Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
verblasst, dass man sie kaum noch erkennen konnte. Hem erspähte die Gestalt eines Ibis und eines merkwürdigen Tieres mit dem Kopf eines Löwen und dem Körper einer Frau. Leicht, aber unverkennbar hing ein Geruch in der Luft, der nicht an diesen Ort zu passen schien: der Duft von Gewürzen und Fleisch. Hem lief das Wasser im Mund zusammen.
Saliman stand an der Tür und rief so laut Hareds Namen, dass die Kinder zusammenzuckten. Inmitten der Stille hörte seine Stimme sich viel zu laut an. »Wenn ich mich nicht irre, ist es Zeit fürs Abendessen«, sagte Saliman und drehte sich lächelnd um. »Oder fürs Frühstück. Wer weiß schon, wie spät es in der Welt draußen wirklich ist? Jedenfalls für eine Mahlzeit.«
»Etwas Warmes wäre mir herzlich willkommen«, meinte Soron. »Von getrockneten Datteln habe ich wahrlich genug.«
Dann hörten sie Schritte; ein Mann betrat die Kammer am gegenüberliegenden Ende und kam auf sie zu. Er war sehr groß und besaß äußerst dunkle Haut, schwärzer noch als jene Salimans. Er trug einen schlichten Kittel und eine weite Hose. Der Mann schien älter und ruppiger als Saliman. Unbewusst rückte Hem näher zu Saliman, als der Unbekannte sich ihnen näherte.
»Sei gegrüßt, Saliman«, sagte er nüchtern, ergriff die Hand des Barden und umarmte ihn. »Es würde mich mehr erfreuen, dich zu sehen, wären da nicht die Neuigkeiten,von denen deine Anwesenheit hier zeugt. Also ist Turbansk gefallen?«
»Leider ist dem so, Hared. Hast du es nicht gehört?«
Der Mann senkte den Blick und schwieg kurz.
»In der vergangenen Woche war es schwierig, Neuigkeiten zu erfahren«, erwiderte er schließlich. »Dies sind schlimme Tage. Auch für mein Heim! Wir müssen uns im Herzen der Erde verkriechen und für bessere Zeiten kämpfen. Aber sag, wer sind deine Gefährten? Du bringst Kinder hierher mit?« Mit unverhohlener Neugier und einem Hauch Missbilligung starrte er Hem und Zelika an. Irc, der allmählich seine übliche Ausgeglichenheit wiedererlangte, stieß ein trotziges Krächzen aus.
»Soronvon Til Amon kennst du ja«, sagte Saliman knapp. »Hared von Turbansk, das sind Hem von Turbansk und unsere Freundin Zelika aus dem Haus von II Aran aus Baladh. Nun, mein Freund, wir sind weit gereist und entsprechend hungrig. Wir können dein Abendessen riechen. Hast du genug, um mit uns zu teilen?«
Hared nickte dem Rest der Gruppe einen höflichen Gruß zu, wenngleich der Ausdruck der Missbilligung nicht aus seinem Gesicht wich. »Wir haben reichlich. Es ist schlichtes Essen, aber gut. Wenngleich sich ja jetzt ein berühmter Koch zu uns gesellt hat, wie? Vielleicht wenden die Dinge sich zum Besseren.«
»Sind die anderen drinnen?«
»Ein paar von uns«, gab Hared zurück. »Kommt mit.«
Er schritt zum fernen Ende der Kammer und verschwand in einen ebenfalls hell erleuchteten, breiten Gang. Zelika und Hem folgten den anderen und fühlten sich verlegen und scheu. Hared wirkte ziemlich einschüchternd. Als sie sich dem Ende des Ganges näherten, vernahmen sie das Gemurmel miteinander redender Leute. Dabei wurde Hem bewusst, dass er seit mehreren Tagen keine anderen Menschen mehr gehört hatte. Sie betraten eine kleine Kammer, wie der größere Raum mit ausgebleichten Wandmalereien verziert, zudem von einem glimmenden Kohlenbecken erwärmt. In der Mitte stand ein niedriger Tisch aus poliertem Stein, um den überraschenderweise mehrere mit bunter Seide bedeckte, gemütliche Kissen lagen. Der Tisch selbst war mit zahlreichen kleinen Messingschalen voll Soßen und sogar einem Krug Wein für eine Mahlzeit gedeckt. Um ihn saßen vier Leute, ein Mann und drei Frauen. Hem war auf Anhieb klar, dass sie allesamt Barden verkörperten, wenngleich er niemanden kannte. Die größte Frau erhob sich und begrüßte sie.
Lächelnd breitete Saliman die Hände aus. »Bleib sitzen, Narbila«, bat er. »Der Höflichkeit ist mehr als genüge getan, wenn uns gestattet ist, die Zahl deiner Gäste zu verdoppeln und uns auf diesen wunderbar weichen Kissen auszuruhen. Mein Leib ist vom ewigen Schlafen auf Stein schon von blauen Flecken übersät.«
»Aus Turbansk ist es eine beschwerliche Reise«, sagte sie. »Aber wie immer triffst du just zur rechten Zeit ein, Saliman. Unidan trägt gerade das Abendmahl auf. Doch sag, wer sind deine Freunde?«
Während Soron und die Kinder Platz nahmen und vorgestellt wurden, brachte einer der Barden aus dem angrenzenden Raum verschiedene Gerichte herbei. Es waren unterschiedliche
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