zu entsenden.«
»Inneil wäre ähnlich gesinnt«, meinte Cadvan. »Und ich denke, mehr als ein paar andere auch - Til Amon, Elevé, II Arundeh, Ar-nocen … «
»Ja«, pflichtete Elenxi ihm bei. »Aber bei Annar können wir nicht sicher sein. Die Bande zwischen annarischen Schulen und Norloch sind wesentlich fester als jene mit den Sieben Königreichen; schließlich ist Enkir immer noch Oberster Barde von Annar. Und da die Zeiten sich verfinstern und üble Kunde sowohl aus dem Norden als auch aus dem Süden dringt, habe ich das Gefühl, wir können uns nicht darauf verlassen, dass sie erkennen werden, wie Norloch den Pakt des Bardentums verrät. Meiner Ansicht nach ist Umsicht der weiseste Pfad.«
»Würde etwas von diesen Unterredungen bekannt, würden wir zweifellos als Aufwiegler gelten«, fügte Nerili hinzu. »Was ich, wenn es nicht unbedingt sein muss, lieber vermeiden möchte. Wir sind mittlerweile sicher, dass sich Spitzel in Thorold aufhalten, und wir wissen von mindestens einem innerhalb der Schule. Seitens Norloch wurden wir offen darauf hingewiesen, dass man Auskünfte über unsere Hilfestellung euch gegenüber besitzt und dies als Kriegsgrund betrachtet. Es sei denn, wir liefern euch aus. Natürlich haben wir jegliche Kenntnis von euch geleugnet. Aber die Schlinge zieht sich zu.«
Cadvan presste die Lippen aufeinander. »Ich verstehe. Es dürfte keine Überraschung darstellen, dass sich die Kunde letztlich verbreitet hat.« »Ihr wurdet gemäß einer sehr zuverlässigen Quelle in Amdridh gesichtet«, erwiderte Elenxi nüchtern. »Und ich glaube, es kursieren Gerüchte, denen zufolge ihr auch in Suderain gesehen wurdet. Beweise für euren Aufenthaltsort gibt es keine. Und es wird auch weiterhin keine geben.« Er grinste wölfisch und bleckte dabei die Zähne, was Maerad einen Schauder über den Rücken jagte. »Warum?«, erkundigte sie sich voll plötzlicher Anspannung.
Elenxi wandte sich ihr zu, und zum ersten Mal nahm sie in ihm die erbarmungslose Rücksichtslosigkeit eines Kriegers wahr. Unwillkürlich zitterte sie. »Ich habe mich des Spitzels angenommen«, erklärte er.
»Woher hast du gewusst, dass es ein Spitzel war?«, fragte sie.
»Ach Maerad, hör doch auf, so einfältig bist du nicht«, erwiderte er. »Es gibt Wege und Mittel, in den Geist eines Menschen zu blicken. Jedenfalls wird er uns nie wieder verraten.«
»Hast du ihn getötet?« Maerad fühlte sich zutiefst bedrückt; sie wollte nicht, dass irgendjemand ihrethalben getötet wurde. Elenxi sah ihr in die Augen, und in seine strengen Züge trat plötzlich Milde.
»Maerad, angesichts dessen, was uns droht, hätte ich dich für weniger zimperlich gehalten. Aber nein, ich habe ihn nicht getötet. Dennoch wurde er bestraft. Und es wird einige Zeit vergehen, ehe ihm vergeben wird. Ausgerechnet du solltest kein Mitleid auf ihn vergeuden.«
Maerad verspürte keine Lust, die Frage weiter zu erörtern, und erkundigte sich nicht, wer der Spitzel war. Sie wollte es gar nicht wissen. Es
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