Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
Vom Netzwerk:
die kalte, salzige Luft ein und hielt nach Ilion Ausschau, dem Stern der Morgenröte und der Abendzeit, der tief am westlichen Horizont erstrahlte. Hallo, mein Freund, sprach sie in Gedanken, dann lachte sie über sich selbst; wer glaubte sie zu sein, dass sie mit einem Stern redete?
    Allmählich wurden die Wogen höher: Es waren zwar nicht die Wellen der Hochsee, zumal sie immer noch von der Insel geschützt wurden, doch sie erwiesen sich als groß genug, um das Boot auf seiner Fahrt aufsteigen und absinken zu lassen. Schon bald verspürte Maerad die ersten Anzeichen von Seekrankheit, was ihre Stimmung schlagartig trübte. Obwohl Elenxi ihr ein Mittel gegeben hatte, von dem er behauptete, es wirkte zuverlässig selbst bei schlimmsten Stürmen, breitete sich Übelkeit in ihren Eingeweiden aus. Dennoch schien das Mittel nach einer Weile zu wirken; nachdem sie sich an die neuen Bewegungen des Bootes gewöhnt hatte, beruhigte sich ihr Magen. Maerads Erleichterung ließ sich mit Worten nicht beschreiben.
    Cadvan kam zum Bug herüber, wo Maerad sich inzwischen niedergelassen hatte, und setzte sich neben sie. »Heute Nacht brauchen wir keinen magischen Wind«, erklärte er. »Die Insel Thorold schickt uns ihren Abschiedssegen.« »Darüber bin ich froh«, sagte Maerad. Sie drehte sich ihm zu, das Gesicht vom Mondlicht umrissen, und einen Lidschlag lang sah sie in seinen Zügen einen Ausdruck, den sie noch nicht kannte, und etwas in ihm schien zu erschauern. Fragend schaute Maerad ihn an. Mittlerweile kannten sie einander gut genug, dass sie keiner Worte bedurften. Cadvan blickte eine Weile über das Meer, dann zurück zu ihr.
    »Du hast eben genau wie Königin Ardina ausgesehen«, erklärte er. »Das hat mich überrascht.«
    Die völlig unerwartete Bemerkung brachte Maerad zum Lachen. »Aber sie hat doch silbriges Haar«, entgegnete sie.
    »Im Mondlicht sah dein Haar auch silbrig aus«, gab Cadvan lächelnd zurück. »Es ist also nicht so lächerlich, wie es sich anhören mag.«
    »Und sie ist wunderschön«, ergänzte Maerad etwas leiser. »Ja«, pflichtete Cadvan ihr bei. »Das ist sie.«
    Eine kurze Pause entstand. Maerad empfand eine seltsame Verlegenheit. »Tja, ich schätze, dann sollte ich dir danken.«
    Zwischen ihnen breitete sich ein Schweigen aus, das sich nicht recht behaglich anfühlte. Maerad wusste nicht, wie sie sich angesichts Cadvans Stimmung verhalten sollte. Er wirkte ernst und von irgendwelchen Gedanken bedrückt, was eine in ihr selbst schwelende Schwermut ansprach und Schatten auf die Gegenwart warf. Doch es war mehr als das; Cadvan hatte ihr schon häufig Komplimente unterbreitet, allerdings stets in verspielter Weise. Diesmal hatte in seiner Stimme ein Gefühl mitgeschwungen, das Maerad nicht verstand, eine verworrene, erwachsene Regung, die eine tief sitzende Besorgnis in ihr wachrüttelte. Sie glaubte nicht, dass er tatsächlich gemeint hatte, sie erinnerte ihn an Ardina; eher an jemand anders. Der Gedanke verursachte ihr ein kleines, kaltes Gefühl in der Magengrube. Cadvan durchbrach die Stille, indem er sich nach Elenxis Heilmittel gegen Seekrankheit erkundigte. Maerad antwortete ihm unbeschwert, und der seltsame Augenblick verflog. Dankbar fügte Maerad sich wieder in das behagliche, gefällige Vertrauen, das zwischen ihnen herrschte, ein Vertrauen, das bereits durch mehrere Auseinandersetzungen gehärtet worden war; dennoch verharrte das kalte Gefühl noch eine Weile. Maerad hegte ein tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber Männern, das aus ihrer grausamen Kindheit herrührte, und in jenem unachtsamen Augenblick hatte Cadvan unabsichtlich ihre alten Ängste geweckt. Auch am nächsten Tag hatten die guten Segelbedingungen Bestand. Das Meer lag blau und ruhig da, und ein Südwestwind trieb sie stetig Richtung Gant an der Südküste der Halbinsel Ileadh. Unbeeinträchtigt von Seekrankheit erkannte Maerad, dass Segeln erhebend sein konnte; der frische, beißende Wind verwehte all die Dunkelheit aus ihrem Herzen.
    Cadvan und Owan begannen, ihr die Grundzüge des Umgangs mit einem Boot beizubringen. Wie sie zu ihrem Verdruss feststellte, besaß sie keine natürliche Begabung dafür. Sie war außerstande zu spüren oder vorherzusagen, wie das Boot sich bei verschiedenen Strömungen des Windes oder Meeres verhalten würde. Als Owan versuchte, sie die Kunst des Kreuzens zu lehren, versetzte sie die Weiße Eule versehentlich in ein derart heftiges Strudeln, dass Owan um ein Haar ins Meer

Weitere Kostenlose Bücher