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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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gewesen. Hems Kammer erfüllten keine gedämpften Geräusche von Unterhaltungen, Musik und Gelächter mehr, die sonst aus den vielen Räumen des Hauses zu ihm drangen. Die Stille beunruhigte ihn; sie verdeutlichte ihm, was in der Stadt vor sich ging, und beschwor ein wachsendes ungutes Gefühl herauf. Als der Strom der aus Turbansk nach Westen abwandernden Menschen schwand und schließlich versiegte, kamen andere aus dem Osten herbei und füllten die leer stehenden Häuser, um kurz zu rasten, bevor auch sie die lange Straße nach Westen einschlugen - zumindest diejenigen, die nicht zu krank oder erschöpft für den Marsch waren oder die nicht blieben, um Turbansk zu verteidigen. Mittlerweile trafen auch Menschen aus den Dörfern und Weilern der Balkir-Ebenen zwischen Turbansk und Baladh ein, die vor den anrückenden Armeen flüchteten. Die Streitkräfte des Namenlosen brannten alles auf ihrem Weg nieder - Häuser, Wein- und Obstgärten -, und am östlichen Horizont zeichnete sich der Ansatz eines schwarzen Flecks ab, der dem Sonnenaufgang die Farbe von Blut verlieh.
    Die Heilhäuser waren nicht groß genug, um all die Verwundeten aus Baladh zu beherbergen, und so wurde auch die verwaiste Schule dafür herangezogen, und Barden in weißen Gewändern bewegten sich zwischen Bettenreihen in den Kreuzgängen, wo noch wenige Tage zuvor Schüler umhergelaufen waren und gebrüllt und gelacht’ hatten. Hem wurde ersucht, den Heilern zu helfen, und er legte sich dabei mit gutem Willen ins Zeug. Sogar Irc wurde zur Arbeit eingeteilt, und wenn er nicht an seinem üblichen Platz auf Hems Schulter hockte, flatterte er mit hastig hingekritzelten Hinweisen oder Botschaften zwischen den Gebäuden hin und her.
    Hem erlebte eine Menge grausiger Anblicke. Viele Menschen, darunter ein Dutzend Kinder aus Baladh, wiesen entsetzliche Verbrennungen auf, die während ihrer Flucht nicht anständig behandelt worden waren, und sie litten grässliche Schmerzen. Die Heiler verwendeten eine starke, aus Mohn gewonnene Arznei und wandten allihre bardische Kunst an, um die Qualen zu lindern; dennoch starben viele.
    Als Hem die fürchterlichen Verbrennungen zum ersten Mal bei einem Mädchen sah, das nicht älter als drei Jahre sein konnte, vermeinte er, sein Herz müsste vor Wut zerspringen. Die Kleine weinte nicht, sondern klammerte sich fest an ihre Mutter, die sie mit schwarzen Augen und stummem, unerhörbarem Flehen anstarrte. Sogar als sie starb, weil selbst die Hilfe der besten Heiler von Turbansk sie nicht zu retten vermochte, hielt sie sich an ihrer Mutter fest, und die Hand der Frau musste behutsam von den toten Fingerchen gelöst werden, die sie wie ein Schraubstock umklammerten. Danach fragte Hem den Obersten Heiler, Oslar, was dem verbrannten Kind widerfahren war.
    Oslar war selbst für bardische Begriffe ein alter Mann mit schlohweißem Haar und tiefdunkler Haut. Seine ausdrucksstarken Züge überzog eine tiefe, duldsame Traurigkeit. Hem ging durch den Kopf, dass der Barde in seinem langen Leben eine Menge Leid gesehen haben musste. »Sie wurde zum Opfer einer der schlimmsten Waffen der Finsternis«, antwortete er. »Es waren die Hundsoldaten.«
    Hem hatte zwar von Hundsoldaten gehört, doch bisher war das bloß ein Wort für ihn gewesen.
    »Was sind sie?«, hakte er nach, obwohl er wusste, dass Oslar anderswo gebraucht wurde und keine Zeit hatte, ihm Fragen zu beantworten.
    »Sie sind nicht menschlich, und ich weiß nicht, ob sie es jemals waren«, gab deralte Barde schlicht zurück und sah ihm dabei wie einem Erwachsenen in die Augen. »Sie sindKreaturen aus Fleisch, Metall und Feuer, geschaffen durch üble Hexerei in den Schmieden von Den Raven, und sie kennen keine Gnade. Ihre Köpfe ähneln jenen von Hunden mit Schnauzen aus blauem Metall. Ihre Körper selbst sind Waffen, mit denen sie ein flüssiges Feuer versprühen. Es haftet an Fleisch und frisst sich hinein. Es ist jenes seltsame, klebrige Feuer, das die Verbrennungen so schlimm werden lässt.« Oslar schaute zu den anderen Betten in jenem Raum, in denen kleine Opfer lagen, und Hem schluckte; sein Mund fühlte sich plötzlich staubtrocken an. »Und nun, Hem, habe ich Arbeit zu erledigen. Bitte entschuldige mich.« Oslar nickte höflich, und Hem folgte ihm mit den Augen, als er langsam von Bett zu Bett ging. Hem wusste, dass der alte Barde die beiden vergangenen Nächte kaum geschlafen hatte, dennoch ließ er keine Anzeichen von Erschöpfung erkennen.
    Er war dankbar, dass seine

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