Die Pellinor Saga Bd. 3 - Die Krähe
Iguk-Blutgarde: Sie sind unverkennbar. Das weißt du.« Die Spinne schwieg einen Augenblick und schien nachzudenken.
»Warum hat er sie hierher entsandt?«, fragte die Spinne schließlich. »Warum fordert er uns heraus?«
»Imank will derzeit nicht, dass der Meister über noch mehr Stärke verfügt«, gab der andere zurück. »Sechzehn Kompanien Köter sind keine Kleinigkeit; du hast gesehen, wie sie die Iguk besiegt haben. Ich denke, in Dagra steht es nicht zum Besten.« Hem spürte die Zweifel der Spinne. »Wir hätten davon hören müssen, wenn der Meister ernsthaft bedroht wäre«, meinte der Untote schließlich. »Gewiss ist Imank nicht stark genug, um zurückzukehren, ohne gerufen worden zu sein.«
»Selbstverständlich wurde er gerufen«, zischte der andere Untote ungeduldig. »Der Meister möchte ihn zügeln. Und Imank packt die Gelegenheit beim Schopf. Jetzt ist die Zeit dafür.«
Plötzlich schaute die Spinne argwöhnisch auf undschnupperte; Hem hörte sofort auf zu lauschen und wandte sich ab.
Die Unterhaltung, die er mit angehört hatte, verstärkte seine Neugier nur. Nun glaubte er das Gefühl der Bedrohung zu verstehen, das die Luft erfüllte, je näher sie Dagra kamen: Der Namenlose hatte Imank, den Schwarzen Hauptmann, zurück an seine Seite gerufen, und wenn der Untote Recht hatte, beabsichtigte Imank, den Namenlosen zu stürzen.
Die Bluthunde marschierten geradewegs in das Auge des Sturms hinein. In jener Nacht sprach Hem mit Irc. Die Krähe hatte ihm eigene Beobachtungen zu berichten.
Es wird überall gekämpft, sagte er. Ich fliege hierhin, fliege dorthin, und alles, was ich sehe, sind Leute, die kämpfen. Hundemenschen und andere. Viele wie die, gegen die ihr heute gekämpft habt. Und auch andere. Ich habe die Untoten belauscht. Ich glaube, das Licht hat hierbei die Hand genauso im Spiel wie der Meister der Finsternis. Tatsächlich? Hem konnte die Überraschung nicht aus seiner Stimme verbannen. Irc hatte sich in der letzten Zeit, in der er auf sich alleine gestellt gewesen war, stark verändert. Vor ein paar Wochen hätte die Krähe noch nicht so gedacht. Ja, ja. Es sind noch andere Dinge in Bewegung, aber es ist alles sehr ver worren. Ich kann nicht sagen, was geschehen könnte. Jedenfalls sollten wir von hier verschwinden. Hem erwiderte nichts.
Ich denke, all die Kämpfe machen es einfacher für uns; sie werden nicht nach einem verschwundenen Jungen suchen, du wirst durch die Maschen schlüpfen. Aber es wird schlimmer. Es ist wie bei einem Erdbeben, man kann spüren, dass etwas geschehen wird.
Hem wusste, dass Irc Recht hatte, und sein Mut sank. Aber ich habe Zelika noch nicht gefunden, gab er zu bedenken.
Wenn du sie morgen nichtfinden kannst, entgegnete Irc, wirst du sie zurücklassen müssen.
Am nächsten Tag meldete Hem sich für jede zu vergebende Aufgabe freiwillig. Einige Bluthunde wurden den ganzen Tag lang die Reihen hinauf und hinunter geschickt, um Nachrichten von einem Untoten zum anderen zu befördern, folglich saßen solche Boten nicht in ihren jeweiligen Blöcken fest. Zu Hems Verdruss wurde er für zu dumm befunden, um ihm Botschaften anzuvertrauen. Bislang hatte ihm Schwertschwingers Einfalt als nützliche Tarnung gedient, nun jedoch verfluchte er sie. Dafür gab es andere, schmutzigere Aufgaben, die ihm die Hauptleute nur allzu gerne übertrugen und die ihm zumindest ein wenig Bewegungsfreiheit verschafften.
Er hatte beschlossen, das Wagnis einzugehen, nach Zelika zu tasten, während sie marschierten; auf diese Weise würde es ihm vielleicht gelingen, wenigstens den Block herauszufinden, in dem sie sich befand. Allerdings gestaltet es sich äußerst schwierig: Er musste einen immens starken Schild anfertigen, und in unmittelbarer Nähe gingen Untote, die inzwischen besonders wachsam waren. Obendrein fühlte er sich jeden Tag müder. Hartnäckig und geduldig fertigte er den stärksten Schild an, zu dem er in der Lage war, und nachdem er sich von der ärgsten Erschöpfung erholt hatte, die damit einherging, begann er behutsam um sich zu tasten.
Zunächst spürte er gar nichts: keine Spur des Zelika-Schimmers, den er zuvor bereits zwei Mal wahrgenommen hatte. Konnte sie in den vergangenen paar Tagen getötet worden sein? Aber er hatte sich so gut wie jeden Leichnam angesehen, um sich zu vergewissern, dass es nicht Zelika war. In einem Anflug von Panik ging er geistig die Mitleid erregenden Toten durch, die er gesehen hatte. Einige waren so verstümmelt gewesen, dass
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