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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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fürchte ich, dass Zeit etwas ist, was wir nicht haben.« Hem erschlaffte auf seinem Stuhl und starrte auf den Tisch. Sollte das bedeuten, dass er hinausgeworfen würde?
    »Du weißt, Hem, dass Turbansk sich auf den Krieg vorbereitet.«
    Jeder wusste das. Hem setzte sich wieder aufrecht hin. »Ja«, murmelte er. »Ich bin nicht ganz sicher, ob dir klar ist, was das bedeutet«, sagte Saliman. »Deshalb wollte ich heute Abend mit dir reden, obwohl ich eigentlich woanders sein sollte.Wir haben heute schreckliche Neuigkeiten erfahren: Der Eherne Turm marschiert gen Baladh.«
    Hem nickte. Baladh lag, wie er wusste, hundertfünfzig Wegstunden östlich von Turbansk. Wie alle in der Schule hatte auch er die Neuigkeit gehört, die per Vogelkurier an jenem Morgen eingetroffen war und sich wie ein Lauffeuer in Turbansk verbreitet hatte. Die Schüler hatten in den Gängen bestürzt und bedrückt darüber getuschelt, und ein Mädchen, dessen Familie aus Baladh stammte, hatte während des Unterrichts zu weinen begonnen und war von Urbika hinausbegleitet worden.
    »Wir wissen noch sehr wenig darüber, was sich dort zuträgt«, fuhr Saliman fort. »Ich bin bekümmert; viele meiner Freunde leben dort, und ich weiß nicht, wie es ihnen geht oder ob sie überhaupt noch leben. Die Schule von Baladh ist fast so alt wie jene von Turbansk und ebenso ehrwürdig, was das Weistum und Überlieferungen angeht. Wenn die Schule eingenommen wird -und ich fürchte, sie kann nicht bestehen -, wäre das ein unbeschreiblicher Verlust.«
    Ein paar Augenblicke lang zeigte sich die Anspannung auf Salimans Zügen, und zum ersten Mal an jenem Abend wurde Hem aus seiner Selbstversunkenheit gerissen. Überrascht starrte er den Barden an: In Salimans Augen glitzerten unvergossene Tränen. Hem fand keine Worte, um auszudrücken, was sich in seinem Herzen regte, und er stammelte nur zusammenhanglos vor sich hin, ehe er wieder verstummte. »Nun«, meinte Saliman gedehnt, »wir werden es bald herausfinden. Und wenn Baladh untergeht, verbleiben nur noch ein paar kleine Dörfer und Weiler zwischen Turbansk und den vereinten Armeen des Namenlosen, die noch immer aus dem vergifteten Land Den Raven herbeiströmen. Es wird nicht lange dauern, bis uns dasselbe Los bevorsteht.«
    Kurz spürte Hem, wie ihn eine dunkle Angst erfüllte, das Grauen aus seinen Albträumen, aber in unvorstellbarem Maße vervielfältigt.
    »In etwa zwei Wochen, vielleicht mehr, vielleicht weniger, wird Turbansk von der Schwarzen Armee angegriffen werden«, fuhr Saliman fort. »Ich weiß, dass wir keine Hilfe aus dem Norden erwarten können. Wir können von Glück reden, wenn nicht auch von dort eine Armee gegen uns marschiert, obwohl ich vermute, dass Enkir nach wie vor sein doppeltes Spiel treibt. Die meisten Barden in Annar wissen nichts von seinen Machenschaften mit der Finsternis, werden glauben, was er sagt, und ihm irrig folgen; und ich bezweifle nicht, dass er gegen alle Sieben Königreiche vorgehen wird, von Lirigon im Norden bis Suderain im Süden. Allerdings werden sich alle Königreiche widersetzen, falls Enkir das plant; und ich denke, wenn er ins Feld zieht, dann zuerst gegen die westlichen Königreiche, also gegen Culain, Ileadh und Lanorial. Somit gäbe es keine Bedrohung aus dem Norden, aber auch keine Hilfe.« Salimans Stimme ertönte so leise, als spräche er mit sich selbst, doch Hem lauschte aufmerksam.
    »Aber wird Turbansk wirklich fallen?«, fragte er eingedenk der Macht und des Stolzes von Turbansk, der dicken Mauern und hohen Türme, der tausenden Menschen. »Die Stadt ist doch stärker und größer als Baladh, oder? Gewiss …«
    »Hem, ich weiß nicht, ob wir bestehen werden.« Traurig lächelte Saliman ihn an. »Unter Umständen wurde ich geboren, um die letzten Tage der Stadt mitzuerleben, die ich so innig liebe. Ja, wir mögen mächtig sein, und zweifellos sind wir stark; aber die Streitkraft, die der Namenlose gegen uns anführt, ist die größte, die man seit der Großen Stille gesehen hat, als ganz Annar erobert und die hehren Städte der Dhyllin dem Erdboden gleichgemacht wurden. Ich fürchte, gegen die Finsternis, die sich nun erhebt, gibt es kein Bestehen.«
    Auf die Trostlosigkeit, die aus Salimans Stimme sprach, gab es nichts zu erwidern, und Hem, dessen Mund offen stand, um eine weitere Frage zu stellen, sagte nichts. Saliman schwieg eine Weile gedankenverloren, dann füllte er seinen Kelch erneut mit Wein. »Woher weißt du von der Armee?«, erkundigte

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