Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
Umgebung. Irc flog über ihnen, flatterte von Baum zu Baum und betätigte sich als Späher. Hem blieb in gedanklicher Verbindung mit ihm, sodass sie eine ständige, lautlose Unterhaltung führten. Die erste Hälfte der Nacht kamen sie gut voran, was Hem gegenüber Zelika auch erwähnte, als sie für eine rasche Mahlzeit eine Rast einlegten. Sie sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Fordere unser Glück nicht heraus«, flüsterte sie. »Wir habennoch einen weiten Weg vor uns.«
Zelikas Warnung kam wenig später zum Tragen, als eine geflügelte Kreatur mit einem heiseren Kreischen aus einem Baum vor ihnen hervorbrach und Hem zu Boden stieß. Irc krächzte panisch, als Hem sich herumrollte und das Schwert zog. Mit hämmerndem Herzen sprang er wieder auf die Beine, doch bevor er etwas unternehmen konnte, hackte Zelika dem Wesen den Kopf ab, und es brach zu einem zuckenden Gewirr aus Gliedern und trockenen, insektenartigen Schwingen zusammen. Das Geschöpf wies die Größe eines großen Hundes auf, und seine nackte Haut schimmerte leicht in einem schaurigen, rötlichen Licht. Schaudernd sah Hem, dass es lange, wilde Zähne hatte und zu viele Beine zu besitzen schien.
Für eine nähere Betrachtung blieb ihm keine Zeit, denn wie aus dem Nichts tauchte eine zweite Kreatur auf und erfüllte plötzlich die Luft vor ihm. Das Wesen schnappte nach seinem Gesicht, und Hem spürte, wie die Fänge aufeinanderprallten und beinah sein Ohr streiften, als er sich duckte und mit dem Kurzschwert zustieß. Die Kreatur bäumte sich rücklings auf und stürzte mit einem Schrei zu Boden. Durchscheinendes Gewebe spritzte aus einem der Augen, und Hem ließ das Schwert durch die Luft sausen und spaltete den Schädel entzwei, als Irc durch die Blätter über ihm hervorbrach, bereit, seinen Freund zu verteidigen. Das Ding gab ein grässliches, gurgelndes Geräusch von sich, während es sich in Todesqualen wand, doch Hem bemerkte es gar nicht; er spähte in die dunklen Bäume und fragte sich, ob noch mehr kommen würden. Unheil verkündende Stille senkte sich über den Wald.
Nach einer Weile wischte Zelika ihre Klinge ab und steckte sie zurück in die Scheide. »Geht es dir gut?«, fragte sie.
Hem nickte. Er hatte nur ein paar blaue Flecken.
»Dannsollten wir besser verschwinden. Das war entsetzlich laut; wer weiß, was uns gehört hat.«
»Ich fragte mich, was das für Wesen waren.« »Irgendwelche Ausgeburten. Hared hat uns davor gewarnt. Jetzt komm.«
Rasch gingen sie weiter, ohne zurückzuschauen. Hem holte tief Luft und versuchte, seine überreizten Nerven zu beruhigen; er spürte das verzögerte Einsetzen eines Schocks. Zelikas Mund bildete eine feste Linie, sie wirkte gelassen; Hem wünschte, er würde sich ebenso gefasst fühlen.
Das waren keine Tiere, sagte Irc verächtlich in seinem Geist. Das waren Untiere. Abartig und hässlich.
Halt Ausschau nach weiteren, bat Hem ihn. Für die Bäume bist du zuständig. Du hättest sie sehen müssen.
Sie haben sich versteckt, gab Irc zurück. Sie verbiegen die Schatten.
Hem verdoppelte seine Wachsamkeit und dachte darüber nach, was Irc gesagt hatte. Es beunruhigte ihn, dass erdie Kreaturen in keiner Weise gespürt hatte, bevor ihr Angriff erfolgte; als noch besorgniserregender empfand er, wie das zweite Wesen so plötzlich vor ihm aufgetaucht war. Was immer diese Kreaturen sein mochten, sie besaßen eine ausgeprägte Tarnfähigkeit; Ircs Worten zufolge vermutlich Glimmerschleier. Hems Nackenhaare richteten sich auf, als würden sie von etwas Unsichtbarem beobachtet, doch er glaubte, es könnte auch an schlichter Angst liegen. Er mochte diesen Wald nicht. Irgendwie schien es, als bewegten sich die Bäume, obwohl kein Wind wehte. Seine Übelkeit wurde nach der Begegnung viel schlimmer, aber er verdrängte sie durch bloße Willenskraft. Er roch Hexerei, allerdings nicht in ihrer Nähe, und das Geräusch von ein Stück vor ihnen marschierenden Schritten bewog sie, sich eine Zeit lang zu verstecken, weil sie fürchteten, ihr Geplänkel könnte von Wachen gehört worden sein. Dennoch kamen sie langsam und stetig voran.
Als der Himmel heller zu werden begann, hielten sie inne. Sie richteten sich ein Lager wie jenes, in dem sie in der vergangenen Nacht geschlafen hatten. Sobald sie aufhörten zu marschieren, sank Hem auf die Knie und wurde von einem Anfall trockenen Würgens überwältigt. Zelika beobachtete ihn besorgt, schwieg jedoch. »Alles in Ordnung«, sagte er schließlich und setzte sich
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