Die Pellinor Saga Bd. 2 - Das Rätsel
und Maerad entschuldigend an. »Ich hege dir gegenüber keine Feindschaft. Es bricht mir das Herz, dass ein Mann wie du es für nötig gehalten hat, das Licht zu verraten. Aber ihr werdet mit uns kommen müssen. Ihr seid in diesem Land für geächtet erklärt und habt somit kein Recht, es zu betreten. So lautet das Gesetz.«
»Mein Freund, du irrst dich«, entgegnete Cadvan. »Ich habe das Licht nicht verraten.«
»Einige von uns besitzen ein besseres Gedächtnis als andere, Barde«, meldete die Frau sich mit frostiger Stimme zu Wort. »Ich erinnere mich noch an dein kleines Zwischenspiel mit der Finsternis. Einem solchen Mann würde ich nie wieder vertrauen. Ich habe nie verstanden, warum du nicht für immer aus allen Schulen verbannt wurdest. Wie töricht dieses Versäumnis war, ist mittlerweile offenkundig geworden.«
»Du irrst, Uar von Desor«, erwiderte Cadvan ruhig. »Ich würde das Licht ebenso wenig verraten wie du. Ihr beide kennt nicht die ganze Geschichte von dem, was in diesem Land vor sich geht. Außerdem kann ich euch sagen, dass es euch nicht gelingen wird, uns zu zwingen, mit euch zu kommen, und ihr solltet es besser nicht versuchen. Lasst uns vorbei.«
»Niemand hat das Licht verraten, außer jenen, die feige den böswilligen Erlässen aus Norloch gehorchen«, fügte Maerad hitzig hinzu. »Wenn ihr uns angreift, seit ihr auch nur Diener des Namenlosen.«
»So sprechen alle Verräter - mit vor Lügen glitschigen Zungen«, gab die Frau verächtlich zurück. »Nimm sie gefangen, Namaridh. Wir binden sie und bringen sie zurück nach Lirigon, damit sie bekommen, was sie verdienen.« Cadvan bedeutete Maerad zu schweigen, doch Namaridh war abgestiegen und setzte dazu an, Darsors Zügel zu ergreifen. Im selben Augenblick durchbrachen Maerad und Cadvan den Erstarrungsbann, und sowohl Darsor als auch Imi bäumte sich auf. Bevor Maerad sich sammeln konnte, wurde sie von einem betäubenden Lichtblitz von Ilar getroffen, der sie beinahe aus dem Sattel schleuderte.
Maerad handelte in blinder Wut, ohne nachzudenken. Sie bündelte all die Macht, die sie in sich spürte, und richtete sie als Schaft weißen Feuers auf die Bardin. Ilar sackte zusammen und glitt vom Pferd, das erschrocken seitwärts ausbrach. Sie fiel zu Boden, wo sie reglos und völlig weiß liegen blieb. Das einzige Zeichen einer Verletzung bildete ein kleines schwarzes Brandmal mitten auf der Stirn. In jenem Augenblick wusste Maerad, dass sie tot war.
Namaridh starrte Maerad von Grauen erfüllt an, wich zurück und zog einen Schutzschild um sich auf, ehe er losrannte, um nach der gefallenen Bardin zu sehen. Er lauschte auf einen Herzschlag, dann hob er den Leichnam auf und drückte ihn sich an die Brust.
Cadvan wirbelte Darsor heftig zu Maerad herum.
»Das war nicht gut«, spie er voll kalter Wut hervor. »Überhaupt nicht gut.« Maerad starrte ihn an, wobei ihre Züge einer Maske des Entsetzens glichen. »Sie wollte uns töten«, versuchte sie, sich zu rechtfertigen.
»Sie hätte uns nicht getötet. Und sie hatte den Tod nicht verdient.« Maerad hatte seine Stimme noch nie so unversöhnlich gehört. Doch Cadvan wandte sich an den anderen Barden und legte tiefes Mitgefühl in den steten Tonfall. »Namaridh«, sagte er. »Das war unnötig und leichtfertig. Ich hege nicht den Wunsch, weiteres Ungemach mitzuerleben. Lass uns vorbei; meine Aufgabe ist von solcher Dringlichkeit, dass ganz Annar untergehen wird, wenn ich versage.« Namaridh schaute zu ihm auf. Er zitterte vor Verachtung, Kummer und Zorn; sein Gesicht schimmerte feucht vor Tränen.
»Mir ist bewusst, dass ich nicht die Kraft besitze, euren Schandtaten ein Ende zu bereiten«, presste er hervor. »Ich bin kein so mächtiger Barde. Aber beim Licht, wenn es auf dieser Welt oder in der nächsten eine Gerechtigkeit gibt, Cadvan von Lirigon, dann werde ich Ilar von Desors Tod rächen. Sie war sechs von deinesgleichen wert. Und jetzt lass dein Ungeheuer von der Leine. Wenn ich jetzt sterben muss, dann soll es schnell geschehen.«
Damit stand er auf und glarte Cadvan voll trotzigem Mut an. Cadvan breitete die Arme zu einer Geste des Friedens und Bedauerns aus. »Nein, Namaridh. Ich wünschte inniglich, dies wäre nicht geschehen. Es kann keinen Ausgleich dafür geben. Ich erflehe deine Vergebung.«
Namaridh spuckte auf den Boden.
Cadvan ließ den Kopf sinken. »So wirkt die Finsternis - sie entzweit Freund von Freund«, sagte er. »Ich hoffe, eines Tages wird diese Geschichte in ihrer
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