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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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abgetragen, und obwohl sie aus gutem Leder und fein verarbeitet waren, hatte er sie nicht abgelegt, weil er fand, dass sie mitgenommen genug aussahen, um prüfenden Blicken standzuhalten; er hatte keine Lust, barfuß zu laufen. Als er das Lager fast erreichte hatte, überprüfte er zum wiederholten Male seinen Schutzschild. Seine Unruhe brauchte er nicht vorzutäuschen.
    Selbst mit verborgenen Bardensinnen spürte er die Schockwellen von Wachzaubern, die geräuschlose Alarme durch die dunkler werdende Luft sandten. Er stählte sich, schlurfte stetig weiter und rechnete damit, dass jeden Augenblick ein Pfeil in seine Brust einschlagen könnte. Doch nichts rührte sich.
    Als er am Tor angelangte, blieb er etwas verdutzt stehen. Er hatte damit gerechnet, dass sich ihm inzwischen jemand in den Weg stellen würde. Eingehend betrachtete er das Tor und überlegte, was er tun sollte. Grobe Eisenbänder hielten die Planken zusammen, das Holz war so frisch, dass es noch unbearbeitet war. Das Tor selbst war breit genug, dass ein Dutzend Menschen nebeneinander gehen konnten, und darin eingelassen befand sich eine kleinere, eisenbeschlagene Pforte. Hem versuchte, mit den Fäusten daran zu hämmern, wobei er sich töricht fühlte, doch das dicke Holz nahm das Geräusch auf. Er trat zurück und winkte unerschrocken dem nächstbesten Hundsoldaten. Dieser bewegte sich nicht, zeigte überhaupt keine Regung.
    Letzten Endes setzte er sich in den aufgewühlten Dreck der Straße, lehnte sein Bündel an das Tor und wartete einfach. Etwas anderes fiel ihm nicht ein. Mittlerweile war die Nacht fast völlig angebrochen. Warum kam niemand, um ihn zu holen? Leises Jagdgeheul ertönte in der Ferne; furchtsam spähte er in die Nacht. Er wusste nicht, welche Kreaturen draußen umherstreiften oder wie nahe sie sich an die Palisade heranwagten. Ihm kam der Gedanke, dass der Wall ebenso dazu gedacht war, Dinge draußen zu halten wie drinnen. Ohne Magie zum Schutz wollte er sich lieber drinnen befinden.
    Er hatte die Hoffnung, bemerkt zu werden, schon beinah aufgegeben und wog seine Möglichkeiten ab, als die Pforte im Tor klapperte und sich öffnete. Beunruhigt rappelte er sich auf. Am Eingang stand eine große, in ein Gewand aus rauer, ungefärbter Wolle gekleidete Frau, die ihn hineinzerrte und die Pforte hinter sich verriegelte. Sie war keine Untote, wie Hem halb erwartet hatte.
    »Was tust du draußen?«, zischte sie. »Das heißt für dich zumindest das Blinde Haus. Zu welchem Block gehörst du?«
    Hem starrte sie verständnislos an. »Ich - ich bin hungrig«, stammelte er. »Ich bin weit gewandert, und da draußen sind Ungeheuer, und ich bin gerannt…«
    Die Frau hielt inne, musterte sein Gesicht und schürzte die Lippen. »Du bist keiner von uns«, stellte sie in scharfem Tonfall fest. »Wer bist du? Woher kommst du?« Hem stand mit offenem Mund da und versuchte, so schwachsinnig und verängstigt wie möglich auszusehen. Die Frau schlug ihm ins Gesicht; er taumelte und stürzte beinah. »Antworte mir!«, herrschte sie ihn an. »Vergeude nicht meine Zeit.«
    Hem griff sich an die brennende Wange und begann zu wimmern. »Mein Name ist Bared«, sagte er. »Ich bin hungrig. Ich habe mich verlaufen.«
    »Hmmm.« Die Frau überlegte und musterte ihn mit schief gelegtem Kopf und fast völlig zugekniffenen Augen. »Nun denn, Bared. Du musst in unsere Begrüßungskammer mitkommen, dann sehen wir weiter. Folge mir.« »Essen?«, fragte Hem Mitleid erregend.
    »Ja, ja, duwirst etwas zu essen kriegen. Und jetzt sei still.«
    Hem folgte ihr und sah sich unterwegs verstohlen um. Zu beiden Seiten befanden sich Reihen niedriger, fensterloser Gebäude, die einen riesigen Platz aufgewühlter Erde säumten. Die Frau führte ihn quer über denPlatz zu einer der wenigen Hütten mit erhellten Fenstern. Sie betraten eine kleine, schäbige Kammer abseits eines Ganges. Wenigstens war es darin warm. Entlang einer Wand stand eine Bank, abgesehen davon erwies der Raum sich als leer und schmucklos. Die Frau deutete auf die Bank. »Warte hier«, befahl sie gebieterisch und verschwand durch eine Tür in ein anderes Zimmer.
    Hem ließ sich schwer auf die Bank plumpsen und empfand Dankbarkeit dafür, die Kälte hinter sich gelassen zu haben. Nun stand ihm der Teil bevor, der ihm die meisten Sorgen bereitete: Es würde zweifellos eine Art Überprüfung erfolgen. Mit hämmerndem Herzen fragte er sich, ob man eine Verbindung zwischen seinem Auftauchen und jenem Zelikas sehen

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