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Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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hatte, ihr Herz umfasste. Es war schwierig, den Unterschied zwischen Meer und Himmel auszumachen; beide glichen einem wirbelnden Chaos. Doch was vor Cadvan auftauchte, war weder das eine noch das andere, sondern ein ungeheuerliches Geschöpf, beinahe zu groß, um mit einem Blick erfasst werden zu können; es schien aus Blitzen und Wolken zu bestehen. Kurz schloss Maerad die Augen, um das Grauen abzuwenden, dann zwang sie sich, wieder hinzusehen.
    Was sie erspähte, erinnerte an einen riesigen Hund, einen mächtigen Jagdhund wie einen Mastiff, der sich knurrend und geifernd zum Angriff duckte. Das Ungetüm schien aus den Wolken selbst hervorzuquellen; den Blick darauf zu heften gestaltete sich so schwierig, wie die Umrisse von Dampf in der Luft zu erkennen. Die Kiefer säumte dasselbe sonderbare, grünlich-blaue Licht, das Maerad zuvor am Himmel aufgefallen war, die Augen bildeten Punkte aus smaragdfarbenem Feuer. Kleine Blitze durchzuckten gespenstisch die Gestalt der Erscheinung, folglich besaß sie trotz des Eindrucks eines gewaltigen Körpers, den sie vermittelte, keine ganz feste Masse. Es war, wie Maerad klar wurde, als sie sich der Schauergeschichten besann, die sie als Kind gehört hatte, ein Sturmhund. Durch eine Kindheitserinnerung, wie ein Mann von wilden Kötern in Stücke gerissen worden war, fürchtete sie sich schon vor gewöhnlichen Hunden, doch diese Kreatur war viel schlimmer als die Tiere in Gilmans Feste. Sie öffnete ihr gewaltiges Maul, entblößte lange Fänge und heulte so schauerlich, dass Maerad sich unwillkürlich duckte. Das Geräusch, das sie unter Deck gehört hatte, war das Gebell des Ungeheuers gewesen; oben an Deck hörte es sich durch und durch grauenerregend an.
    Cadvan stand mit gezücktem Schwert reglos am Bug des Bootes. Seine Gestalt erstrahlte vor Macht. Er war nur unwesentlich größer als die Fänge des Sturmhunds; die Ausmaße des Ungeheuers muteten schwindelerregend an. Es schien unvorstellbar, dass es sich nicht einfach vorbeugen und die Weiße Eule mit einem Satz verschlingen würde wie ein Löwe eine Maus. Während Maerad hinsah, bäumte die Kreatur sich auf und hieb mit der riesigen Tatze gegen das Boot, das mit einem donnergleichen Laut erzitterte. Cadvan ließ das Schwert herabsausen, dem ein blendender Bogen weißen Lichts folgte. Selbst durch das Kläffen des Sturmhunds und das Tosen des Windes spürte Maerad, wie Cadvans Worte der Macht durch ihre Knochen hallten.
    Die Weiße Eule drehte sich schwindelerregend direkt in eine Welle hinein, und ein paar Augenblicke lang fürchtete Maerad, sie würden sinken. Wasserfallartig peitschte Wasser über das Deck, doch wundersamerweise richtete die Eule sich aus den Fluten wieder auf. Maerad klammerte sich an der Reling fest, schüttelte sich das Wasser aus den Augen und spähte verzweifelt zum Bug: Cadvan war noch dort und hielt mühelos das Gleichgewicht, als wäre er ein Teil des Bootes, eine Galionsfigur statt eines Menschen, der auf dem Deck stand. Mittlerweile schillerte er so grell, dass es schwierig war, ihn anzusehen, und ein Schauder tief in ihrem Geist ließ Maerad die Macht spüren, die er heraufbeschwor. Sie schaute auf ihre Hände hinab und stellte voll Verwunderung fest, dass silbrig-goldenes Licht zwischen ihren Fingern hervorbrach: Cadvan durchdrang das gesamte Boot mit seiner Macht. Bald schimmerte jede Bohle, jedes Tau und jede Spiere, als bestünden sie aus Licht, und der Schein wurde immer heller, bis er so grell war, dass Maerads Augen brannten und ihr Tränen über die Wangen rannen, die sich mit der kalten Gischt vermischten, welche ihr ins Gesicht spritzte. Als die Weiße Eule in der aufgewühlten Dunkelheit erstrahlte, plötzlich von einem unscheinbaren Fischerboot in ein erhabenes Gefährt des Lichts verwandelt, wunderschön und seltsam, heulte der Sturmhund vor Wut auf.
    Selbst inmitten der Gefahr wurde Maerad von einer tiefen Ehrfurcht ergriffen: Dies war eine gänzlich andere Macht, als Cadvan sie beim Ritual der Erneuerung offenbart hatte. Er entfesselte Kräfte, von denen Maerad nicht gewusst hatte, dass Barden sie besaßen. Mit der vollen Stärke seiner Macht wirkte er fast so Furcht erregend wie der Sturmhund selbst.
    Sie zog sich aufrechter und sammelte die Gedanken, so gut es ging. Es musste eine Möglichkeit geben, ihre eigenen Kräfte einzusetzen, um Cadvan zu unterstützen.
    Der Sturmhund hieb neuerlich auf das Boot ein, doch diesmal erzitterte es kaum. Maerad empfand Erleichterung; sie

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