Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
… andere fallen mir nicht ein. Der Rest befindet sich samt und sonders in den Sieben Königreichen, wurde aufgegeben wie Zimek oder von Feuer und Krieg zerstört wie Jerr-Niken, Pellinor, Baladh und Turbansk.«
Ohne Vorwarnung fielen Sorons Züge in sich zusammen, und er verbarg das Gesicht in den Händen. Zwar gab er keinen Laut von sich, aber seine Schultern zitterten. Hem, der neben ihm saß, schlang behutsam einen Arm um ihn und wollte ihn trösten. Mit gewaltiger Willensanstrengung sammelte Soron sich; mit feuchten und geröteten Augen schaute er zu Hared auf. Die anderen Barden beobachteten ihn mit ernsten Mienen.
»Verzeiht mir«, sagte Soron. »Es gibt so viele Verluste zu beklagen. Und dabei hat diese finstere Nacht noch kaum begonnen.«
»Es gibt nichts zu verzeihen, mein Freund«, gab Orona zurück. Sie sprach Suderain, allerdings mit einem eigenartigen Akzent, den Hem nicht einzuordnen vermochte. »Nicht du hast das Licht verraten.«
»Niemand sollte sich seiner Gram schämen«, sagte Hared mit verbitterter Miene. »Aber jetzt stehen wir mit dem Rücken zur Wand. Wir sollten überlegen, wie wir kämpfen können.«
»Wenn die Schulen Annars gegen Enkir sind…«, setzte Soron an.
»Manche«, fiel Hared ihm ins Wort. »Aber wir wissen nicht, wie tief die Verderbtheit in ihnen kursiert.«
»Inneil ist noch ein Bollwerk«, sagte Saliman.
»Ich glaube dir«, erwiderte Hared. »Aber in anderen - selbst in jenen, die dem Krieg gegen die Sieben Königreiche ablehnend gegenüberstehen - gibt es viele, die nicht glauben wollen, dass Enkir sich mit dem Namenlosen verbündet hat und gierig die Klauen nach seinem Anteil an den Sieben Königreichen ausstreckt. Sie hören auf seine Verlockungen und betrachten jene, die sich gegen ihn aussprechen, als Aufrührer. An vielen Orten wissen wir nicht, wie die Würfel fallen werden.«
»Aber begreifen sie denn nicht?«, warf Zelika ungeduldig ein. Sie hatte der Unterhaltung bislang nur aufmerksam gelauscht, nun jedoch meldete sie sich zum ersten Mal, seit sie Platz genommen hatten, zu Wort. »Sind Barden angeblich nicht weise?«
»Weisheit stellt sich oft selbst ein Bein«, erwiderte Nimikera. »Und du darfst nicht vergessen, dass die Menschen sich fürchten. Enkir verspricht, dass er allein das Licht gegen die Finsternis verteidigen kann. Und je schlimmer die Dinge in Annar werden, desto mehr suchen die Menschen bei ihm ihr Heil. Die Niederlagen von Baladh und Turbansk stärken seine Hand nur zusätzlich.«
Zelika sah aus, als hätte sie am liebsten ausgespuckt, doch sie fügte nichts hinzu. Hem konnte nachvollziehen, wie ihr zu Mute war. Nach allem, was er in Turbansk gesehen hatte, verursachte ihm der Gedanke an Barden, die mit der Finsternis zusammenar- beiteten, regelrechte Übelkeit.
»Zum anderen darf man die Verwalter nicht außer Acht lassen«, fuhr Nimikera fort. »An vielen Orten in Annar, selbst dort, wo die Schulen noch unverderbt sind, wird den Barden zutiefst misstraut, und die Menschen wenden sich gegen sie.« »Das ist nicht immer die Schuld der Menschen«, warf Saliman ein, wobei leichte Abscheu in seinem Tonfall mitschwang. »Ich weiß nicht, ob du gesehen hast, wie die Barden von Ettinor sich gebaren - sie verdienen die Bezeichnung nicht.« »Ich muss zugeben, das stimmt«, sagte Nimikera. »Hochmut und Selbstgefälligkeit haben viel dazu beigetragen, dem Ansehen des Bardentums zu schaden, und wie wir alle wissen, wird das Licht seit vielen Jahrzehnten schwächer und döst in der Sonne, während der Namenlose Kraft sammelt. Aber ebenso wenig ist es immer die Schuld der Barden. Der Namenlose hat größten Bedacht darauf gelegt, in den letzten Jahrzehnten Argwohn gegen die Barden und die Überlieferungen zu säen. Nun wird offenkundig, wie geschickt er dabei vorgegangen ist: Böswilligkeit und Argwohn wuchern allerorts, niemand vertraut mehr seinem Nachbarn. Wie wir gehört haben, durchstreifen Armeen oder Räuberbanden den Großteil von Annar und entführen Kinder und zwingen Bauern und andere, Soldaten zu werden. Manche meinen, sie würden von Untoten angeführt, doch anscheinend trifft das nicht auf alle zu. Enkir behauptet, es seien Armeen aufrührerischer Barden, obwohl wir überzeugt davon sind, dass sie unter seinem Befehl umherziehen.« »Düstere Neuigkeiten also, mein Freund, wie immer«, ergriff Narbila das Wort. »Es ist schwierig, noch irgendwo Hoffnung zu sehen. Alles entwickelt sich zu Gunsten des Namenlosen, und das Licht
Weitere Kostenlose Bücher