Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
getrennt voneinander und unter verschiedenen Befehlshabern, von denen manche Untote waren. Die Hundsoldaten hielten sich fern; anscheinend dienten sie ausschließlich der Bewachung des Geländes. Der Blut-Block schuftete beschwerliche Stunden unter einem schiefergrauen Himmel, marschierte den riesigen, kahlen Hof in der Mitte des Lagers auf und ab und lernte, wie man sich zu gebrüllten Befehlen in Formation bewegte. Nach einer Pause zu Mittag wechselte die Ausbildung zu Kampfgeschick. Sie wurden in Gruppen zu zehn, dann zu sechs und schließlich zu Paaren aufgeteilt. Dass sie alle verschieden Waffen besaßen, gestaltete dies herausfordernd; darüber hinaus nahmen die Bluthunde die Ausbildung äußerst ernst, und im Gegensatz zum Schwertkunstunterricht in Turbansk bestand die handfeste Gefahr, dass Hem verletzt werden konnte, wenn er nicht aufpasste.
Als sie in Paaren kämpften, sah er sich einem etwa zwölfjährigen Mädchen von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Sie war beinah so schmerzlich dürr wie alle Bluthunde in Sjug’hakar Im, was sich jedoch in keiner Weise auf ihre Kraft oder Ausdauer auswirkte. Sie trug eine dornenbewehrte Keule, die viel zu groß für sie schien, aber sie schwang sie ohne Schwierigkeiten. Der Hagel von Hieben, die sie gegen ihn entfesselte, erstaunte Hem, und unwillkürlich brüllte er sie an, als sie mit einer Miene auf ihn zustürzte, aus der nur Feindseligkeit sprach.
»Hast du vor, mich umzubringen, du Fischhirn?«, zischte er, als er zurückwich und versuchte, ihre Hiebe abzuwehren. Er fürchtete, sein Kurzschwert könnte zerbrechen, und ein ordentlicher Schwinger der Keule könnte ihm ohne weiteres den Arm brechen. Das Mädchen erwiderte nichts, und Hem war gezwungen zu kämpfen, um sich zu verteidigen. Sie führte einen mächtigen Streich gegen ihn, doch er duckte sich unter der Waffe hindurch in ihre Deckung, brachte sie mit dem Fuß zum Stolpern und schlug ihr die Keule aus der Hand. Sie stürzte ausgestreckt vorwärts und wollte sich gerade wieder aufrappeln, als Hem ihr den Fuß in den Nacken stellte und sich zu ihrem Ohr hinabbeugte.
»Versuch das bloß nicht noch mal«, flüsterte er heiser.
Das Mädchen verdrehte die Augen und wand sich, um sich zu befreien. Hem stemmte den Fuß fester auf sie, sodass ihr Gesicht schmerzlich gegen den harten Boden gedrückt wurde. Er bebte vor Wut.
»Ich werde dich Dreck fressen lassen«, fauchte er. »Du dummes Miststück. Du hättest mich töten können.«
»Lass sie aufstehen.« Die Stimme drang kalt über seine Schulter. Hem schauderte, als ihm klar wurde, dass er soeben einen fürchterlichen Fehler begangen hatte. Langsam nahm er den Fuß vom Nacken des Mädchens und drehte sich um; indes dachte er rasend mit zu Boden gewandtem Gesicht nach.
»Sie hätte mich töten können!«, schrie er mit vor Zorn schriller Stimme. »Dann«, erwiderte der Untote und starrte ihn eindringlich an, »hättest du deinen Platz im Blut-Block nicht verdient. Spalterin hat sich völlig richtig verhalten. Nur Todesstöße sind nicht gestattet.«
Hem schluckte. Er konnte den Gesichtsausdruck des Untoten nicht lesen; seine Stimme erklang leise, und ein Ansatz von Bedrohung schwang darin mit. »Du bist neu hier, ja? Dein Name?«
»Schwertschwinger, Euer … Euer .,…« Hem erkannte, dass er keine Ahnung hatte, wie er den Untoten anreden sollte.
»Hauptmann reicht«, sagte der Untote mit einem Anflug kalter Belustigung. »Schwertschwinger. Ach ja, der Einfaltspinsel.« Eingehend überprüfte er Hem, dessen Eingeweide sich angesichts des süßsauren Tonfalls des Untoten verkrampften. Das Letzte, was er gebrauchten konnte, war, Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Jäh wandte der Untote sich dem Mädchen zu, das immer noch auf dem Boden lag. Er versetzte ihr einenTritt; sie stöhnte und stand auf, rieb sich den Hals und richtete Blicke puren Hasses auf Hem.
»Weitermachen«, befahl der Untote und schlenderte zu einem anderen Kämpferpaar. Es wurde ein beschwerlicher Nachmittag; Hem verbrachte ihn damit, Spal terms Versuche abzuwehren, sich für die Demütigung zu rächen. Er ließ sich von ihr niederschlagen, als ein in seine Richtung sausender Hieb nicht lebensbedrohlichwar, rollte sich aber weg, als sie auf ihn treten wollte. Als das Zwielicht einsetzte, war er erschöpft und am Verhungern.
Niemand fiel auf, ob er sein Abendbrot aß oder nicht; die Bluthunde schlangen wie ausgehungerte Tiere, schaufelten sich so viel in den Mund, wie sie konnten.
Weitere Kostenlose Bücher