Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
Fleischsorten in dicken Soßen, die nach Kardamom, Koriander und Knoblauch rochen, dazu ein Korb mit frisch gebackenem, ungesäuertem Brot und ein Gericht aus gewürzten Hülsenfrüchten, allesamt in flachen Schalen aus kunstvoll graviertem Messing. Hem war so sehr auf das Essen bedacht - er hatte seit Wochen keine ordentliche Mahlzeit mehr genossen -, dass ihm die Namen der Anwesenden völlig entgingen; es fühlte sich mit einem Schlag an, als tobte in seinen Eingeweiden ein wildes Tier. Zelika stupste ihn in die Rippen. »Es ist unhöflich, wie ein verhungernder Tiger auf Essen zu starren«, murmelte sie. »Du musst dich zuerst waschen.«
Hem zuckte zusammen und reinigte die Hände in einer Wasserschale, die um den Tisch gereicht wurde. Dann begannen die Versammelten ohne weitere Förmlichkeiten zu schmausen. Irc zeigte sich - zumindest für seine Begriffe - überaus höflich, indem er zurückhaltend auf Hems Schoß blieb, während er mit kleinen Fleischbrocken gefüttert wurde. Obwohl alle Barden Hems Vogel verwundert betrachteten, waren sie zu höflich, um ein Wort über Ircs Gegenwart zu verlieren.
Soron kostete das Essen und nickte anerkennend.
»Sehr gut«, meinte er. »Wie gelangt ihr hier unten an Ziegenfleisch? Und an Wildente? Ich sehe hier nirgends Ackerland!«
»Frisches Fleisch ist selten, ihr habt also Glück«, antwortete Hared lächelnd. Hem fiel allerdings auf, dass sein Lächeln nicht die Augen erreichte. »Der nördliche Eingang nach Nal-Ak-Burat ist nicht ganz so Furcht einflößend wie die drei Tore, wenngleich auf andere Weise beschwerlich. Jedenfalls ist es dort einfacher, Vorräte heranzuschaffen, wenn wir an welche herankönnen. Und im Notfall gibt es - wenngleich wir derzeit nicht so verzweifelt sind - Fische im See und Fledermäuse in den oberen Höhlen.«
Beim Gedanken daran, Fledermäuse zu essen, rümpfte Hem die Nase. »Wir stoßen hier auf seltsame Fische«, ergänzte Narbila. »Manche haben keine Augen. Aber sie sind genießbar und gut zu kochen.«
Eine Weile galt Hems gesamte Aufmerksamkeit dem Essen. Er fand, dass er noch nie eine so köstliche Mahlzeit genossen hatte. Als sein schlimmster Hunger gestillt war, fing er allmählich an, die Barden wahrzunehmen und sich ein Bild davon zu machen, wer wer war. Narbila, die groß gewachsene Frau, und Hared schienen die größte Befehlsgewalt zu besitzen, wenngleich wenig von einer Rangordnung zu spüren war. Später sollte Hem herausfinden, dass sie beide Mitglieder des Zweiten Zirkels von Turbansk verkörperten. Die drei übrigen Barden - Orona, Nimikera und Irisanu - wiesen die hellere Haut jener auf, die weiter aus dem Osten stammten. Nimikera war ursprünglich aus Jerr-Niken gekommen, einer Schule, die vom Namenlosen kurz nach Pellinor dem Erdboden gleichgemacht worden war, und Irisanu hatte zuvor in Baladh gelebt. Orona gab nicht bekannt, woher sie stammte. Bis die Gäste ihr Mahlbeendet hatten, erwähnte keiner der Barden Turbansk. Hem wurde klar, dass dies auf Höflichkeit, nicht auf mangelnde Neugier zurückging, denn als Narbila sich bei Saliman letztlich nach Neuigkeiten aus Turbansk erkundigte, zitterte ihre Stimme.
Saliman berichtete, was der Stadt widerfahren war. Die Barden lauschten ihm aufmerksam und mit niedergeschlagenen Blicken, ohne ihn zu unterbrechen. Als er davon sprach, wie Juriken das Erdbeben heraufbeschworen hatte, sogen die Barden die Luft ein, und Hem sah, dass sich selbst über Hareds Augen ein Schleier legte. Nachdem Saliman seine Geschichte beendet hatte, breitete sich langes, betretenes Schweigen aus. »Es tut gut, Neuigkeiten zu erfahren«, meinte Hared schließlich. »Selbst wenn sie so betrüblich sind wie die Kunde, die du bringst. Ich danke dir. Seit Imank mit der Belagerung begonnen hat, haben wir nichts mehr aus Turbansk gehört. Selbst unsere Vögel haben es nicht an der Schwarzen Armee vorbeigeschafft.«
»Nun ja«, meldete Soron sich zu Wort, »es ist in der Tat schmerzlich, in solchen Zeiten leben und solche Dinge berichten zu müssen. Und ich fürchte, vor dem Ende wird es noch schlimmer werden. Aber Hared, hast auch du Neuigkeiten für uns? Weißt du, was in Annar vor sich geht? Ich muss gestehen, mein Herz sehnt sich danach, etwas über meine alte Heimat, Til Amon, zu erfahren.«
»Ja, wir haben Neuigkeiten. Ich werde euch später davon erzählen.« Hared warf einen raschen Blick auf Hem und Zelika, der deudich von seinem Misstrauen zeugte. Zelika öffnete den Mund, um ihre
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