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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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geschleudert worden wäre. Wenngleich ihre beiden Gefährten dies für lustig hielten (nachdem das Gefährt sich wieder beruhigt hatte), empfand Maerad es als demütigend und arbeitete umso härter, um sich grundlegende Fertigkeiten anzueignen.
    »Eines Tages wird aus dir noch eine brauchbare Matrosin«, meinte Owan an jenem Abend ermutigend. Er hatte die Pinne verzurrt und ließ die Weiße Eule ihrem eigenen Kurs folgen, während sie zu Abend aßen. »Wenn du weiter daran arbeitest.«
    »Und ich nicht vorher das Schiff versenke«, gab Maerad reumütig zurück. »Trotzdem danke.«
    »Jedenfalls haben wir tadelloses Unterrichtswetter. Es bestand keine echte Gefahr.« Owan ließ sich auf der Bank nieder, die entlang beider Seiten des Decks verlief, und begann, genüsslich zu schmausen. Er hatte an jenem Tag Angelleinen ausgeworfen, weshalb das Abendessen aus gegrilltem Sonnenbarsch bestand, verfeinert mit sorgsam gehüteten Kräutern. Das Essen unter freiem Himmel, während die Sonne das sich verdunkelnde Meer mit einem Flammenpfad überzog, verlieh der Mahlzeit eine besondere Würze. Schließlich schoben sie seufzend die Teller von sich und beobachteten, wie die Sonne die letzten, fahlen Strahlen vom Himmel sandte. Der Mond war noch nicht aufgegangen, doch die Sterne schillerten ausgenommen hell, so hell sogar, dass ihr Licht Schatten warf. Niemand rührte sich, um eine Lampe anzuzünden. »Ich kann Thorold nicht mehr sehen«, stellte Maerad mit einem Blick nach Süden über die wogende See fest.
    »Die Insel muss im Dunst verborgen liegen«, gab Owan zurück. »Manchmal kann man den Lamedon zwei Tagesfahrten entfernt erkennen.«
    »Thorold ist ein wunderbarer Ort«, meinte Maerad verträumt. »Es macht mich traurig, ihn verlassen zu müssen.«
    »Ja, da hast du recht«, pflichtete Owan ihr bei. »Habe ich dir schon vom Lamedon und dem Meer erzählt?«
    »Nein«, sagte Maerad und setzte sich auf. »Ist das eine Geschichte?« »O ja, und zwar eine sehr alte«, klärte Cadvan sie lächelnd auf. »Ich würde sie auch gerne wieder einmal hören, Owan, falls du in der Stimmung dafür bist.« Owan zündete sich eine Pfeife an und blickte eine Weile schweigend über das Wasser. »Nun denn«, meinte er schließlich. »Sie geht folgendermaßen.« Seine Stimme nahm einen neuen Tonfall an, fast so, als sänge er, und vor Maerads geistigem Auge tauchte plötzlich ein Bild ihrer selbst auf, wie sie als ein kleines Kind zu Owans Füßen saß und gebannt seiner Geschichte lauschte. Owan hatte sie eindeutig schon viele Male erzählt.
    »Das Meer um Thorold kennt viele Launen«, begann er. »Manchmal ist es blau, manchmal grün, andere Male gelb, grau oder blendend und silbrig gleißend, aber es ist immer wunderschön und stets gefährlich. Bald kitzelt es die Zehen von Kindern, die am Strand spielen, bald entfesselt es einen Sturm aus aufstiebendem Wasser und Gischt und verschlingt Bäume, Häuser und Ziegen vom Tiefland. Ihr müsst wissen«, fuhr Owan fort, »dass die See einst die Berge liebte. Und sie gestand ihre Liebe dem Bergkönig, zeigte ihm ihre Korallen und Perlen und ihr wunderschönes, schäumendes Haar. Der König lachte und erwiderte: >Warum sollte ich mich auf deinen dunklen, nassen, von Algen bedeckten Boden hinabbegeben, da ich doch den Himmel, den Wind und die kalten Nester der Adler liebe ? < Die See fühlte sich verschmäht. Wütend kehrte sie in ihren Palast unter den Wellen zurück.
    Seither hasst sie Thorold. Sie frisst die Klippen auf, bis sie einstürzen; sie beschwört ihre Gezeiten herauf, bis die Füße des Königs von Fischen und Tang umspült werden; und sie entfesselt Stürme, die ertrunkene Matrosen auf ihren dunklen Boden hinabziehen. Dennoch hat sich unter dem Hass ein Rest Liebe gehalten; und wenn sie sich daran erinnert, vergibt sie dem König seine Beleidigung und ist ruhig. Dann folgen stille Tage, an denen Fischer ihre Netze weit draußen auf dem Meer auswerfen und reichen Fang machen, während die Landbewohner auf die See hinausblicken und ihre Schönheit bewundern.« Owan klopfte die Pfeife an der Reling aus, und einen Augenblick herrschte Stille, durchbrochen allein vom Flattern und Ächzen der Segel im Wind. »Heute«, fügte Owan letztlich hinzu, »besinnt sie sich ihrer Liebe.« »Ich denke, die Moral daraus lautet, dass man nie die Liebe einer mächtigen Frau verschmähen sollte«, meldete Cadvan sich zu Wort. »Was, Maerad?« Gemächlich streckte ersieh aus und grinste Maerad durch die

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