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Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe

Titel: Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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Hem rümpfte ob des dünnen Eintopfs in seiner Tonschale die Nase; ein ekelhafter Geruch ging davon aus. Er tat so, als löffle er ihn sich in den Mund, verschüttete jedoch in Wahrheit das meiste davon. Dabei ließ er den Blick durch die riesige Messe wandern und versuchte herauszufinden, ob Zelika anwesend war. Es erwies sich als unmöglich; zu viele Kinder bevölkerten die Halle, und durch das kurz geschorene Haar und die einheitliche Kleidung sahen alle gleich aus.
    In jener Nacht fertigte er einen mächtigen Schutzschild und zauberte ein grobes Ebenbild seiner selbst, das sanft atmend auf seiner Pritsche lag und seine Abwesenheit vertuschen sollte. Danach verhüllte er sich mit Schattenlabyrinthen und Glimmerschleiern und stahl sich aus der Hütte, wobei er fürchtete, der Wachbann könnte seine Tarnzauber spüren. Es handelte sich um keinen besonders ausgeklügelten Wachbann, er diente nur dazu, Kinder zu erkennen, die sich aus den Hütten schlichen, zweifellos auf Streifzügen ähnlich dem seinen. Dennoch konnte ihn starke Magie auslösen, weshalb Hem höchste Vorsicht walten ließ.
    Das Lager war leer und von einem matten, roten Schein erhellt. Ein Dreiviertelmond löste sich gerade hinter dunklen Wolken vom Horizont. Aus der Ferne hörte Hem die Rufe unvertrauter Nachtvögel und Tiere und fragte sich kurz, wie es Irc ergehen mochte. Auf den Plattformen über dem hohen Zaun sah er die dunklen Umrisse von Hundsoldaten, die leise klirrende Geräusche verursachten, wenn sie sich bewegten. Rasch bahnte er sich einen Weg zu den Gärten, achtete auf die geringsten Anzeichen von Untoten und beschrieb einen weiten Bogen um die Erste Hütte. Die Wachbanne, die den Gartenbereich säumten, umging er mühelos, und bald befand er sich zwischen geordneten Reihen von Eierfrüchten und Kürbissen, Rüben und Süßkartoffeln und reihenweise Bohnen. Der vertraute Geruch angebauten Grüns schien unvereinbar mit dem Umfeld; obwohl die Pflanzen in kranker Erde wuchsen, war mit ihnen alles in Ordnung, und ihr Odem fühlte sich wie Balsam an.
    Behutsam zog Hem eine Rübe aus dem Boden und verspeiste sie, nachdem er die Erde davon abgewischt hatte. Sie war hart, und ihre Fasern verfingen sich zwischen seinen Zähnen, doch er war so hungrig, dass sie köstlich schmeckte. Danach begab er sich von Pflanze zu Pflanze, nahm sich hier eine Bohne, dort eine Eierfrucht und steckte sich die Schalen in die Tasche. Es war kein Festschmaus, füllte ihm aber den Magen. Er sammelte ein paar zusätzliche Vorräte für später ein und stibitzte das Gemüse dort, wo es am wenigsten auffallen würde. Als er fertig war, schlich er aus dem Garten und blieb unentschlossen am Rand des Ausbildungsgeländes im Schatten einer der Hütten stehen. Nach seiner Mahlzeit fühlte er sich gestärkt. Sein Ebenbild würde noch etwa eine Stunde bestehen bleiben; er fand, er sollte die Zeit nutzen, um das Lager zu erkunden. Vorsichtig bewegte er sich von Hütte zu Hütte, lauschte, wusste nicht recht, wonach er eigentlich suchte. Es war gespenstisch still, dunkel und verwaist; dennoch beunruhigte ihn ein Gefühl der Wachsamkeit, und so huschte er durch die Schatten und fürchtete, er könnte jeden Augenblick von einem Wachbannentdeckt werden, den er nicht gespürt hatte.
    Er hatte sich zur gegenüberliegenden Seite des Geländes vorgearbeitet und befand sich weit vom Blut-Block entfernt, als ihn ein plötzlicher Schrei zusammenzucken ließ. Der Laut klang nach jemandem, der äußerstes Grauen durchlebte - verzweifelt und hoffnungslos. Zunächst folgte eine bedeutungsschwere Stille, dann ein wirres Gemisch aus Klagelauten, Schluchzen und Geheul. Es hörte sich kaum menschlich an, entrang sich aber dennoch menschlichen Kehlen.
    Als sein rasendes Herz sich ein wenig beruhigte, schärfte er sein Gehör und verfolgte die Geräusche zu einer Hütte zurück, die für sich alleine hinter einem Zaun stand. Ein starker Wachbann schützte sie, weshalb Hem sich nicht zu nahe hinwagte. Er lauschte, wie die schrecklichen Laute erstarben, dann kehrte er schwermütig vor plötzlicher Niedergeschlagenheit zu Blut-Block Zwei zurück. Lautlos schlüpfte er durch den Eingang und auf seine Pritsche. Mittlerweile zitterten vor Müdigkeit all seine Glieder. Er leerte das gestohlene Gemüse aus den Taschen und versteckte es mit einem Glimmerschleier unter der Pritsche, danach schlief er fast sofort ein.
    Hem erwachte blinzelnd und stellte fest, dass ihm das fahle Sonnenlicht eines frühen

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